Es ist ein schönes Urlaubsbild. Die Jacht gleitet durch die Wellen des Mittelmeers, die Sonne kleidet Nizza in abendliches Gold, und Hans Heinrich Coninx bestimmt und hält den Kurs. Der 55-Jährige ist der mächtige Steuermann des Schweizer Medienunternehmens TA-Media. Er besitzt «Tages-Anzeiger», «Facts», die «SonntagsZeitung», die Kulturzeitschrift «du», das Privatfernsehen TV 3, Radiozürisee, die Internetplattform Winner, neuerdings das Finanzblatt «Finanz und Wirtschaft» und einige andere Titel und Produkte.
Das Zürcher Medienunternehmen organisiert gegenwärtig das bedeutendste IPO am Hauptsegment der Schweizer Börse seit dem Going-public der Swisscom im Oktober 1998. 23 Prozent des Aktienkapitals gehen in einem Monat an die Zürcher Börse, 10 Prozent folgen im Frühling 2001. Wenn Technologien mobiler Kommunikation mit publizistischem Potenzial verschmelzen und gleichzeitig auf Börsenkapital treffen, sprechen Medienwissenschaftler von Machtakkumulation, und die Börsianer schwärmen von Kursfantasien. Nicht umsonst dürfen sich die Manager der internationalen Medienkonzerne seit den Neunzigerjahren als Herrscher der Leitindustrie fühlen.
Die TA-Media verkörpert geballte Wirtschaftsmacht. Der Wert der Firma dürfte bei mindestens 3,5 Milliarden Franken zu liegen kommen, wenn man vom derzeit branchenüblichen Kurs-Gewinn-Verhältnis von 25 ausgeht und einen Jahresgewinn von 130 Millionen Franken annimmt. Hausinterne Schätzungen bei der TA-Media versprechen sogar deutlich mehr als vier Milliarden Franken Unternehmenswert. UBS Warburg als Leadbank wird es zu richten wissen. Einige am Unternehmen selber weniger interessierte Familienmitglieder aus der fünften Generation schätzen dies und werden sich wohl ausbezahlen lassen. Dies ist der Grund, weshalb sich die TA-Media dem Publikum überhaupt öffnet.
Ausgestattet mit den für Ende 1999 ausgewiesenen 460 Millionen Franken an flüssigen Mitteln und Finanzanlagen, hat das Schiff von Hans Heinrich Coninx seinen Kurs denn auch bereits vor dem Börsengang eingeschlagen: Die TA-Media will die Nummer eins in der Schweiz werden. Auf die Plätze verwiese sie das Medienhaus Ringier. Hintenanstehen müsste die schon seit längerem börsenkotierte Edipresse aus Lausanne. Kommerziell abgehängt wäre die «Neue Zürcher Zeitung», die alte TA-Rivalin von der Falkenstrasse, aus der der «Tages-Anzeiger» vor 107 Jahren hervorgegangen ist. 1893 gründete der ehemalige NZZ-Redaktor Fritz Walz zusammen mit dem Coninx-Urahn Wilhelm Girardet den «Tages-Anzeiger» als Generalanzeiger mit hoher Auflage, informativem politischem Textteil, vielen Inseraten und einem niedrigen Abonnementspreis.
Das ist lange her: Als so genannter Content-Provider sieht sich die TA-Media heute zum führenden Schweizer Anbieter von Inhalten wachsen, die über alle möglichen Wege, über Print, Fernsehen, Radio und Internet, zur Verteilung gelangen. Hans Heinrich Coninx, der mit seinen Schwestern Regula und Annette rund 40 Prozent des Aktienkapitals kontrolliert, segelt im Juli in Nizza symbolisch voraus. Die Konkurrenz soll sich in seinem Kielwasser abmühen.
