Nach der Reform ist vor der Reform. Jedenfalls bei der AHV. Denn die Einnahmen aus Lohnbeiträgen und Bundesgeldern reichen nicht mehr aus, um die laufenden Renten zu finanzieren. Im letzten Jahr betrug das Umlagedefizit bereits über eine Milliarde Franken.
Die beim AHV-Steuer-Deal zugesprochenen zusätzlichen zwei Milliarden Franken pro Jahr verschaffen der Politik zwar etwas Zeit, reichen aber nicht aus, um das Sozialwerk langfristig zu sichern. Umso weniger, als sich die Situation mit der Pensionierung der geburtenstarken Jahrgänge ab 2020 weiter verschärfen wird.
Politisch kompliziert
Technisch ist es eine nicht allzu schwere Aufgabe, letztlich gibt es nur zwei Stellschrauben, an denen man drehen kann: mehr Geld einzahlen oder Leistungen kürzen, etwa durch die Erhöhung des Rentenalters.
Politisch ist das alles natürlich viel komplizierter, weshalb eine Kombination der beiden Lösungsansätze am erfolgversprechendsten ist. Und so dürfte das nächste AHV-Paket folgende Ingredienzien enthalten: die Erhöhung des Rentenalters für Frauen von 64 auf 65, einen sozialen Ausgleich für die Frauen mit tiefen Einkommen sowie eine Erhöhung der Mehrwertsteuer um 0,3 bis 0,7 Prozentpunkte, zwischen der Position von Valentin Vogts Arbeitgeberverband und den Berechnungen von Sozialminister Alain Berset.
Selbstverständlich werden im Rahmen dieser Reform noch zahlreiche andere, wenn auch derzeit kaum mehrheitsfähige Vorschläge diskutiert werden – darunter Klassiker wie die 13. AHV-Rente (Gewerkschaften) oder die Anpassung des Rentenalters an die Lebenserwartung (Jungfreisinnige).
Idee der Jungen Grünliberalen ist «Blödsinn»
Die Auszeichnung für den unbedarftesten Vorschlag geht an die Jungen Grünliberalen für ihre via «Blick» lancierte Idee, die AHV-Renten für Reiche oder Superreiche zu streichen. Das offenbart vor allem eines: dass die Jungpartei keine Ahnung hat, wie die AHV funktioniert und was ihre Basis ist – Solidarität und Umverteilung von Jung zu Alt und von Gut- zu Geringverdienenden, bleibt doch der prozentuale Lohnbeitrag immer gleich, während die Renten gedeckelt sind.
Wer also die Renten der Reichen kürzen will, degradiert eines der europaweit wohl besten Renten- und Sozialwerke zu einer Kombination von Reichensteuer und Sozialhilfe für ältere Bedürftige. «Blödsinn», war CVP-Präsident Gerhard Pfisters Reaktion. Besser kann man es wohl nicht sagen.