Die auf einer simplen Excel-Tabelle aufgeführten Zahlen sind Zündstoff für die Branche. Fein säuberlich hat Jean-Claude Biver aufgelistet, welches Land wie viele seiner auf 250 Stück limitierten «Big Bang Ice Storm»-Uhren bekommen wird.

Die Schweiz zum Beispiel wird genau 20 der begehrten Ticker erhalten, nach Frankreich werden 15 geliefert, nach Grossbritannien ebenfalls 15, nach Italien 30, nach Japan 20, und in die Vereinigten Staaten gehen 30.

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Auf eines kann Jean-Claude Biver schon heute gefasst sein: Aus jedem Land werden Reklamationen der Händler kommen. Tenor: Warum kriegen ausgerechnet wir nicht mehr?

Man könnte solcherlei süffisant als gezielte Verknappungsstrategie belächeln. Aber in der Uhrenbranche tut das heute keiner mehr: Jean-Claude Biver, erst vor kurzem Chef der kaum bekannten Marke Hublot geworden, ist das Thema des Jahres: «Nach langem Schweigen redet man wieder über Hublot», sagt zum Beispiel der CEO einer angesehenen Manufaktur im Val-de-Travers.

Hublot war vor kurzem tatsächlich eine Marke, die nur wenige kannten und noch weniger wirklich ernst nahmen. 2004 betrug der Umsatz 25 Millionen, Biver hat ihn im letzten Jahr auf 60 Millionen schnellen lassen. 2008 sollen es bereits 100 Millionen sein.

Solche Ziele setzt sich ein Mann, der als Geburtshelfer für das Revival der mechanischen Uhren gilt. Er hatte die Edelmarke Blancpain zum Erfolg geführt und auf mechanische Uhren gesetzt, als die Branche weinerlich über das Ende des guten alten Ticktacks klagte und das Kommen der Quarzuhren aus Fernost fassungslos über sich ergehen liess, als handle es sich um eine nicht abwendbare Naturkatastrophe.

Jean-Claude Biver erklärte die vermeintliche Schwäche seiner Marke zur Stärke und packte die Botschaft in einen griffigen Satz: «Seit 1735 gibt es bei Blancpain keine Quarzuhren. Es wird auch nie welche geben.»

Der Rest der Geschichte ist als Erfolgslegende bekannt: Jean-Claude Biver konnte Blancpain für gutes Geld an Nicolas G. Hayek verkaufen, Hayek holte ihn auch als Manager zu Omega.

11.30 Uhr an einem Donnerstagmorgen, nur wenige Wochen vor der Eröffnung der Basler Uhrenmesse: Jean-Claude Biver hat in Nyon seine Führungscrew und den für ihn wichtigsten Händler der Schweiz um sich versammelt. Auf dem Tisch liegen drei neue Uhren, die an der Messe vorgestellt werden. Und eines fällt sofort auf: Die Farbe Schwarz dominiert.

Die erste Uhr ist die Big Bang Black Magic. Ein Chronograph mit automatischem Aufzug im mittlerweile charakteristischen Gehäuse, das an ein Bullauge im Schiffsbau erinnert. Technischer Leckerbissen: Das Gehäuse der Uhr ist aus Keramik gefertigt, ein nicht wirklich gängiges Material für diesen Zweck. Im Innern tickt das HUB44, ein Hublot-Werk, das auf einem Kaliber von La Joux-Perret basiert. 13 900 Franken kostet die Uhr im Laden.
Das zweite Stück heisst

Big Bang All Black, weil alle sichtbaren Teile schwarz gehalten sind – Gehäuse, Zifferblatt und sogar die Zeiger. Das macht die Uhr zwar nicht besonders leicht lesbar, doch die Zeit, so weiss man mittlerweile, zeigt auch ein simples Handy an. Die Uhr ist dafür ziemlich speziell. Sie kostet 14 900 Franken.

Auf 250 Stück limitiert ist die Big Bang Ice Storm. Sie gleicht der Black Magic sehr, hat aber als technische Besonderheit eine Lünette aus Tantal. Kostenpunkt: 15 900 Franken.

Alle neuen Hublot-Uhren sind mit Werkteilen aus neusten Hightech-Materialen wie Kevlar, Karbon oder Keramik versehen – und diesen Material-Mix hat Biver schon letztes Jahr für Hublot zum Programm erklärt.

Um die Idee zu verstehen, muss man wissen, dass die Marke Hublot vor 25 Jahren mit für die damalige Zeit recht sonderbaren Attributen auf den Markt kam: Das Gehäuse war zwar aus edlem Gold gefertigt, das Uhrband aber bestand aus kommunem Kautschuk. Die Fachwelt rümpfte ob dieser Kombination die Nase, aber vielen Kunden gefiel es, die Uhr wurde ein Erfolg.

Als Biver bei Hublot-Besitzer Carlo Crocco einstieg, dachte er lange darüber nach, was die Marke ausmacht und sozusagen die DNS des Hauses ist. Es sei, kam er zum Schluss, eben die Mischung verschiedener Materialien – Fusion nannte er es, und Fusion heisst seither die zentrale Botschaft der Marke Hublot.

Dazu lässt Biver seine Ingenieure mit modernsten Materialien pröbeln und will auch demnächst mit einer Magnesiumuhr auf den Markt kommen. Das ist insofern bemerkenswert, als Magnesium nicht ganz einfach zu verarbeiten ist. Man erinnert sich aus dem Physikunterricht lebhaft daran, dass Magnesiumspäne schnell Feuer fangen.

Aber solches ficht Marketingtalent Biver gar nicht an. Heute berufe sich die Branche gerne auf einstige Genies des 18. Jahrhunderts wie Abraham Louis Breguet, pflegt er zu sagen. Genau Breguet würde jedoch nie nur Altes kopieren, als Avantgarde-Mensch würde er im Gegenteil in die Zukunft schauen.

Widersprochen hat Biver bei diesem Satz noch niemand.