Hatten Sie auch schon einmal das Gefühl, liebe Leserin oder lieber Leser, Sie seien ernsthaft an schwerem Gasfuss erkrankt? Die Diagnose kommt meist in Form einer Flut von unverschämt hohen Bussen und eines Plus in den Schweizer Staatskassen.
Ich kann Ihnen hier das ultimative Heilmittel verraten: Die Alfa Romeo Giulia Quadrifoglio. Die Strasse war nur noch leicht feucht vom Regen am Vortag, aber ein minimaler Lenkeinschlag beim Gasgeben hat ausgereicht, das Heck in Querbeschleunigung zu versetzen. Verstehen Sie mich richtig: Nicht, dass so etwas keinen Spass bringen würde, vor allem dort, wo man sich ungestört ein wenig austoben kann!
Aber man muss sich eben im Quadrifoglio immer bewusst sein, dass nicht weniger als 510 Pferde die Hinterachse überfallen und der Fahrwerksingenieur im Pflichtenheft nicht besonders weit oben stehen hatte, die Kraftübertragung möglichst narrensicher umzusetzen. Man sitzt in der Giulia zudem etwas hoch, fühlt sich also nicht ganz so eng mit der Strasse verzahnt wie in anderen Kompaktsportlern.
Schöner war ein Alfa bis heute nicht
Man muss deshalb sagen: Die mit 280 PS auch nicht ärmlich bestückten «Veloce»-Giulias mit Allradantrieb dürften für viele Kunden, ausser Spielernaturen, im Alltag die problemlosere Wahl sein. Zumal sie das wunderschöne Design teilen, sogar noch etwas puristischer auftreten - weil weniger Abtriebshilfen die Architektur der Karosse beeinträchtigen.
Natürlich bleibt das Spitzenmodell ein faszinierend roher Sportler. Und die famose Bremse zeigt, was Alfa Romeo in Wahrheit fehlt: wieder ein richtiger Sportwagen, abseits des teuren und viel zu bockigen 4C - das Sondermodell 8C Competizione, vor immerhin schon zehn Jahren lanciert, könnte bis heute als Vorbild dienen. Schöner war ein Alfa bis heute und auch lange Zeit davor nicht.
Es ist nun mal ein Italiener!
Die Sitze und die Lederbezüge überzeugen, aber wie üblich sind die Details nicht ganz auf dem Niveau der germanischen Konkurrenz; wer sich die Kunststoffe im Innenraum oder die Cupholder vornimmt oder wer einen Griff in den Dachhimmel wagt, ist schnell am Ende der Herrlichkeit angekommen.
Klar, das ist Kleinkram - Alfa Romeo, das ist die Hauptsache, hat zu seinem Kern zurückgefunden: klein, stark, laut, wunderschön. Was macht es da, dass das Navi viel zu langsam arbeitet? Verdammt, es ist nun mal ein Italiener! Wenn Sie schon mal in einem neapolitanischen Caffè auf Ihren Espresso gewartet haben, dann kennen Sie diese Art von Italianità - und fahren für den nächsten Espresso trotzdem nicht nach Ingolstadt oder Rüsselsheim, sondern selbstverständlich wieder nach Neapel.
Antrieb: 2,9-Liter-V6-Biturbo-Benziner
Verbrauch: 8,2 Liter Super
Leistung: 510 PS (375 kW)
0 - 100 km/h: 3,9 s
Vmax: 307 km/h
Preis: ab 87'000 Franken