POIDH lautet die Abkürzung eines modernen Zeitgeistes. Das «pics or it didn't happen» lässt sich am ehesten mit «Nur was du knipst, ist wirklich geschehen» übersetzen. Mit knipsenden Smartphones als Lebensbegleiter protokolliert vor allem die jüngere Generation ihren Alltag fortwährend digital.
Während Ältere noch Papierbilder mit dem Titel «Wir vor dem Eiffelturm» in Alben kleben, hat die Alltagsbebilderung heute weitreichendere Formen angenommen. Dabei erhält jede neue Knipsmode schnell einen trendigen Namen.
Der Wunsch nach «Ich knips mich, also bin ich» wird beispielsweise mit sogenannten Selfies (Self-Portrait) erfüllt. Ursprünglich stellte man sich dabei vor den Spiegel und setzte sich selbst in Szene. Markenzeichen war, dass meist auch Hand und Smartphone im Bild zu sehen waren.
Spezielle Selfie-Smartphones
Heute finden sich in den Bildportalen des Internets Millionen von Selfies, die ohne Spiegelhilfe, dafür aber mit abenteuerlichen Handverrenkungen zustande kamen. An der Qualität der publizierten Selfies zeigt sich gut, wie Handyhersteller rasch auf die Trends reagieren.
Denn noch nicht lange ist es her, dass der Handybesitzer, der sich mit dem Smartphone selber knipste, sich nicht selbst auf dem Display sehen konnte. Vor allem Bilder im Stil «Ich und meine Freunde» präsentierten sich deshalb oft mit unabsichtlich Geköpften.
Mit sogenannten Frontkameras auf der Bildschirmseite konnte man dann zwar sehen, was man knipst. Doch ursprünglich waren diese Kameras nur für Videotelefonie gedacht und hatten eine entsprechend schwache Auflösung und Bildqualität.
Dem Selfie-Trend folgend rüsten die Hersteller die Frontkamera nun mit bessere Optik und höherer Bildqualität auf. Mit solchen als Selfie-Smartphones beworbenen Handys kann man Bilder mit bis zu fünf Megapixel Auflösung knipsen und während der Aufnahme das Bild auf dem Smartphone-Display kontrollieren.
Ich und die anderen
Um den Fotografierenden zusammen mit der fotografierten Freundesgruppe gleichzeitig aufs Bild bannen, können einige Smartphones sogar beide Kameras gleichzeitig auslösen. Das Fotografen-Portrait der Frontkamera wird dabei mit dem Bild der Hauptkamera auf der Handy-Rückseite automatisch kombiniert. Insbesondere Samsung bewirbt diesen Trick (Dual-Shot) bei seinen Smartphones und bietet ihn sogar bei Videoaufnahmen an.
Der Hersteller Huawei beansprucht dafür, das Gruppen-Selfie, kurz Groufie, erfunden zu haben. Dabei wird die Frontkamera mit einer Panorama-Funktion ergänzt. Während man knipst und sich auf dem Bildschirm sieht, darf man das Handy bewegen. Mehrere so geknipste Fotos werden dann vom Smartphone automatisch zusammengeklebt. Als Resultat sieht man sich mit Freundesschar oder einfach mehr imposantem Hintergrund auf dem Bild.
Natürlich gibt es inzwischen auch Hunderte Apps, die sich speziell um Selfies kümmern. Eine der interessanteren ist YouCam Perfect, welche nicht nur in Fotos, sondern sogar in Videos das Gesicht digital «verschönert».
Der Kampf ums Foodie
In das Kapitel «Ich bin, was ich esse» fallen die Foodies. Dabei wird meist ein voller Teller geknipst und mit entsprechenden Kommentaren im Internet publiziert.
Beim Thema Foodies teilen sich die Restaurantsbesitzer in zwei Lager: Während die einen mit Rabatten locken, wenn man ihre Speisen mit Lobesworten in seinem sozialen Netzwerk verbreitet, haben andere das Fotografieren im Restaurant verboten. Die Begründung: Mit Smartphones schlecht geknipste Speisen seien imageschädigend. Vielleicht liegt es aber auch daran, dass ein Teil der publizierten Foodies lieblos gefüllte Teller zeigen, die wenig mit der blumigen Beschreibung auf der Speisekarte gemein haben.
Inzwischen schwirren beinahe täglich neue «Fot-ies»-Trends durch das Internet. Bei den Belfies stehen statt Gesichtern Hinterteile im Blickpunkt. Helfies (Haare) begeistern Coiffeurs, Footsies bewerben Pedicure. Bei den Sellotape-Selfies umwickelt man sich das Gesicht mit transparenten Klebebändern, uns sieht entsprechend aus. Ein Welfie ist übrigens jemand, der sehr viele Selfies besitzt.
Das entfernteste und coolste Selfie wurde übrigens schon letztes Jahr geknipst: Das Forschungsfahrzeug Curiosity hat sich nämlich selber dem Mars geknipst – und das bei einer Durchschnittstemperatur von Minus 55 Grad.
(sda/ccr)