Sie ist «ready for a change». Das jedenfalls deutete Jasmin Staiblin im BILANZ-Porträt Ende März an. Es komme irgendwann der Moment, sagte die 48-Jährige, wo man empfänglich werde für Anfragen. Der Moment ist jetzt da, die Anfragen sind es schon längst.
Nach fünf Jahren bei Alpiq ist der hoch verschuldete Stromkonzern dank Staiblin wieder schuldenfrei. Das europaweite Interesse an ihr ist weiter gewachsen. Doch es spricht vieles dafür, dass die Deutsche in der Schweiz bleiben wird.
Bei Georg Fischer läuft der Nachfolgeprozess
Aus Headhunter-Kreisen ist zu hören, dass Staiblin im kommenden Jahr Yves Serra als CEO von Georg Fischer (GF) ablösen könnte. Sie selber äussert sich nicht dazu.
GF produziert Rohrleitungen, Metallteile, Maschinen und Werkzeuge für die Autoindustrie, die Luftfahrt und die Medizintechnik. Yves Serra führte den Schaffhauser Industriekonzern zehn Jahre lang und erreicht im Dezember das Rentenalter. «Der Nachfolgeprozess ist seit einiger Zeit am Laufen», bestätigt Kommunikationschef Beat Römer.
Geginat leitet die Division Piping Systems
Im Gespräch für die Nachfolge soll neben Staiblin auch ihr Landsmann Joost Geginat sein. Der 51-Jährige leitet seit zwei Jahren die grösste und mit Abstand profitabelste Division Piping Systems. Gegen ihn spricht jedoch, dass er noch zu wenig Industrie-Erfahrung vorweisen kann. Geginat war vorher 21 Jahre lang Unternehmensberater, 19 davon im Sold von Roland Berger.
Jasmin Staiblin wiederum ist ein ABB-Kind. Vor Alpiq führte sie sechs Jahre das Schweiz-Geschäft. Es war mit damals rund 3,5 Milliarden Franken Umsatz die stärkste Ländergesellschaft im schweizerisch-schwedischen Industriekonzern.
Für Leute aus Staiblins Umfeld gibt es kaum Zweifel, dass sie wieder im Industriebereich tätig sein wird – und zwar als CEO. Kommt dazu, dass sie seit 2011 im GF-Verwaltungsrat sitzt, wo sie Mitglied des Vergütungsausschusses ist.
Evaluation läuft bereits
Die Evaluation habe begonnen, sagt ein Kollege Staiblins aus dem Verwaltungsrat. Und dass ein VR-Mitglied CEO werden könnte, sei «nicht ausgeschlossen». Bei Konzernen dieser Grösse ist ein solcher Wechsel allerdings selten. Viel öfter sieht man den (umstrittenen) umgekehrten Weg vom CEO-Posten zum Präsidenten.
Offenbar soll auch Yves Serra diesen Weg anstreben, um Präsident Andreas Koopmann zu beerben. Dazu nimmt das Unternehmen ebenfalls keine Stellung.
Einen schönen «Change» gäbe es für Staiblin auch beim Lohn. Als VR-Mitglied verdiente sie bei GF zuletzt 283 000 Franken, Serra erhielt als CEO 3,5 Millionen. Die CEO-Vergütung Staiblins bei Alpiq betrug letztes Jahr knapp 2 Millionen.