Er wurde 1945 als Stenodaktylo angestellt, weil er die Kurzschrift auch auf Englisch und Französisch beherrschte und weil gerade keine weibliche Bewerberin zur Stelle war. Zehn Jahre später war Jack Bolli Direktor und Kuoni eine Firma mit 30 Millionen Umsatz. Als er 1990 abtrat, setzte Kuoni 2,2 Milliarden um. Über Jahrzehnte verliess in wichtigen Geschäften kaum ein Brief ohne das Visum von J.B. das Haus. Die Kommunikation erhielt er mit den gefürchteten gelben Zetteln aufrecht: «Am vergangenen Samstag war Ihre Abteilung bereits um 11.15 Uhr vollständig verwaist. Bitte um Abklärung und Bescheid!», hiess es da etwa. Aber die Schriftlichkeit blieb die Ausnahme. Entscheide fällte er meist informell, zwischen Tür und Angel. Mit seinem sportlich geprägten, freundschaftlichen Umgangsstil und seiner gewinnenden Art schuf er die Firmenkultur einer verschworenen Equipe.
Zu seinen engsten Mitstreitern gehörte Kurt Heiniger, der 1959 ohne Training direkt an den Schalter gestellt wurde. «Wir wurden angehalten, bestimmte Hotels zu empfehlen, was wir taten, ohne diese zu kennen», erinnert er sich. Nicht selten geschah es, dass der Sachbearbeiter seine Gruppe gleich auch als Reiseleiter zu betreuen hatte; so kam das ahnungslose Schalterpersonal doch noch zu Welterfahrung. Auf Bollis Geheiss wurde Heiniger 1963 mit 23 Jahren Leiter der Filiale Bern, später schaffte er es bis zum zum stellvertretenden Konzernchef.
Jack Bollis Intuition war es zu verdanken, dass Mitte der sechziger Jahre der richtige Mann auf dem Chefsessel von Kuoni England Platz nahm. Der damals 24-jährige Peter Diethelm sollte die in die roten Zahlen gerutschte Tochterfirma auf Kurs bringen. Mit preisgünstigen Langstreckenreisen gelang es ihm, eine lukrative Nische fernab des Preiskampfs zu besetzen. Kuoni England wurde über Jahrzehnte hinweg zur rentabelsten Ländergesellschaft und Diethelm bis zu seiner Pensionierung zur Eminenz im Konzern.
Auch Hans Lerch konnte sich mit seiner unerschrockenen Art die Aufmerksamkeit von «Mr. Kuoni» sichern. 1970 stieg er ins Incoming ein und erklomm nachher in 13 Jahren – seiner «Samurai-Zeit» – im Fernen Osten Stufe um Stufe, bis ihn Bolli in die Schweiz zurückholte. Hier machte er sich einen Namen als Sanierer, der Tour Operating Schweiz wieder auf die Füsse stellte, Incoming rentabel machte und später viele Akquisitionen tätigte. 1999 wurde er CEO. Er scharte eine verschworene Truppe um sich, die so genannten Lerch-Boys, die er auch zu Höchstleistungen anspornte.
Seit dem Weggang Lerchs letztes Jahr sitzen keine Weggefährten des inzwischen verstorbenen Jack Bolli mehr in der Kuoni-Führung. Die Firma wird seither zum ersten Mal von einem Mann geführt, der die Ära Bolli nur vom Hörensagen kennt. Armin Meier kommt von der Migros und wurde von Headhunter Bjørn Johansson vermittelt. Freilich blickt auch er auf einen unkonventionellen Werdegang zurück. Meier liess sich zum Lehrer ausbilden und hat anfänglich auch unterrichtet. Dies aber nur drei Jahre lang. Es behagte ihm nicht, als 19-jähriger Lehrer 15-jährige Teenager schulmeistern zu müssen. «Zuweilen habe ich mich jünger gefühlt als meine Schüler», witzelt er.