Bei allem Hin und Her, bei allen Wenn und Aber ist Folgendes absolut sicher: Mit Übernahme des Unternehmens durch die Familie Stern im Jahre 1932 startete in Genf eine neue Ära. Patek Philippe begann mit der Entwicklung eigener Rohwerke und der fortlaufenden Nummerierung neuer Kreationen. Als Hilfsmittel dienten ein Album, in das der Archivar ein Schwarz-Weiss-Foto klebte, dazu ein automatisch fortschaltender Nummernstempel und ein Stift zur Verewigung des Premierendatums. Warum Patek Philippe ausgerechnet mit 96 begann, danach Sprünge zu 98, 130, 136 sowie 146 vollzog, und schliesslich erst mit der Referenz 410 eine halbwegs lückenlose Nummerierung startete, bleibt allerdings im Dunklen.
Wer das Glück hat, in diese Referenzbücher blicken zu dürfen, entdeckt dort auch die zugehörigen Kaliberbezeichnungen und bei vielen Modellen die hergestellten Quantitäten. In diesem Sinne steht neben der am 29. September 1941 eingeführten Referenz 1518 die Zahl 281 zu lesen. Exakt so viele Exemplare fertigte die Manufaktur bis zum Jahr 1954. Dieser Zeitmesser verkörpert in der langen Firmenbiographie einen der zahlreichen Meilensteine. Handelte es sich doch um nicht weniger als die weltweit erste Serien-Armbanduhr mit Chronograph und einem Unterzifferblatt-Mechanismus, welcher die Vorgaben des 45 vor Christus vom römischen Imperator Cäsar eingeführten Julianischen Kalenders mit dem bekannten Schaltjahreszyklus erfüllt. Auch der durch seinen Grossneffen Gajus Octavianus bewirkten Verlängerung des Monats August auf 31 Tage wird die ausgeklügelte Kadratur gerecht.
Der Pionier der Armbanduhr
Spätestens seit dieser nachgerade legendären Referenz 1518 kann Patek Philippe unangefochten als Pionier der Armbanduhr mit Ewigem Kalender gelten. Den Finessen des 1582 von Papst Gregor XIII. erlassenen Edikts, alle 400 Jahre drei Mal den Schalttag ausfallen zu lassen, weil das Julianische Jahr um 11 Minuten und 14 Sekunden zu lange währt, konnten die Uhrmacher von Patek Philippe im Hinblick auf die ans Handgelenk zu schnallenden Zeitmesser nichts abgewinnen. Schliesslich muss der 29. Februar erst 2100 aussertourlich entfallen. Und danach wieder in den Jahren 2200 und 2300.
1951 stellte Patek Philippe der Referenz 1518 die markantere 2499 zur Seite. In beiden Modellen sorgten modifizierte Uhrwerke des Chronographenspezialisten Valjoux für die Bewahrung der kostbaren Zeit. 1986, die Handaufzugskaliber 23VZ waren zu Ende, startete Patek Philippe mit der Referenz 3970 eine neue Generation Chronograph mit Ewigem Kalender. Das wiederum stark modifizierte Basis-Uhrwerk stammte fortan von der Nouvelle Lémania und nannte sich dort 2320. Ab 2004 trug die Referenz 5970 dem Verlangen nach opulenteren Gehäusen Rechnung.
5270 setzt einen neuen Glanzpunkt
Einen weiteren Meilenstein bringt die «BaselWorld 2011» mit dem Lancement der Referenz 5270. Sie knüpft an die 2010 vorgestellte 5070 an, in der das selbst entwickelte und in eigener Manufaktur produzierte CH 29-535 PS tickt.
Bei Patek ist allein schon die Kaliberbezeichnung Botschaft: CH signalisiert, dass es sich um einen Chronographen handelt. PS steht für den Kleinen Sekundenzeiger, welcher bei der 9 rotiert. 29 meint den Durchmesser in Millimetern und 535 lässt auf 5,35 Millimeter Höhe schliessen.
Nichts Fremdes mehr im Haus
Mit der Inauguration dieses Uhrwerks hat Patek Philippe alle Fremdkaliber aus seinem Portfolio verbannt. Etwa fünf Jahre währte die Entwicklung des aus 269 Komponenten bestehenden Mikrokosmos. Ein Mix aus Tradition und Innovation, den nicht weniger als sechs Patente schützen.
Das Überlieferte verkörpern unter anderem Breguet-Spirale, Schaltradsteuerung für Start, Stopp und Nullstellung, horizontale Räderkupplung mit geometrisch optimal positioniertem Schwenkhebel und uhrmacherische Feinbearbeitung auf höchstem Niveau.
Die zukunftsweisenden Elemente bestehen in einer ausgeklügelten Verzahnung der Kupplungsräder, welche eine gleichförmige, energieeffiziente Bewegung des Chronographenzeigers unter Vermeidung des lästigen Startsprungs gewährleistet. Die Eingriffstiefe der Kupplungsräder lässt sich sensibel mit Hilfe der leicht exzentrisch geformten Schaltrad-Kappe regulieren. Neu ist auch der zweiteilige, am Drehpunkt rubingelagerte Herzhebel zur Nullstellung. Die Konstruktion ist selbstregulierend, bedarf also keiner diffizilen Justage. Der Minutenzähler schwenkt blitzschnell nach jeweils 60 Sekunden um eine Position weiter. Die dafür verantwortliche Schneckenscheibe besitzt ein intelligentes Feature zur Nullstellung des langen Chronographenzeigers. Eine exakt berechnete Einbuchtung bewirkt zunächst ein materialschonendes Rückspringen bis zur 10, bevor sich der Zeiger in die Senkrechte begibt. Zuvor mussten er und der Totalisator natürlich angehalten und in ihrer letzten Position arretiert werden. Diesen Job erledigt ein Blockierhebel, welchen die Kupplung zwangsweise ansteuert. Das CH 29-535 PS mit Patek-Philippe-Qualitätssiegel sowie Unruhstopp zum sekundengenauen Einstellen der Uhrzeit kommt ein ganzes Wochenende ohne Energienachschub aus. Durch den Sichtboden betrachtet, erweist es sich als echte Augenweide.
