Gen Norden die Kette der weissen Alpengipfel und nach Süden hin der Ausblick auf den See mit dem Monte San Salvatore und dem Monte Brè. In dem kleinen Ort, der über Lugano thront und dennoch nur 3,5 Kilometer von dessen Zentrum entfernt ist, weht noch ein Hauch Bilderbuch-Tessin durch die Palmwedel. Hier gibt es einen verwunschenen Wald, durch dessen Dickicht Hermann Hesse sein Alter Ego, den Maler Klingsor, geschickt haben könnte, hier gibt es Rebhänge und eine mediterrane Vegetation. Auch fiskalisch gestaltet sich das Klima mild. Dank seinem niedrigen Steuersatz gehört das Dorf zu den beliebtesten Wohngemeinden des Südtessins.

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Auf einem 4000 Quadratmeter grossen Terrain am Hang hat sich eine Familie den Traum vom Zusammenleben der Generationen erfüllt. Im oberen Teil des Grundstücks vollendet Architekt Antonio Antorini derzeit die Villa der Eltern. Gleich darunter liegt der Komplex, der die Wohnbereiche der erwachsenen Kinder beherbergt. Entstanden ist hier so etwas wie ein Doppelhaus in der Vertikale. Vom Erdgeschoss mit dem gemeinsamen Entrée und dem Zugang zum unteren Appartement führen Treppe und Lift zum Obergeschoss hinauf. Auch dieser Hausteil hat wie das Erdgeschoss dank der Hanglage einen eigenen kleinen Garten mit Pool und wirkt wie ein autonomes Haus.

Fliessende Übergänge
Den lang gestreckten Baukörper hat der Tessiner Architekt auf die Wohnwünsche eines jungen Paares abgestimmt – wobei die Bauherren von der langjährigen Erfahrung Antorinis bei der Konzeption moderner Villen profitierten.

«Ein Privathaus zu entwerfen, hat immer einen besonderen Reiz», schwärmt Antorini, der, wie er zugibt, diese Aufträge mehr schätzt als öffentliche Bauprojekte. «Bei den Projekten für private Bauherren gibt es keine Wiederholungen. Jedes ist einzigartig und birgt die Möglichkeit, neue Ideen zu verwirklichen, gemäss dem Charakter und den Vorgaben der Bauherren.»

Individuelle Wünsche der Auftraggeber sowie Standards, die sich für den Architekten seit Jahrzehnten bewährt haben, gehen bei der Villa über dem Luganersee eine glückliche Verbindung ein.

Wichtig war dem Ehepaar ein grosszügig bemessener Allraum mit diversen Sitzgruppen und einem repräsentativen Essbereich – ein offenes Zentrum für das Zusammensein mit Freunden. Dieses Herzstück des Hauses ergänzen die Aussenbereiche: die Loggia mit dem spektakulären Panoramablick, die eingeschnittene Terrasse mit dem Essplatz und der eher introvertierte Patio nach Norden, zur Hangseite. Dank den raumhohen, gläsernen Schiebetüren in Aluminiumrahmen bleiben die Übergänge vom Innen- in den Aussenbereich fliessend – ein Effekt, der durch das Glasgeländer der Loggia noch verstärkt wird.

