Es ist ein neu geschaffener Job – und zwar der mächtigste, den es unter Verwaltungsratspräsident und Mehrheitsaktionär Johann Rupert bei Richemont gibt. Am 10. November gab der Luxusgüterkonzern bekannt, dass Jérôme Lambert zum neuen Chief Operating Officer befördert wurde. Der 48-Jährige war im vergangenen Jahr schon zum Head of Operations sowie zum Chef aller Nicht-Uhren- und Nicht-Schmuck-Marken im Konzern ernannt worden.
Damit gehört Lambert neu zu den wichtigsten zehn Personen im globalen Luxusgütergeschäft, denn ausser Cartier mit CEO Cyrille Vigneron sowie Van Cleef & Arpels mit CEO Nicolas Bos leitet Lambert alle Marken im Konzern. Darunter klingende Namen wie IWC, Panerai oder Piaget.
Die nötige Vielseitigkeit hat der Mann, der als Sohn eines Schafzüchters in der Nähe von Besançon aufgewachsen ist: Bei Jaeger-Le-Coultre und bei A. Lange & Söhne trieb er als CEO die Konstrukteure zu Höchstleistungen an und festigte als Technikfan den Ruf beider Manufakturen als Wiege komplizierter Uhrenmechanik. Bei Montblanc, die er danach leitete, setzte er aber auch auf die Digitalisierung, lancierte eine Smartwatch oder Schreibwerkzeug, das Notizen elektronisch erfassen und abspeichern kann.
Die Seilschaft:
Zu den Förderern von Jérôme Lambert gehört logischerweise der Richemont-Chairman und -Mehrheitsaktionär Johann Rupert. Dieser ist auch Lamberts einziger Chef.
Zur Entourage von Lambert ist namentlich sein enger Vertrauter Nicolas Baretzki, heute CEO von Montblanc, zu zählen. Baretzki war schon für Cartier und Jaeger-Le-Coultre tätig, er kennt den Richemont-Konzern à fond.
Auch Jens Henning Koch, Montblanc-Vizepräsident, werden beste Beziehungen zu Lambert nachgesagt. Koch war zuvor beim Modekonzern Hugo Boss, bei den Beratern von Roland Berger und bei der Werbeagentur Springer & Jacoby; er wurde bei A. Lange & Söhne Marketingdirektor, als Lambert interimistisch auch diese Marke leitete.
Wichtiger Mitstreiter ist neu Emmanuel Perrin, heute International Sales Director bei Cartier, ab sofort Head of Specialist Watchmakers Distribution und Mitglied im Senior Executive Committee. Er soll Lambert assistieren und die Distribution der verschiedenen Uhrenmarken koordinieren.
Perrins Onkel, dies nebenbei, ist der nach wie vor einflussreiche Ex-Cartier-Chef und Richemont-Doyen Alain-Dominique Perrin.
Die Gegenspieler:
Die muntere Rivalität oder gar Feindschaft zwischen Jérôme Lambert und Ex-IWC-Chef Georges Kern ist zwar offiziell nie bestätigt und mitunter sogar halbherzig dementiert worden – sie wurde aber immer genüsslich kolportiert. Klar ist: Kern, der zuletzt im Richemont-Konzern oberster Uhrenchef war und kürzlich überraschend zu Breitling wechselte, wird im Visier von Lambert bleiben. Denn Kern kennt Richemonts Uhrensparte aus dem Innersten – inklusive Modellpolitik, Distribution und Internetstrategie.
Gegenspieler, wenn auch ohne Feindseligkeit, ist sicher Jean-Claude Biver, Uhrengeneral beim LVMH-Konzern mit Befehlsgewalt über die Marken Hublot, TAG Heuer und Zenith.
Zudem hat Nick Hayek, CEO der Swatch Group, mit Blancpain, Breguet oder auch Omega Marken im Programm, die in direkter Konkurrenz zu Richemont-Brands agieren. Allerdings ist Hayek auch ein zuverlässiger Partner, der Richemont mit Werken und Bestandteilen beliefert.
Im Auge behalten wird Lambert zweifellos Patek-Philippe-Präsident Thierry Stern – man fischt ja bei Kennern zum Teil im selben Teich.
Grösste Konkurrenzmarke ist schliesslich die von Jean-Frédéric Dufour geführte Rolex, fast halb so umsatzstark wie der gesamte Richemont-Konzern.
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