Da erwacht er nun zum zweiten Mal in seinem Wohnmobil und blickt gegen Südwesten, wo in neun Meilen Entfernung die mächtigen Kasinos am «Strip» im rötlichgoldenen Licht des beginnenden Tages auftauchen. Es ist Spätherbst vergangenen Jahres. Das Gefährt steht exakt in der Mitte eines mehr als 220 000 Quadratmeter grossen Wüstengeländes am Fusse der Red Rock Mountains, die das gigantische, weite Becken mit dem ausufernden Las Vegas fast zur Hälfte umranden. Seine Frau ist mit ihm. Ihren Wunsch am Abend vorher, da unten bei einem Japaner essen zu gehen, hat er abgeschlagen. Jetzt den Ort zu verlassen kommt für ihn nicht in Frage. Er muss die intensive Zwiesprache mit sich und den Göttern, die über diesem Stück Erde wachen, zu Ende führen.
«Soll ich, soll ich nicht?» Die Frage, die er sich seit Jahren immer wieder stellt, dreht sich ein letztes Mal um den definitiven Entscheid, an diesem steinigen, staubigen Platz in Summerlin ein eigenes Kasino zu bauen oder nicht. Das Projekt steht, die Lizenz hat er in der Tasche, die Finanzierung ist organisiert. Sein persönlicher Einsatz wären gut 60 Millionen Dollar. Noch kann er sich zurückziehen, noch hat er eine Möglichkeit zum Exit, obwohl ihm das Grundstück bereits gehört. Auf den Kaufpreis von 16,6 Millionen Dollar hätte er einen Abschlag von zwei Millionen zu akzeptieren, dann ginge das Land an die Howard Hughes Corporation zurück, die grösste Landbesitzerin in Las Vegas, die ihm den Boden verkauft hat. Inzwischen hat Hans Jecklin, 53, entschieden. Mehr noch: In amerikanischem Tempo sind im Januar die Bulldozer aufgefahren und haben dem Terrain eine neue Form verpasst. Nun sind Baukolonnen daran, auf Teufel komm raus den weitläufigen Gebäudekomplex hochzuziehen. Bis in zehn Monaten dürften 270 Millionen Dollar verbaut und investiert sein, immerhin doppelt soviel, wie beispielsweise das neue Luzerner Kulturzentrum von Stararchitekt Jean Nouvel kostet, das im August eröffnet wird. Dann stehen an Jecklins Stätte zwei Fünfsternhotels in spanisch-mexikanischem Stil mit je 300 Betten bereit, ein Health-Club, der sich unter die zehn besten im Land einreihen soll, acht feine Restaurants bis hin zu einem Wiener Kaffeehaus sowie - Jecklins Traum im engsten Sinn - das Kasino mit 1200 Slot-machines und 40 Spieltischen. Über 4000 Gäste sollten der Schweizer und seine dann 1800 Angestellten täglich empfangen können, damit die Rechnung aufgeht.
Die Umgebung wird blühen, Palmen werden sich im Wind wiegen, zwei sattgrüne Golf-Courses, einer gehört zu den raren TPC-Anlagen, werden sich fast nahtlos anschliessen - alles exakt bewässert durch Tausende von computergesteuerten winzig kleinen Sprenklern, ohne die, wie überall in Las Vegas, kaum Vegetation gedeihen kann. Was in der Aufzählung noch fehlt? Richtig, die Hochzeitskapelle, auf die seine Partner zuerst verzichten wollten, auf der Jecklin, der Gefühlsmensch, aber beharrt hat. Und bereits hat sie der Architekt zur Trauung seiner Tochter für die Einweihung reservieren lassen.
Vorbei an stämmigen Eisenlegern und Eisenlegerinnen aller Hautfarben, inspiziert der Kasinobauer die Baustelle, stets bis in Details hinein erklärend, wie das Werk im nächsten April bei der Eröffnung aussehen wird. Und stets mit einer Gauloise gelb zwischen den Fingern, auf die er - «versprochen» - spätestens eine Woche nach Türöffnung definitiv verzichten werde: «Ein paar Tage möchte ich es dann schon noch geniessen.» Im bereits weit fortgeschrittenen Rohbau des einen Hotels schreitet der Bauherr, eher klein von Statur, den Weg ab vom Liftschacht zu dem Ort, wo das entfernteste Hotelzimmer zu liegen kommt. Er ist mehr oder weniger zufrieden. Er hasse nämlich zu lange Korridore. Und immer wieder schweift sein Blick zwischen den vielen Baustützen hindurch nach Südosten, dorthin, wo seine zukünftigen Konkurrenten rund um die Uhr Betrieb haben, wo die Münzspielautomaten endlos babylonisch klingeln, wo Menschen aller Typen und Rassen mit Pokerfaces an den Spieltischen sitzen oder gebannt den Roulettekugeln folgen.