Das Phänomen des Unbestimmten
Goldenes Nizza, klingende Kasse – ein falsches, weil zu eindeutiges Bild. Hans Heinrich Coninx selbst kennt das Phänomen. In seinem Büro im vierten Stock der TA-Media an der Werdstrasse in Zürich Aussersihl blickt er jeden Morgen von seinem Schreibtisch aus auf ein Gemälde der Künstlerin Eliza Thoenen Steinle. Das Werk zeigt braune Steine und fliessendes, blaues Wasser. Manchmal findet Hans Heinrich Coninx den Anblick aufregend, dann wiederum beruhigend. Vor dem derart diffus wirkenden Bild hebt sich der seltsam unbestimmt wirkende Mann für den Moment des Besuches scharf ab und gewinnt Konturen. Er wird zu jener Verlegerfigur, die er im Unternehmen des Übervaters und Patriarchen Otto Coninx nie hat sein können, in die er hineinwachsen musste und die er immer besser ausfüllt.
Das gewichtige und schwierige Amt des Präsidenten des Verlegerverbandes «Schweizer Presse», das er seit 1992 innehat, mag ihm geholfen haben, sich vom dominanten Vater zu emanzipieren.
Hans Heinrich Coninx, was ist Familie für Sie?
«Spontan darauf eine Antwort zu geben, ist schwierig. Familie ist genetisch bedingt. Man hat gemeinsame Vorfahren. Vom Unternehmen her kann man es auch betrachten. Ein Familienunternehmen beeinflusst den Umgang der Familienmitglieder untereinander. Ohne Unternehmen könnten sich die Familienmitglieder finanziell und geschäftlich engagieren, wo sie wollen.»
Erfahren Sie das Gewicht der Familie als Last oder als Antrieb?
«Primär als einen Antrieb, weil ich überzeugt bin, dass es richtig ist, was ich tue. Ich will nicht von Last reden, Verpflichtung ist das bessere Wort. Wenn man in der Geschichte einer Familie steht, sind gewisse Traditionen und Engagements eine Verpflichtung.»
Sie sind 1973 mit 28 Jahren unvorbereitet in das Unternehmen eingestiegen. Haben Sie jemals an einen Ausstieg gedacht?
«Einmal bin ich ausgestiegen. Damals, als ich zum ersten Mal hier war. Ich ging für einen Studienaufenthalt nach Amerika und später zur Schweizerischen Depeschenagentur nach Bern.»
Im Gespräch öffnet sich Hans Heinrich Coninx kaum einmal. Diskretion zeichnet die Eignerfamilie aus, Vorsicht und die akkurat sitzende Fliege ihn selbst. Als ob sie stets Halt suchen würden, ruhen die Finger der einen in der anderen Hand. Seine unsichere Freundlichkeit verbirgt der Mann unter angelernten Umgangsformen. Bedächtig, aber routiniert spricht Hans Heinrich Coninx von Familie und Tradition, vom publizistischen Auftrag. Mit den vor dem Oberkörper verschränkten Armen scheint er sich vor Überraschungen schützen zu wollen. An Tempo gewinnt die Unterhaltung, wenn die Themen die musische Ader treffen. Dann bewegt er sich zwar adagio, aber stilsicher auf bekanntem Terrain. Dort begegnet er im Geiste seinen Freunden: Zu ihnen zählen Schriftsteller Jürg Acklin, Musikfilmer und Fernseh-Programmdirektor Adrian Marthaler, Opernhaus-Direktor Alexander Pereira.
