Fabrizio Buonamassa Stigliani verdankt die Marke Bulgari den kometenhaften Aufstieg zu einer angesagten, bewunderten Luxusuhrenmarke. Er ist der Vater von Ikonen wie der «Octo Finissimo» für Männer und der «Serpenti» für Frauen. Für den Neapolitaner, der bis 2001 bei Fiat Autos designte, sind Design und Uhrmacherkunst ebenbürtig, Aussehen und Proportionen gleich wichtig wie Engineering. Was ihn aber vor allem auszeichnet: Buonamassa träumt gross, und zwar bis ins kleinste Detail; wo andere an Grenzen stossen, läuft er zu Hochform auf. Und mit ihm seine Konstrukteure und Uhrmacher. Das allermeiste, was Buonamassa in den letzten Jahren hinbekommen hat, galt als unmöglich, bis er es vorführte. 2019 sorgt er mit der «Octo Finissimo Tourbillon Carbon» für grosse Augen. Das mit 1,95 Millimeter Höhe flachste Tourbillon ist eingehaust in ultraleichtes Carbon. Hat natürlich seinen Preis: Die gerade einmal 48 Gramm schwere Uhr kostet 129 000 Dollar. Macht 2700 Dollar pro Gramm.
Es sei die Kombination von Avantgarde-Design und dessen Umsetzung mit uralten Techniken und Handwerkskünsten, die ihn zu Chronoswiss gelockt habe, sagt Maik Panziera. Sein Reich dort ist mit 15 Quadratmetern mini, seine Aufgabe maxi: Er designt die Uhren nicht nur, sondern setzt seine Designs auch selber um. Eine seiner Spezialitäten sind sogenannte Guilloches, Ornamente aus mehreren ineinander verwickelten und überlappenden Linien, die in das Metall des Zifferblatts graviert werden. Panziera ist einer der wenigen in der Schweizer Uhrenindustrie, die dieses Handwerk noch beherrschen. Die Maschine, die er dafür braucht, ist Baujahr 1914, kurbelbetrieben und füllt gut ein Drittel seines Ateliers. Seine neuste Kreation ist die «Flying Regulator Open Gear Anniversary Edition». Zwischen der ersten Skizze für die Uhr zum 35-Jahre-Firmenjubiläum und der fertigen Uhr liegt ein Jahr.
Manel Guérin, seit 30 Jahren im Unternehmen, und Mathieu Barraud, seit 18 Jahren dabei, sind bei Jaeger-LeCoultre die Meister der Miniaturisierung, was in der Uhrmacherei gleichbedeutend ist mit Meister der Präzision, denn mit der Grösse von Werkteilen schrumpft in der Uhrmacherkunst auch die Fehlertoleranz. Nun haben sie sich wieder selbst übertroffen. Ihr neuster Wurf: ein noch kleineres, präziseres Gyrotourbillon. Das mehrachsige Tourbillon aus Titan hat einen Durchmesser von 8,8 Millimetern, besteht aus 92 Teilen und wiegt ganze 0,4 Gramm. Fünf Jahre hat Barraud gebraucht, um es zu entwickeln, Guérin zwei, um es zu bauen. Barraud, der Konstrukteur, nennt «Gyro 5» das «bislang herausforderndste Projekt», an dem er je gearbeitet habe. Guérin sagt, für ihn sei dieses Werkteil etwa so herausfordernd gewesen wie die «Grande Sonnerie», jene Komplikation, die die Zeit akustisch anzeigt. An ihr hat er sechs Jahre gearbeitet.
Im Untergeschoss der Chopard-Manufaktur in Genf, verschanzt hinter Hightech-Sicherheitstüren, arbeitet Paulo. Was dieser Mann kann, ist in der Schweiz rar und gefragt, seine wahre Identität daher eine Art Betriebsgeheimnis: Paulo ist Goldschmelzer. Sein Gerät ist ein hochmoderner Ofen mit einer Induktionsspirale, die Hitze von bis zu 1000 Grad Celsius erzeugt. Gold inhouse zu schmelzen und die Legierungen selber herzustellen, hat bei Chopard, einem der grössten familiengesteuerten Uhren- und Schmuckhersteller der Welt, seit 1978 Tradition. Seit 2018 hat es neue Bedeutung erlangt. Damals hat sich die Besitzerfamilie Scheufele offiziell zu etwas bekannt, was in der Branche als unmöglich oder zumindest als extrem schwierig galt: nur noch Gold zu verwenden, dessen Herkunft lückenlos belegt ist und das nachhaltig und ethisch einwandfrei geschürft worden ist. Das kostbare Material wandert nun direkt von den Minen in Paulos Ofen.
Seit ihrer Ausbildung zu Emailleurinnen sind Sylvie Chenaux und Rachel Monard Freundinnen. Ihre Wege haben sich seither nur einmal für kurze Zeit getrennt. 2010 liefen sie bei Ulysse Nardin wieder zusammen. Chenaux und Monard haben dort das Atelier für Miniaturmalerei gegründet und arbeiten nun zusammen, als wären sie eine. Ihre neusten Arbeiten sind zehn erotische Sujets, die der italienische Comic-Zeichner Milo Manara geliefert hat. In A3. Zehn Stück. Chenaux und Monard haben sie auf Zifferblättern mit vier Zentimeter Durchmesser repliziert. Von Hand, unter dem Mikroskop, mit Pinseln mit nur einem einzigen Haar. Zeitaufwand: 30 Stunden, um die 72 Farbtöne in Manaras Original vorzubereiten, plus rund 55 Malzeit – pro Sujet. Welches von wem ist, wissen nur sie. Auch wo sie ihre Initialen versteckt haben, mit denen sie ihre Werke jeweils signieren, so klein und mit dem jeweiligen Sujet verwebt, dass die Signatur nicht einmal via Mikroskop augenfällig wird.