Wer wie ich zum ersten Mal in einem Touareg Platz nimmt, wird überrascht sein. Denn so ungemein bullig die Karosserie von aussen wirkt, so luxuriös geht es im Innern zu. Vom beheizbaren Multifunktionslenkrad über das weiche Nappaleder bis hin zu den Chromleisten an den Instrumententafeln ist alles vorhanden. So stelle ich mir die Lounge einer echten Premium-Airline vor. Hier möchte man sitzen bleiben. Die Vier-Zonen-Klimaanlage, das Audio- oder das Navigationssystem entsprechen dem Standard einer Oberklassenlimousine. Das Nappaleder meines Testwagens (in Sonnenbeige) war so weich, dass ich meine Kinder anhielt, höchstens in Socken ins edle Cockpit zu klettern.

Partner-Inhalte
 
 
 
 
 
 

Das Interieur des VW Touareg mag ein Grund sein, warum dieses Fahrzeug gerade auch bei Frauen sehr beliebt ist. Eine gute Bekannte von mir, Geschäftsführerin einer Investment-Gesellschaft, hat sich gegen den Cayenne und für den Touareg entschieden. Die Gründe: Understatement, gute Handlichkeit, gute Übersicht und überzeugendes Preis-Leistungs-Verhältnis. Eine andere Bekannte ist Marketingchefin eines mittelständischen Industriebetriebes und mag den Touareg wegen des Interieurs und der Fahreigenschaften: «Er fährt sich wie ein normaler PW, auch bei Tempo 200.»

Das mit der guten Handlichkeit habe ich zumindest nicht von Beginn weg so wahrgenommen. An die Breite von 1,93 Metern muss man sich erst gewöhnen. Etwa, wenn man sich der Schranke im neuen Migros-Parking nähert. Ähnlich herausfordernd: das Einparken.

Aber das darf man im wahrsten Sinne nicht allzu eng sehen. Schliesslich könnte man theoretisch 45 Grad steile Hänge erklimmen. Mit je einem Drehknopf für Sperren und Fahrwerk sowie einem Dämpfungsregler kann zwischen Komfort auf der Autobahn und extremen Offroad-Eigenschaften gewählt werden. Selbst für die 800 Kilometer Schotterpiste in Nordalaska von Fairbanks nach Deadhorse wäre man gerüstet. Oder für den Abschnitt der Panamericana zwischen Nazca und Cuzco in Peru, wo man für 400 Kilometer normalerweise drei Tage benötigt.

Ein Schwachpunkt ist meines Erachtens der relativ kleine Kofferraum. Ein Freund wollte einen Leiterwagen für die Basler Fasnacht in seinen Touareg laden, musste dann aber nach 20 Minuten entnervt den Passat seiner Frau zu Hilfe nehmen. Für Touareg-Fahrer eine herbe Niederlage. Im Gegensatz zum Beispiel zum Volvo XC90 (siehe BILANZ 6/05) wird der Touareg auch nicht als Siebenplätzer angeboten.

Eine weitere Schwäche ist der hohe Benzinverbrauch. Der V8 mit 4,2 Litern Hubraum spurtet zwar in sportwagenverdächtigen 8,1 Sekunden auf 100 Kilometer pro Stunde, braucht aber bei meiner Fahrweise gegen 16 Liter auf 100 Kilometer. Entsprechend wird die Energieeffizienz mit F bewertet (siehe Nebenartikel «Der VW Touareg 4.2 8-Zylinder: Seine Konkurrentent»). Für Vielfahrer und Umweltbewusste empfiehlt sich deshalb auf jeden Fall, den kleinen Diesel R5 TDI anzuschauen. Frühere Schiffskapitäne dagegen kommen am V10 TDI nicht vorbei: Mit seinen zehn Zylindern, dem angeblich stärksten Serien-PW-Diesel aller Zeiten, könnte dieses Aggregat mit 750 Newtonmetern Drehmoment wohl auch im Maschinenraum eines Kursschiffs auf dem Vierwaldstättersee stehen.

Der Touareg ist neben dem Phaeton das klare Zeugnis eines Premium-Anspruchs im Volkswagen-Konzern. Technisch und ausstattungsmässig entspricht VW mit dem Touareg zweifellos den Ansprüchen des Oberklassensegments. Ob der Schritt zu einer Premium-Marke bereits gelungen ist, ist eine andere Frage. Neben den funktionalen Eigenschaften des Produkts muss es VW gelingen, die Marke auch emotional genügend aufzuladen und eine Faszination zu entwickeln. Dank dem Touareg ist man bei VW in diesem Prozess sicher einen grossen Schritt vorangekommen.

Fazit: Der Touareg dürfte wie viele SUV auch vorwiegend auf der Strasse gefahren werden. Seine Fahreigenschaften sind klar besser als bei vielen anderen SUV. Im Vergleich zum Volvo XC90 ist vor allem der luxuriöse Innenraum herausragend. Der hochbeinige Volvo besticht hingegen als Raumwunder. Der Discovery 3 schliesslich (siehe BILANZ 4/05) ist der aristokratische Engländer mit 50 Jahren Land-Rover-Stammbaum. Alle drei haben ihren eigenen Charakter. Und das ist gut so.

VW Touareg 4.2 8-Zylinder

Antrieb: Vierrad
Motor: 4.2 V8, 6-Gang Tiptronic
Leistung: 310 PS / 228 KW
Drehmoment (1): 410 NM bei 3000 U/min
Energieeffizienz (2): F
Tankinhalt: 100 Liter

(1) Der Drehmomentverlauf in Abhängigkeit von der Drehzahl ist massgebend für die Motorelastizität (Durchzugskraft) sowie für das Beschleunigungs- und das Steigvermögen eines Autos.

(2) Neu ist seit 2003 die Angabe der Energieeffizienz für Personenwagen, eingeteilt in Kategorien von A bis G, wobei A für energieeffizient und G für energieineffizient steht. Die Kategorie wird ermittelt, indem der Treibstoff-Normverbrauch und das Leergewicht in ein Verhältnis zueinander gesetzt werden.