Coninx hatte an der Universität Zürich einst einige Semester Musik studiert, bevor er sich der Geschichte zuwandte und promovierte. Auch heute pflegt er seine verschiedenen Vorlieben, vor allem ausserhalb des Unternehmens. Die Liste seiner präsidialen Verpflichtungen ist lang. Organisationen, die sich der Musik widmen, sind ihm besonders lieb. Manchmal sorgt er selbst für die Melodien. So zum Beispiel im letzten Jahr, als er unerkannt in einem Konzert des Kammerorchesters in der Tonhalle in Zürich auftrat, als Solist an der Querflöte. Das ist die andere Seite des Hans Heinrich Coninx: Er ist nicht immer vornehm zurückhaltend. Er kann durchaus laut werden, sagen Freunde, auch lebensfroh und übermütig. Die Jacht, vier Ehen und eine barocke Genusshaltung mögen als Anhaltspunkte dienen. «Ich liebe es, mit Menschen zusammenzusitzen, gut zu essen, zu diskutieren und zu lachen. Ich habe Freude an der Kultur und bin kein Asket», hat Hans Heinrich Coninx einst einem Historiker in den Notizblock diktiert.
Ein Schöngeist als Scharnier
Hans Heinrich Coninx ist in seinem Unternehmen ein Steuermann, der nicht alles allein entscheiden will. Das kann er auch gar nicht – der Umstände wegen und weil er eben so ist, wie er ist. Coninx über Coninx: «Mir fällt als Präsident des Verwaltungsrates sicherlich zu, dass ich die Scharnierfunktion zwischen Familie und Management ausfülle.» Daher kommt es, dass er als nicht sonderlich entscheidungsfreudig gilt. Doch wenn das Scharnier einmal eingerastet ist, ist es kaum mehr zu bewegen. «Hat er einmal entschieden, so kann er vollkommen auf stur schalten», erzählt eine Person aus dem Hause.
Hans Heinrich Coninx stammt aus einer reichen, dynastisch denkenden Familie. Familiäres Selbstbewusstsein, aber auch Zweifel hat er geerbt. Über seinen Onkel Werner Coninx schrieb dessen Jugendfreund Max Frisch in «Montauk» einst: «Natürlich war W. durch sein Milieu verwöhnt; gerade darunter litt er auch.» Die Worte dürften auch für Hans Heinrich Coninx gelten.
Die wohl in der familiären Abgeschiedenheit erlernte Sturheit ist ein Selbstschutz vor den zentrifugalen Kräften, die auf Hans Heinrich Coninx wirken. Er vermittelt zwischen dem Management, den Redaktionen und den Familienangehörigen. Er laviert zwischen kommerziellen und publizistischen Interessen. Die Fronten verlaufen quer durch die beteiligten Gruppen.
In der Familie gelten Severin Coninx und Sabine Richter-Ellermann, Cousin und Cousine Hans Heinrichs und aus der vierten Generation stammend, als Beispiele für die «Fraktion des Geistes». Der 35-jährige Pietro Paolo Supino hingegen, ein Mitglied der fünften Generation und seit 1991 TA-Verwaltungsrat, ist ein Mann des Geldes. Als ehemaliger McKinsey-Mitarbeiter und heute selbstständig in Zürich tätiger Anwalt bringt er die Voraussetzungen dazu mit.
Des Öftern hat sich Hans Heinrich Coninx zwischen diesen Fronten aufgerieben, Familiensitzungen entnervt verlassen und abends in seiner Villa ob Küsnacht wieder zur Ruhe finden müssen. Dennoch: Im Zweifelsfall ist er stets zu den Seinen zurückgekehrt, hat er familiäre Einigkeit demonstriert und das machthungrige Management trotzig in die Schranken gewiesen: «Die Familie hat nie vergessen, dass es der Verwaltungsrat ist, der mit dem Management die Entscheidungen trifft. Als Präsident des Verwaltungsrats bin ich dazu verpflichtet, zu schauen, dass die nötigen Entscheide gefällt werden», sagt er und beschreibt damit zwei Pole, die das Bild von Dynastien prägen: einerseits familiäre Güte, andererseits demonstrative Abgrenzung gegenüber Nicht-Familienmitgliedern.
Manager und Chefredaktoren haben im Hause TA-Media die Macht der Familienbande und die Ansprüche der Eignerfamilie Coninx oft schmerzhaft gespürt. Einer aus dem Kader sagt dieser Tage: «Man darf eines nie vergessen. Im Unterschied zu den Gutsherren Coninx sind wir nur die Gärtner, die die Wiesen und Hecken sauber halten dürfen. Der Garten gehört uns nicht.»