Im Alter von 25 Jahren war Jecklin das erste Mal nach Las Vegas gekommen und gleich an der damals besten Adresse, im «Desert Inn», abgestiegen, wo sich auf der berühmten neunten Etage der spleenige, schwerreiche Unternehmer Howard Hughes verkrochen hatte. Fasziniert von dieser Spielerstadt, die aus einem Minenkaff hervorgegangen war, träumte er schon damals, wie es wohl wäre, Teil dieser Welt zu sein - einen Teil dieser Welt zu inszenieren. Wenn er jetzt auch kurz vor dem Ziel ist, hat er es während der seither bald dreissig Jahre keineswegs konsequent verfolgt, obwohl er praktisch jedes zweite Jahr anreiste. «Es war ein Traum, solche Träume hat man viele, ohne dass sie sich je realisieren lassen.» Er sieht den Weg als Ziel: «Nur das bietet die Chance, Verrücktes zu tun.» Die Kindheit verbrachte er im Prättigau. Der Vater hatte eine Schreinerei, die Mutter führte ein Restaurant und zog sieben Kinder auf. Später ging’s mit ihr ins Zürcher Oberland, der Vater blieb zurück. Mutter Jecklins ökonomische Basis: zuerst ein Merceriegeschäft in Rüti, nachher ein Laden in Zürichs Kreis 4 gleich hinter der Langstrasse. Der Sohn spricht hochachtungsvoll von seiner Mutter, die heute 85jährig immer noch in der Stadt lebt - immer noch Parisienne ohne Filter rauchend. Jecklin: «Sie hat Fähigkeiten eines Schamanen.»
Schon früh wollte der Bündner selbständig werden. Ein erster Versuch als Teppichleger scheiterte, weil ein grosser Kunde nicht zahlen konnte. Der zweite Anlauf hingegen gelang - mit Spielsalons. Das Milieu war ihm, dem leidenschaftlichen Flipperspieler, vertraut. Sein Etablissement Nummer eins zimmerte er praktisch eigenhändig. Mit dreissig stellte er den ersten Direktor ein, als er merkte, dass andere gerne für ihn und mit ihm arbeiteten. «Ich habe einen friedlichen Führungsstil.» So konnte er stets im Hintergrund bleiben, Coach spielen, eine Rolle, die ihm noch heute behagt, und dennoch «fanatischer» Unternehmer sein mit Resulaten, die bald aufhorchen liessen. Seine Tivolino-Kette expandierte in fast jeden Winkel der Stadt und weit darüber hinaus, bis sich politischer Widerstand regte und es nach Jahren des Hin und Her 1995 zum definitiven Verbot der Spielautomaten kam. Zürichs Gutmenschen stempelten im Verein mit Medien den «Howard Hughes der Einfränkler» in den Abstimmungskämpfen als grossen Bösewicht ab, woran er fast zerbrach. Dabei ist er, schrieb die «Weltwoche» damals, «kein Spielsalonlöwe. Schon eher ein Gefahr witterndes Reh.» Die in der Geschichte ebenfalls erwähnten fragenden Augen, die Verletzlichkeit signalisieren, hat er noch heute. Stockend erzählt er, wie es seine Art ist, in Deutsch oder Englisch, dass ihm dieser Artikel das Leben gerettet habe. Er wurde als grosser Suchender geoutet, der im Spiel etwas Urmenschliches sieht.
Wir sitzen beim Frühstück im «Desert Inn», in der kleinen Raucherzone des Restaurants. Zuerst standen wir in der Schlange der wartenden Gäste, die sich alle zuerst vorbei an den leuchtenden Slot-machines durch die abgedunkelte Kasinozone schlängeln mussten, bis sich Jecklin, schnell nervös geworden, über den schleppenden Service mehrmals beschwerte. Er sei Raucher, und in der Raucherzone müsse es ganz gewiss freie Plätze geben. So war es auch. Der Mann setzt sich durch. Ganz gewiss ging ihm die Zürcher Sache damals sehr nahe, aber gerade umgebracht hätte sie ihn wohl nicht. Seine Scheu, seine etwas komplizierte, linkische Art ist zwar real, aber keinesfalls eine Schwäche, die für ihn gefährlich wäre. Er spielt geradezu damit. Und schon manch einer hat ihn unterschätzt. Überhaupt keine Frage, der Mann weiss stets, was er will: «Ich bin kein Missionar, sondern ein Unternehmer, der Freude hat an seinem Produkt.»
