Bei «Drive in», einer fotografischen Gruppenausstellung in der Bildhalle in Kilchberg ZH, dreht sich alles um das Auto. Als Symbol des amerikanischen Traums und des damit verbundenen Aufstiegs der Mittelklasse ist es seit den 1950er-Jahren in der Fotografie allgegenwärtig.
Für den Menschen ist es Transportmittel, Rückzugsort oder fahrendes Zuhause. Für die Fotografie ist es eine mechanische Skulptur mit einer ästhetischen äusseren Form, die sich im Sucher der Kamera spiegelt. Und dazu ein Innenraum, in dem sich zuweilen zwischenmenschliche Szenen abspielen wie im Theater.
Autos als rollende Traumgebilde
Als Teil einer cinematografischen Bildwelt steht das Auto als Symbol für Geschwindigkeit, Kraft und Freiheit. In der Bildhalle werden Aufnahmen von rund zwei Dutzend Fotografen gezeigt, so von Elliott Erwitt, der während und nach der Grossen Depression in Amerika Autos als rollende Traumgebilde fotografierte – und das mit dem ihm eigenen Humor und Sinn für Ironie.
Damals schon war das Auto aus der amerikanischen Kultur und Landschaft nicht mehr wegzudenken. Oder Simone Kappeler, die 1981 durch Amerika reiste und ihre Reise fotografisch mit einer Hasselblad-, einer Polaroid-Kamera und billigsten Spielzeug-Fotoapparaten umsetzte. Sie sah Amerika in Farbe, beeinflusst vom amerikanischen Film und der Fotografie der 1960er-Jahre. Ihre Serie «Through America» spiegelt ihre Faszination für ein Land, das sich um die Autokultur herum gebildet und entwickelt hat.
Andy Warhol als Idol
Der 1934 im texanischen Tahoka geborene James Francis Gill ist einer der wenigen noch lebenden Vertreter der amerikanischen Pop-Art. Derzeit widmet ihm die Galerie Rigassi in Bern eine Einzelausstellung. Die Pop-Art, welche Mitte der 1950er-Jahre als Reaktion auf die betont intellektuelle und wenig massentaugliche abstrakte Kunst entstand, bezieht ihre Motive aus Dingen des alltäglichen Lebens. Konsumwelten, Comics und Stars aus Hollywood wurden plötzlich zu Inhalten der Kunst.
Neben Andy Warhol und Roy Lichtenstein zählt James Francis Gill zu den Ikonen der Pop-Art und hat diese Epoche entscheidend mitgeprägt. Kunstliebhaber, Filmstars, Grössen aus der Musikindustrie und Geschäftsleute – sie alle sammelten seine Werke bereits in den 1960er-Jahren. Gill war omnipräsent. Er gestaltete etwa ein Kinoplakat für Charlie Chaplins letzten Film mit Sophia Loren und Marlon Brando. Bekannte Printmedien wie das «Time»- und das «Life»-Magazin beauftragten ihn mit Titelseiten-Entwürfen. Hollywood-Stars wie John Wayne und Tony Curtis baten ihn, sie zu porträtieren. Und auch das Museum of Modern Art in New York führt bereits seit 1962 Werke von James Francis Gill in seiner ständigen Sammlung. Anfang der 1970er-Jahre zog sich der Künstler in ein selbst gewähltes Exil zurück, das 30 Jahre lang dauern sollte. In dieser Zeit entwickelte er mithilfe von Computer, Tintenstrahltechnik und Malerei eine ganz spezielle Montagetechnik. «Mixed-Media-Collagen» oder «Metamagen» nennt Gill seine so entstandenen jüngsten Werke. In deren Mittelpunkt stehen verfremdete oder neu formulierte Ikonen aus der Kunstgeschichte und Filmbranche sowie Fotos aus Magazinen, wobei Realismus und Abstraktion verschmelzen.
Hommage an Pop-Art
Eine Hommage an die amerikanische Pop-Art stellen die Arbeiten von Devin Miles dar, einem Vertreter der deutschen «Modern Pop-Art», dem die Galerie Proarta in Zürich derzeit die zweite Einzelausstellung ausrichtet. Der 1961 in Krefeld geborene Künstler lebt und arbeitet in Hamburg. Sein Stil und seine Motive sind unverwechselbar: Mit einer komplexen Überlagerung von Airbrush, Siebdruck und Malerei auf gebürstetem Aluminium interpretiert er die amerikanische Pop-Art neu. Seine ausdrucksstarken Bilder zeigen berühmte Leinwandstars der 1950er- und 1960er-Jahre auf dem Höhepunkt ihres Ruhmes. 2010 durfte Devin Miles seine Kunstwerke an einer Museumsausstellung als einziger deutscher Künstler neben den amerikanischen Ikonen Andy Warhol und Robert Rauschenberg präsentieren.
«Drive in», Bildhalle, Kilchberg ZH, bis 30.4.2015«American Pop Art – James Francis Gill», Galerie Rigassi, Bern, bis 25.4.2015«Devin Miles», Galerie Proarta, Zürich, bis 15.4.2015