Kontrolle geht über alles
Die Eignerfamilie mit ihren deutschen und Schweizer Zweigen hat das Unternehmen mit Redaktionen und Management stets dominiert. Mit einer Ausnahme: Beim Stabwechsel von Otto auf Hans Heinrich Coninx konnte Heinrich Hächler von 1983 bis 1991 als Delegierter des Verwaltungsrats selbstherrlich schalten und walten. Das ist Vergangenheit. Bald ebenso wie die in den Neunzigerjahren den TA-Verwaltungsrat kontrollierende Familienholding Taconia. Ihre Tage sind gezählt. Sie wird aber dem Vernehmen nach durch ein ähnliches Gebilde ersetzt.
In Zukunft wird die Familie in einem siebenköpfigen TA-Media-Verwaltungsrat nur mehr mit zwei Personen vertreten sein. Hans Heinrich Coninx und Pietro Paolo Supino, seit neun Jahren im Verwaltungsrat, vertreten die Familie und die weiter bestehende Aktienmehrheit. Iwan Rickenbacher, dem PR-Mann, Politkommentator und ehemaligen CVP-Generalsekretär, kommt die Vermittlerposition zu. Vier zusätzliche Personen werden gegenwärtig bestimmt. Hans Heinrich Coninx’ Macht innerhalb der Familie wird durch diesen Wechsel und die abnehmende Zahl der familiären Verwaltungsratssitze nur scheinbar wachsen. Ein Aktionärsbindungsvertrag mit einer Laufzeit von maximal zehn Jahren regelt die Familienverhältnisse und den Besitz. Die Familie will die Kontrolle über das Unternehmen auf keinen Fall abgeben. Die Stimmenmehrheit des Aktienkapitals wird sie behalten.
Entschieden Sie bei Ihrer Rückkehr zur TA-Media 1978 für sich: Das packe ich jetzt – ohne Wenn und Aber?
«Ja. Ganz bewusst. Natürlich ist niemand in der Lage, alle Folgen vorauszusehen. Ich spürte aber die Richtung, die ich einzuschlagen hätte.»
Sind Sie 1973 als damals 28-Jähriger tatsächlich unvorbereitet in das Unternehmen eingestiegen?
«Es gibt zwei Aspekte: Ich bin in einer Familientradition aufgewachsen. Ich habe auch zu Hause viel über das Unternehmen erfahren. Ich bin mit 25 Jahren als Juniormitglied Verwaltungsrat geworden und habe zuhören dürfen. Auf der anderen Seite hatte ich mit 28 Jahren noch keinen Erfahrungsschatz, keinen Leistungsausweis. Deshalb war ich vier Jahre in Bern tätig.
Welche Lehren haben Sie aus Ihrem ersten Antritt gezogen?
«Ich möchte nie einen Junior einfach ins Unternehmen hineinstellen und sagen: So du machst jetzt das. Jeder, der sich im Unternehmen engagieren will, muss ausserhalb der TA-Media Erfahrungen gesammelt haben. Das ist die erste Lehre. Die zweite: Gut ist, wenn die nächste Generation schon früh mit dem Unternehmen vertraut wird. Wir haben mit der Geschäftsleitung zusammen die Sommerakademien gegründet. Jedes Jahr trifft sich unsere fünfte Generation zu einem themenbezogenen, dreitägigen Kurs bei der TA-Media.»