Schon Jahre bevor sich Zürich 1995 definitiv gegen ihn durchsetzte, Tivolino ohne Geschäftsgrundlage dastand und gegen 500 Mitarbeiter entlassen musste, hatte er den Plan gefasst, sein Geld auf die Kasinokarte zu setzen, in Übersee, aber auch in der Schweiz, wo sich eine Liberalisierung abzeichnete, die sich dann 1993 im angenommenen Spielbankengesetz durchsetzte. Als Frühpensionär wollte er ja keineswegs enden. Hatte er früher die freien Mittel sofort wieder ins Automatengeschäft investiert und «Buchhaltung als Geschichtsschreibung» betrachtet, so schoss der Gewinn rasch in die Höhe, als er wegen der politischen Unsicherheit bei den Investitionen auf die Bremse trat: So wurde die letzte Tivolino-Etappe für den Besitzer zu den eigentlichen Bingo-Jahren, die es ihm letztlich ermöglichten, im Mekka des Gambling jetzt seinen unternehmerischen Höhepunkt anzusteuern.
Doch wie immer brauchte Jecklin für seine Ideen einen Macher, der sich von seiner Vision anstecken lässt, wie Reto Meier, sein Chef bei den Swiss Casinos. Für den grossen Sprung fand er dann Brian McMullan, einen ehemaligen Lehrer, der in Sun City, dem Spielerparadies in Südafrika, als Spitzenmanager des Kasinos tätig war. McMullan, gross und schlacksig, scheint bedeutend jünger als Jecklin zu sein, obwohl zwischen den beiden nur ein Jahr Altersunterschied liegt. Aus Distanz betrachtet, wirken sie wie ein Vater und sein ältester Sohn. «Ich muss ihm absolut vertrauen können», sagt Jecklin. Und er tut es auch: Er weiss, dass der Kasinoprofi mit dreissig Jahren Geschäftserfahrung längst den gleichen Traum hegt wie er selbst: Bald jemand zu sein in Las Vegas. «Brian weiss alles, und ich weiss, was ich wissen muss», beschreibt der Unternehmer seine Philosophie.
Die beiden Verbündeten sind vorsichtig zu Werke gegangen, wollten Erfahrungen sammeln, bis sie in die Spielermetropole vorstossen würden. Zuerst brachten sie weit vom Schuss ein Kasino in einem Reservat der Sioux in North Dakota kräftig zum Klingeln, wo Jecklins generell grosses Spenderherz schon länger für die Indianer geschlagen hatte. Die Nachkommen der Ureinwohner Amerikas stellen heute gar das Management des Resort. Nicht gleich erfolgreich war man im Gebiet eines anderen Stamms in El Paso, Texas, aus dem inzwischen der Rückzug erfolgt ist. Ein drittes Kasino in der Nähe von Denver dagegen dürfte bald Geld abwerfen. Da stiessen McMullan und Jecklin übrigens auf den dritten in ihrem Bund, John Tipton, vorher oberster Steuereintreiber in Colorado und jetzt ihr Finanzchef. Dass sich Tiptons Sekretärin Sheila, eine vornehme, ältere Dame, mit ihm auf den Weg machte und nun der ruhende Pol im Vorzimmer in Summerlin ist, zeigt wohl nicht nur, wie mobil die Amerikaner sind. Auch sie glaubt ans Projekt.
Zuerst wollte man sich mitten unter die Grossen mit ihren Milliarden-Budgets begeben, an den Strip oder in die Nähe davon. Dem Architekten Paul Steelman, einem der Top-Kasinobauer am Ort, schwebte ein grosses Ding für über eine halbe Milliarde unter dem Namen «Switzerland» vor. Jecklin winkte ab, wie bei manch anderen Vorschlägen auch. Die Lage sollte exklusiv sein und das Projekt ein High-End-Resort, wie es in Las Vegas noch keines gibt: weniger «big» als «beautiful». So hat man sich nach langem Suchen in Summerlin gefunden, dieser schnell wachsenden, reichen Gegend, in der es noch kein Kasino gibt (siehe oben: «Highlive in Summerlin»). Einsprachen fielen ins Leere, obwohl sich auch die Bürgermeisterin von Las Vegas, Jan Lavarty Jones, gegen den Standort ausgesprochen hatte. Der nächste Schritt war der unangenehmste: die Kasinolizenz zu bekommen. Man muss eine Untersuchung über sich ergehen lassen wie sonst nur Schwerverbrecher. Bill Curran, Chairman der Nevada Gaming Commission, fasst sich kurz: «Wir wollen über jeden Dollar Bescheid wissen, woher er kommt und wohin er geht.» Currans Vorgänger hatten es noch mit der Mafia zu tun; bei einem wurde eine Autobombe gefunden, ein anderer musste die Familie in Sicherheit bringen.