Tradition und Moderne - und ein Q dazu
Bereits beim Lancement der Referenz 5070 mutmassten Insider, dass die getoppte Version mit immerwährendem Kalendarium förmlich in der Luft liege. Und damit hatten sie nicht unrecht. 2011 steht bei Patek Philippe ganz im Zeichen eines Newcomers, um den sich sehnsüchtig wartende Freaks bei den Konzessionären förmlich balgen werden. Ellenlange Wartelisten dürften die Folge sein.
Getreu der altbewährten Nomenklatur hat Patek Philippe das in der Referenz 5270 verbaute Uhrwerk CH 29-535 PS Q getauft, wobei das Q für Quantième oder Ewiges Kalendarium steht. Bei Letzterem handelt es sich um eine komplette Neukonstruktion, an der wegen einer Eigentümlichkeit des Chronographenkalibers CH 29-535 PS kein Weg vorbeiführte. Im Gegensatz zum Kaliber CH 27-70 in der nun beendeten Referenz 5970 liegen die Kleine Sekunde und der bei 3 positionierte 30-Minuten-Totalisator nicht auf einer Achse mit der Aufzugs- und Zeigerstellkrone. Beide sind leicht nach unten versetzt. Allein schon dieser Sachverhalt machte eine Neukonstruktion unabdingbar.
Aber Thierry Stern ging es um mehr: Der CEO besitzt ein unstillbares Faible für klassische Designs, welche er durch moderne, zukunftsweisende Aspekte ergänzt. Und genau diese Gestaltungsphilosophie repräsentiert die neue Weissgold-Referenz 5270. Optisch knüpft sie an die grossen Vorbilder 1518 und 2499 an, gepaart mit einem Hauch der Referenz 1579 von 1943, welcher sich in den markanten Bandanstössen niederschlägt. Im Trend der Zeit liegen 41 Millimeter Gehäusedurchmesser. Von der zwischen 1981 und 1985 in einer Auflage von 244 Stück produzierten Kalender-Referenz 3450 stammt die kreisrunde Indikation des Schaltjahreszyklus zwischen 4 und 5 ab. Für Zifferblattsymmetrie und Einstellkomfort sorgt hingegen die punktförmige Tag-Nacht-Anzeige gegenüber zwischen 7 und 8. Genau dieses subtile Miteinander von Alt und Neu wird den spontanen Erfolg der Referenz 5270 ausmachen.
Verborgene Mechanik
Während das wahrhaft klassische Zifferblatt dem Betrachter sozusagen ins Auge springt, verbirgt sich die neue Kalender-Kadratur nahezu schamhaft eine Etage tiefer. Dabei gibt es an sich keinerlei Grund, dieses uhrmacherische Filetstück zu verstecken. Alles ist nach höchsten Standards finissiert. Aber das ist nun einmal das Los aller Kalenderwerke, die aus konstruktiven Gründen auf der Vorderseite des sie antreibenden Uhrwerks und damit zwangsläufig unter dem Zifferblatt positioniert werden müssen.
Technisch Interessierten bleibt also keine andere Wahl, als das Studium einer Fotografie. Kundige werden schnell erkennen, dass sich das Entwicklungsteam auf keinerlei Experimente eingelassen hat. Im Zentrum des nur 1,65 Millimeter hohen, aus 182 Bauteilen komponierten Schaltwerks steht der sogenannte Monatsnocken. Er dreht sich einmal jährlich um seine Achse und fungiert als «Gehirn», denn in seinen Umfang sind die unterschiedlichen Monatslängen einprogrammiert. Jene Stelle, welche den Februar repräsentiert, weist eine Einbuchtung auf. Dort befindet sich ein kleines Rechteck, dessen drei flache Seiten das Hebelwerk veranlassen, den 1. März nach 28 Tagen zu beginnen. Die erhabene Seite gesteht dem Schaltjahres-Februar weitere 24 Stunden zu. In guter Tradition erscheinen die Wochentage und Monate digital in kleinen Fenstern, während für das Datum ein Zeiger zuständig ist. Unterhalb dieses Datumzeigers befindet sich schliesslich noch die neuartige Mondphasenanzeige. Im Gegensatz zu den Referenzen 1518, 2499, 3970 und 5970, die jährlich um zirka 8 Stunden von den astronomischen Gegebenheiten abwichen, wandert der 5270-Mond ungemein präzise über den artifiziellen Himmel. Erst nach 122 Jahren und 45 Tagen hat sich der mechanisch bedingte Fehler auf 24 Stunden addiert. Korrigieren lässt er sich, ebenso wie alle anderen Kalender-Indikationen auch, mit Hilfe versenkter Drücker in der Gehäuseflanke. Natürlich begleitet ein passendes Edel-Tool, bestehend aus Weissgold mit Ebenholzschaft, jede der Armbanduhren auf ihrem Weg zum Kunden.
Zum Schluss dieser Betrachtungen dürfte nicht der geringste Zweifel daran bestehen, dass die neue Referenz 5270 über viele Jahre – wenn nicht gar Jahrzehnte – Bestand haben wird. Denn sie zu verbessern, das dürfte wahrlich schwer fallen.
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