Geldsegen für die Familie
Hans Heinrich Coninx erweckt das Bild eines Menschen, der Gutes tun will. Er schätzt seine Angestellten. Er sagt: «Ich vertrete gegenüber der Familie jene Vorhaben, die aus der Geschäftsleitung gewachsen sind.» Die Bemerkung zeigt auf, dass das Management bei der TA-Media an der Werdstrasse am Ende mehr tut, als nur Bäumchen zu schneiden. Das Management wird nach dem Börsengang weiter an Bedeutung gewinnen. Schon bald beteiligen sich auch die oberen Kader am Unternehmen. Ebenso sind für weitere 2152 Angestellte rund zwei Prozent des Aktienkapitals reserviert. Ungeklärt ist die Frage, wie die heutige Eignerfamilie auf die Parvenüs reagieren wird, die sich im börsianischen Demokratisierungsprozess Teile des Hauses aneignen. Hier schlummert Konfliktpotenzial. Das sagt Joachim Schwass mit generellem Blick auf Familienfirmen. Der Professor am International Institut for Management Development (IMD) in Lausanne weiss um die Risiken, die Börsengänge für Familienunternehmen in sich bergen. Der Dozent für Family Business nennt erstens die Angst vor dem Kontrollverlust. Zweitens spricht er von der neuen Transparenz, welche die Börse von den Unternehmen fordert. Joachim Schwass: «Kürzlich hat mir ein Familienunternehmer gesagt: Was soll ich an die Börse gehen? Soll ich mir in Zukunft wirklich von einem 28-jährigen Analysten sagen lassen, wohin meine Reise gehen muss?» Das schwedische Medienhaus Bonnier hat unlängst seine Aktien zurückgekauft und sich dekotieren lassen. Die Kontrolle ist den Schweden wichtiger als ein möglicher Börsengewinn.
Anders rechnen die heutigen TA-Eigentümer. Sie wollen beides: Kontrolle und Bares. Die Familie offeriert dem Anlegerpublikum in einem Monat – ganz der derzeitigen Börsenstimmung entsprechend – nicht ihre noch junge, 1999 gegründete Internetfirma Winner Market, sondern Anteile am Gesamtunternehmen. Nach der kürzlich vorgenommenen Kapitalaufstockung auf 100 Millionen Franken wird die Familie in einem ersten Schritt 23 Prozent ihres Eigentums an die Börse bringen. Dort wird dieses Gut, rechnet man nach marktkonformen Basiswerten, 800 Millionen Franken wert sein. Die Geldvermehrung kommt allein der Familie zugute. Weiterentwicklungen des Hauses werden gemäss Hauspolitik aus den üppigen Reserven gespiesen, die vor allem aus den letzten drei ausgezeichneten Geschäftsjahren stammen.
Hans Heinrich Coninx, Sie lesen gegenwärtig Katharine Grahams Buch «Wir drucken», in dem die Autorin ihr Verlagsimperium bei der «Washington Post» beschreibt. Bei ihr ist einst Warren Buffet eingestiegen …
«Genau. Er wurde bedeutender Minderheitsaktionär. Das ist ein Beweis für ihr erfolgreiches Schaffen. Es ist für mich eine Eigenheit in der Medienbranche, dass viele Unternehmen von Familien gesteuert sind und ihr Erfolg auf der Familie und der damit verbundenen Kontinuität basieren.»
Haben Sie sich das IPO sehr lange überlegt?
«Es war ein sehr langer Prozess, an dem sich die ganze Familie beteiligt hat. Das geht nicht von heute auf morgen.
Im TA-Jubiläumsbuch zum 100. Geburtstag steht, dass Sie Ende der Achtzigerjahre bereits Pläne für ein IPO geprüft hätten. Taten Sie das?
«Erste Ideen haben wir damals entworfen. Konkretisiert haben wir das Vorhaben in den letzten Monaten, vor einem guten halben Jahr.»