Vier Controller aus Nevada haben in Zürich über Wochen Person und Bücher geprüft, verstärkt noch durch ein hartnäckiges Team einer grossen Revisionsgesellschaft. Für Jecklin wurde es zu einem Seelenstrip bis zurück in die Jugend - für über eine Million, auf eigene Kosten, versteht sich. Aber auch das hat er überstanden. Er gehört fortan zu den 50 Glücklichen, die das Privileg haben, am Ort Kasinos betreiben zu dürfen. Und nun stand die Suche nach dem Geld an: Zuerst wollte er sich nur mit gut 20 Prozent am Eigenkapital des Resort beteiligen. Weil sich jedoch keine weiteren Direktinvestoren finden liessen, musste er bis auf wenige Prozente, die unter anderem der Architekt hält, alles übernehmen. Als ihn seine Partner dann noch mit einer Bürgschaft bei der nachrangigen 100-Millionen-Wandelanleihe einbinden wollten, machte er deutlich, dass dies ein Projektkiller wäre. Klar liegt nun der Zins mit 13 Prozent etwas über den besten Adressen, die im Moment nur knapp über zwölf Prozent bezahlen. Dafür hat er mit seiner Risikobeschränkung erreicht, was er immer wollte: die acht Standorte seiner Swiss Casinos, die er mit gut 50 Millionen Franken parallel zu den Projekten in Übersee vorangetrieben hat, in ihrer Expansion nicht zu gefährden. Bereits versteht er sogar Synergien zu nutzen. 50 Schweizer sollen zwecks Ausbildung in Summerlin ab nächstem Frühling zum Einsatz kommen.
Wie jeder grosse Unternehmer ist Hans Jecklin hin- und hergerissen zwischen Enthusiasmus und Verstand. In einem regelrechten Kraftakt hat er dafür gesorgt, dass in Las Vegas fast nur der Intellekt zum Zuge kommen konnte. So hat er für viel Geld professionellen Rat eingeholt: von SBC Warburg mit Jürg Haller, dem designierten UBS-GD, die Finanzberatung, von der KPMG und anderen die Prüfung des Businessplans und von Steiner Turner die Expertise für das Bauprojekt. Das gibt Sicherheit und ebnete ihm auch den Weg zu weiteren wichtigen Partnern hinter dem Projekt: Nat West für die Finanzierung, J.A. Jones, die Tochter des Baugiganten Philipp Holzmann, für den Bau sowie die Regent-Flagge, die über den Hotels wehen wird. Und dann würde er nichts tun ohne die Zustimmung seiner Frau, die in allen Verwaltungsräten sitzt. Selbst seine drei halbwüchsigen «Boys» bindet er jeweils in seine Überlegungen ein.
Zwar betreibt er Glücksspiele, doch für seine eigenen Geschäfte hält er rein gar nichts davon. Folgt man dem Businessplan, deckt der Bruttoertrag sehr schnell ein Viertel der Schulden, für 2001 werden schwarze Zahlen erwartet, und schon heute ist das Projekt nach Ertragswert gerechnet über 420 Millionen Dollar wert - bei kalkulierten Kapitalkosten von mehr als 20 Prozent. Bereits dürfte Jecklin daran denken, seine Erfolgsformel, zumindest wie sie sich auf dem Papier präsentiert, zu multiplizieren, in Las Vegas, aber auch andernorts. Die Reise muss weitergehen, abschliessende Ziele kennt nur der Teufel. Der Prättigauer ist diesbezüglich ganz abergläubisch. Auch ständiges Holzanfassen gehört zum Ritual, Unglück fernzuhalten, wobei es nie ganz einfach ist, in dieser künstlichen Stadt den Rohstoff in Reichweite zu haben. Träumen hingegen ist zulässig. In der Zürcher Oper immer wieder. Bei Konzerten in der Tonhalle. Bei bestem Wein. Über einem Teller Sushi beim einfachen Japaner in einer Seitenstrasse, auf Distanz zum grellen Leben am Strip. Und wie wäre es, wenn das Tonhalle-Orchester in Las Vegas aufspielte? Dabei hat er beim amerikanischen Chefdirigenten David Zinman wohl bereits vorgefühlt. Nachts auf dem Dach des «Rios», des wohl höchsten Kasinos am Platz, schaut er voll kindlicher Freude über das Lichtermeer: «It’s a Christmas-tree.»
