Die Waadt hat 17 Jahre nach dem Rücktritt von Jean-Pascal Delamuraz (FDP) wieder einen Bundesrat: Guy Parmelin wurde am Mittwoch als erster Westschweizer SVP-Politiker in die Landesregierung gewählt. Seine fehlende Führungserfahrung war dabei kein Hindernis. Seine Positionen haben sich in den letzten Jahren verhärtet: 1992 hatte er noch für den EWR gestimmt.

Der 56-jährige Landwirt und Weinbauer aus Bursins in der Waadtländer Region La Côte verkörpert Waadtländer Gutmütigkeit und strenge Blocher-Linie zugleich. «Ich vertrete zu 95 Prozent das Parteiprogramm der SVP, mit einigen Abweichungen in Gesellschaftsfragen wie zur Abtreibung oder der Präimplantationsdiagnostik, für die ich Ja gestimmt habe», beschreibt Guy Parmelin sein politisches Profil.

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Schwer einzuordnen

Der Mann ist nicht einfach einzuordnen: Vor seiner Ausbildung an der Landwirtschaftsschule in Marcelin VD schloss er die Maturität mit Schwerpunkt Latein und Englisch ab. Heute widmet er den grössten Teil seiner Zeit der Politik und noch etwa 20 Prozent seinem Hof.

Guy Parmelin besitzt zusammen mit seinem Bruder ein Landgut von 36 Hektaren, darunter fünf Hektaren Weinberge. Er bringt keinen Wein auf den Markt, vertreibt aber rund 3000 Flaschen pro Jahr an Familie, Freunde und Bekannte. Er ist verheiratet, das Paar hat keine Kinder.

Fehlende Erfahrung in der Exekutive

Parmelin sass zwischen 2000 und 2004 im Waadtländer Grossen Rat und präsidierte die Kantonalpartei. In Lausanne hinterliess er das Bild eines pragmatischen SVP-Politikers nahe der Mitte. Den Einzug in den Nationalrat schaffte er 2003.

Nach dem Tod des Waadtländer SVP-Staatsrats Jean-Claude Mermoud 2011 galt er als logischer Nachfolger. Er stellte sich jedoch nicht als Kandidat zur Verfügung, worauf die SVP ihren Sitz in der Waadtländer Kantonsregierung verlor. Das wurde ihm auch im Vorfeld der Bundesratswahl erneut vorgeworfen.

Für den Bundesrat interessierte er sich hingegen bereits vor vier Jahren, musste aber seinem Freiburger Parteikollegen Jean-François Rime den Vortritt lassen.

«Der richtige Moment»

«Ich denke, dass der richtige Moment jetzt gekommen ist. Aber ich bin mir bewusst, dass bereits zwei Romands im Bundesrat sitzen», sagte Parmelin anlässlich der Lancierung seiner Kandidatur Ende Oktober. Er präsentierte sich vor allem als Vertreter des Genferseebogens und betonte, das Kollegialitätsprinzip zu achten.

Im Nationalrat machte der Waadtländer sich bisher mit soliden Dossierkenntnissen und der Bereitschaft zum Dialog einen Namen. Er präsidiert die Kommission für soziale Sicherheit und Gesundheit (SGK) und gehört auch der Kommission für Umwelt, Raumplanung und Energie (UREK) an.

Einst ein EWR-Befürworter

Seit er auf der nationalen Bühne politisiert, haben sich seine Positionen verhärtet. Parmelin zeigt sich aber in der Form milder als im Inhalt: «Es kommt auch auf die Art und Weise an, wie man Dinge sagt. Man muss weder brüllen noch ein übertriebenes Vokabular benutzen.»

Bei der Abstimmung zum Europäischen Wirtschaftsraum (EWR) vom 6. Dezember 1992 legte Parmelin - «noch jung und naiv» - ein Ja in die Urne. Nun sitzt er 20 Jahre später im Komitee der Zuwanderungsinitiative der SVP, deren Umsetzung zu den heikelsten Dossiers im Bundesrat zählt.

Mittelfristig hätten beide Parteien ein Interesse, eine Lösung zu finden, sagte Parmelin zu den Verhandlungen mit der EU. Der in der Westschweiz bestens bekannte SVP-Nationalrat erreichte in der Deutschschweiz erst im Zuge der Bundesratswahlen einige Präsenz.

«Nicht Arena-kompatibel»

Das ist auch darauf zurückzuführen, dass er kein Schweizerdeutsch spricht. «Ich bin nicht Arena-kompatibel», räumt er ein. Auch sein Englisch führte im Vorfeld der Wahlen zu Diskussionen.

Aber er komme zurecht mit der deutschen Sprache, sagt Parmelin: «Meine Kommissionskollegen, die kein Wort Französisch sprechen, verstehen mich, wenn ich Deutsch spreche. Aber meine Fehler bringen meine Frau zum Lachen, die bilingue ist.» In seinem neuen Amt wird er genug Gelegenheit haben, an seinen Sprachkenntnissen zu feilen.

(sda/ccr)