Das starke Trio im Haus
Das perfekt inszenierte und unternehmerisch gut vorbereitete IPO wird letztlich nicht das Produkt eines einzelnen sein. Zwei aus dem Management haben wesentlichen Anteil daran: Michel M. Favre und Kurt W. Zimmermann. In der Tat bilden Coninx, Favre und Zimmermann das starke Trio im Haus, obwohl sie unterschiedlicher nicht sein könnten. Michel M. Favre ist Vorsitzender der Geschäftsleitung, der als Marketingchef und Verantwortlicher für die neuen Medien, Fernsehen und Radio Kurt W. Zimmermann angehört. Der zurückhaltende, vorsichtige Hans Heinrich Coninx hat 1992 den international geprägten, wendigen, konstanten und konsequenten Michel M. Favre ins Haus geholt. Der Verleger vertraut dem ehemaligen Koch, Intercontinental-, Mövenpick- und American-Express-Manager, der im Gegensatz zu seinem Vorgänger Hächler einen klar definierten Aktionsradius besitzt.
Der Hoffnungsträger Favre hat sich oft bewährt, im Falle des 1999 gestarteten Fernsehprojektes TV 3 jedoch bisher versagt. Das Joint Venture mit der luxemburgischen Firma SBS Broadcasting gilt als Sorgenkind. Es kostet die TA-Media derzeit 17 Millionen Franken pro Quartal. Das ist doppelt so viel wie geplant. Zudem wird TV 3 den Break-even statt nach drei frühestens nach fünf Betriebsjahren erreichen. Kurt W. Zimmermann muss der Familie und der Konzernspitze jeweils die Gründe für das anhaltende kommerzielle Wagnis TV 3 erklären, tut sich dabei als die Verkörperung der New Economy aber nicht schwer – nach dem Motto: Was kümmern aktuelle Verluste, wenn Börsenwerte warten. Favre übersetzt, die Familie versteht, TV 3 sendet weiter. Den Tempomacher Zimmermann brauchen Coninx und Favre in der Zeit des Börsengangs mehr denn je – egal, ob sie ihn mögen oder nicht.
So sind die drei voneinander abhängig. Wenn Hans Heinrich Coninx der Steuermann ist, so ist die Familie das Schiff, Michel M. Favre der Lotse und Kurt W. Zimmermann derjenige, der die Seekarten angelegt hat, nach denen gefahren wird. Ob dieses Trio in den kommenden Jahren nicht nur finanzielle Wachstumswerte liefern, sondern auch die Geistesfraktion inner- und ausserhalb des Hauses zufrieden stellen kann, ist jedoch fraglich. Das Trio hat allein durch seine Verdrängungsmasse in der zweiten Hälfte der Neunzigerjahre die Chefredaktionen geschwächt. Heute – nach den Abgängen von Roger de Weck (1997) und Esther Girsberger (1999) als «Tages-Anzeiger»-Chefredaktoren – sind die Redaktionen der TA-Media über ihre nominellen Spitzen für alle sichtbar in die Geschäftsleitung und damit ins Management eingebunden. Die Redaktion ist als dritte autarke Kraft neben Familie und Geschäftsleitung beschnitten.
Hier wird Coninx ansetzen müssen. Er ist als Verbandspräsident der Verleger derjenige des mächtigen Dreigespanns in der TA-Media, der die publizistischen Werte in der Öffentlichkeit hochhält und den man beim Wort nimmt. Neu werden dies die Anleger tun können. Ihr Interesse muss es sein, dass bei der TA-Media die kommerzielle Stärke mit einer publizistischen unterlegt wird. Schulbeispiele aus der Medienbranche haben bewiesen: Unternehmerischer Erfolg ist selbst in hoch kommerzialisierten Medienkonzernen direkt von der journalistischen Qualität abhängig. Diese lebt bekanntlich von Menschen und nicht vom Sparen und Wachstum allein.
Hans Heinrich Coninx, Sie haben früher nach eigenen Angaben am Tag viel geträumt. Können Sie diese Neigung heute in Ihrem Unternehmen weniger ausleben?
«Die lebe ich auch im Unternehmen. Wer nicht mehr träumen kann, wird alt. Das gilt auch für ein Unternehmen.»
«Nein.»