Highlife in Summerlin, der Stadt vom Reissbrett
Neun Meilen lang und vier meilen tief zieht sich Summerlin hin, benannt nach einer Grossmutter von Howard Hughes, der die Steinwüste nordwestlich von Downtown Las Vegas 1952 kaufte, als der eine gute Autoviertelstunde entfernte Ort noch nicht viel mehr als ein Strassenkaff war. Heute werden in Summerlin pro Jahr 2500 Häuser zum Durchschnittspreis von 160 000 Dollar verkauft, wobei die Preisspanne nach oben bis weit über 10 Millionen hinausreicht. Ein nach Verkaufszahlen schneller wachsendes Wohngebiet, das seit 1988 nach einem Masterplan entwickelt wird, dürfte es in den ganzen USA kein zweites geben. Den bald einmal 20 000 Einwohnern stehen bereits diverse Gemeindezentren, öffentliche und private Schulen, ein Spital und mehrere Golfplätze zur Verfügung. Und Hans Jecklin bringt ihnen nun mit seiner Gesellschaft Seven Circle Resorts das erste Kasino, ausgewählt durch die Howard Hughes Corporation, eine Tochter des New Yorker Immobiliengiganten The Rouse Company, die Summerlin kontrolliert. «Wir sind der grosse Fisch in einem kleinen Teich», erklärt John A. Kilduff, einer der Topmanager, schmunzelnd. Bei Erfolg seines Fünfsternkonzepts winken Jecklin weitere Standorte am Fusse der Red Rock Montains, für die ihm die Howard Hughes Corporation bereits das Recht auf das erste Angebot eingeräumt hat. Die vergleichsweise reichen Summerliner, von denen es einmal 160 000 geben soll, wollen unterhalten sein. Seven Circle: ein noch kleiner Fisch mit grossem Potential.
Wechselndes Glück
Las Vegas - einst eine kleine Wüstenoase und heute eine Millionenmetropole, die wächst wie keine andere Stadt in den USA. Über 30 Millionen Besucher strömten im letzten Jahr an den Ort, der schon lange nicht mehr nur auf die Spieler aus aller Welt setzt, sondern mit seinen über 100 000 Betten ebenso auf das Messe- und Kongressgeschäft, den internationalen Tourismus und die High-Tech-Industrie. Gleichwohl lebt die Stadt noch von den Legenden des Wilden Westens, der Mafia und der Freudenhäuser, auch wenn das Verruchte nur noch in Film und Buch zu spüren ist. Den Marketingstrategen macht’s auf diese Weise aber am meisten Freude: Das heisse Las Vegas bleibt in den Köpfen präsent, obwohl der Platz in Wirklichkeit familienfreundliches Disneyland ist. Die Kasinokönige setzen auf Erlebniswelten, für die sie keine Investitionen scheuen. Das entstehende «Bellagio» verschlingt 1,8 Milliarden Dollar und das «Venetian» gar 2,25 Milliarden, durchwegs finanziert über die Börse durch institutionelles Kapital. Doch die Kurse folgen dem Optimismus der Betreiber längst nicht mehr. Ihre Margen sind nämlich deutlich am Sinken, weil die Zahl der Besucher insbesondere mit dem Bau neuer Hotelzimmer nicht mehr Schritt hält. Der führende Kasinoanalyst von Bear Stearns in New York, Jason Adler, rechnet vor: «Mit sieben Milliarden Dollar an neuen Investitionen und einer Erhöhung der Bettenkapazitäten um 20 Prozent muss Las Vegas sechs Millionen zusätzliche Besucher anlocken, um die Belegungsrate konstant zu halten. Das wiederum verlangt nach täglich 90 bis 100 zusätzlichen Flügen. Das sehe ich im Moment nicht.» Michael French von Coopers & Lybrand erwartet einen Ausfall der asiatischen «high-rollers», und John Rohs von Schroder sieht bereits «Blut fliessen bei all den Hotels und Kasinos, die sich nicht von Grund auf erneuern können.» Kommt da Hans Jecklin just zur falschen Zeit? Im High-End-Bereich, den er mit Seven Circle ansteuert, ist - faites vos jeux! - Wachstum angesagt. Bingo!