Die dominante Mitte des Hauses wird im Westen flankiert von der privaten Zone mit den Schlafzimmern und den Baderäumen. Auch nach Osten schuf der Architekt einen abgeschlossenen Bereich: Die rund 35 Quadratmeter grosse Küche hat einen eigenen Tisch für informelle Familienmahlzeiten und zwei Türen zu den beiden Essplätzen im Wohnbereich und auf der Terrasse. Aber sie ist nicht,wie es heute im Trend liegt, als offene Showküche mit Multifunktionsblock und Bar zum Wohnraum hin gestaltet. «Für eine Villa eines gewissen repräsentativen Niveaus ist es einfach besser, wenn man wichtige Abendessen in der Küche vorbereitet – und nicht im Wohnraum», befindet Architekt Antorini. Da er selbst gerne kocht, ist es ihm ein besonderes Vergnügen, Küchen nach ergonomischen Kriterien so optimal wie möglich zu planen. «Wir sind richtig gut darin, Küchen auch funktional gut zu gestalten», erklärt er stolz. «Es zählt ja nicht nur die perfekte Form.» Wer auch immer in den von ihm konzipierten Küchen an der Arbeitsplatte oder am Herd steht, soll keine unnötigen Wege haben – und dazu stets einen schönen Blick nach draussen. So verfügt die Küche sowohl über ein breites Fenster nach Osten, wo man zum Pool und in den Garten sieht, als auch über ein Fenster nach innen. Über den Treppenaufgang vom Erdgeschoss hinweg blickt man hier in den Patio.

Dieser Aussenraum, wie Loggia und Terrasse mit grauem Sandstein von Il Casone gepflastert, versorgt das Treppenhaus und den zentralen Wohnraum der Villa mit natürlichem Licht. Der Olivenbaum, der sich darin wie eine Skulptur aufrichtet und abends angestrahlt wird, bringt südliches Flair ins Haus.

Als Helligkeit spendender Hausteil und zusätzlicher Aussenbereich zeigt gerade der Patio, wie perfekt Antorini es versteht, die Innenräume mit den Aussenbereichen zu verbinden. Durch den verglasten Aussenraum an der Rückseite des Hauses, der sommers mit Sonnensegeln überdacht werden kann, werden die Räume wunderbar transparent. Ausserdem bietet dieser nach Norden ausgerichtete Platz einen Rückzugsort, wenn es auf der Loggia zu heiss wird. Die vor der Küche gelegene Terrasse wiederum ist weit genug vom Schlafbereich entfernt, damit man dort abends mit Gästen feiern kann, ohne die Nachtruhe der Kinder zu stören. Und die Loggia vor dem Wohnbereich eignet sich besonders an warmen Frühlingstagen zum Geniessen der Sonnenstrahlen.

Loftatmosphäre
Ähnlich wie Architekt Antorini unterschiedliche Erlebnisräume für bestimmte Situationen, Jahreszeiten und Ta- gesstimmungen schuf, entwarf Innenarchitekt Carlo Colombo mit dem Interieur für die Villa reizvolle Plätze mit differenzierten at- mosphärischen Werten. Die beiden Männer sind ein eingespieltes Team. «Bei meinen wichtigen Villenprojekten arbeite ich stets mit Colombo zusammen», sagt Antorini. Vor den grossen Flächen der grauen Steinböden draussen, der innen verlegten Teakböden und der weissen Wände sind Highlights des italienischen und interna- tionalen Designs inszeniert: in Form von Stühlen, Sesseln, Sofas oder Leuchten, die Colombo und seine Gestalterkollegen für namhafte Firmen enwickelt haben. Der 1967 in Carimate bei Como geborene Carlo Colombo, der für Firmen wie Cappellini, Artemide, Moroso, Varenna, Poltrona Frau und Flou arbeitet und 2004 in Tokio den Preis «Designer des Jahres» erhielt, hat hier eine gelungene, nicht alltägliche Mischung geschaffen. Eine klassische Eleganz, die ihre Wirkung nie verlieren wird, verbindet sich mit jugendlichen Elementen, die zu der lockeren Loftatmosphäre passen und dem Hauptraum einen frischen Touch verleihen.

Bei so viel Ausstattungsglück konnte das Hausbesitzerpaar denn auch leichter verschmerzen, dass offenes Wohnen und Transparenz zwangsläufig einen Verzicht nach sich ziehen: Viel Hängefläche für die Kunstkollektion blieb den Hausherren an prominenter Stelle nicht. Dafür sind nun andere Bereiche aufgewertet mit Gemälden und Fotoarbeiten. So manches passende Plätzchen fand sich im Eingang des Erdgeschosses, in den Bädern und in der Küche.