Tom Wolfe betitelte sie in seinem Roman «Fegefeuer der Eitelkeit» als «Masters of the Universe»: die MBA-Absolventen. Gastreferent Louis Hughes spielte darauf an – der ABB-Verwaltungsrat und langjährige GM-Manager hat seinen eigenen MBA-Titel vor 36 Jahren gemacht. Hughes weiss also, wovon er spricht, wenn er die eigene Gilde auf die Schippe nimmt und sagt, ein MBA sei eine Geisteshaltung: «Du weisst, dass du einen MBA hast, wenn du ein ‹Executive Summary› in deine Liebesbriefe schreibst. Du weisst, dass du einen MBA hast, wenn du nicht Probleme hast, sondern Sachverhalte und Lösungen.»
Schweizer Absolventen weltweiter Eliteschulen von Bocconi über Insead bis Wharton versammelten sich am 1. und 2. Oktober zu ihrem Jahrestreffen in Rüschlikon.
Zum Auftakt pries Facebook-Mitgründer Chris Hughes die Vorzüge der modernen Kommunikationstechnologien. Die neue globale Verbundenheit führe nicht nur zu mehr Chancen, höherer Effizienz und besseren Produkten, sondern schaffe auch Vertrauen. Hughes arbeitete im Wahlkampfteam von Barack Obama mit, der seine Kampagne via Internet pushte. Obama, so Hughes, habe damit auch Wählerschichten erreicht, zu denen er sonst nie Zugang gefunden hätte. «Technologie ist nicht nur für Freaks da, sondern für uns alle!»
Etwas weniger euphorisch sprach Swiss-Re-Präsident Walter Kielholz über die Entwicklungen in seiner Branche. Er lieferte einen Verriss des jüngsten Vorstosses der G-20-Staaten zu neuen Finanzmarktregeln. Der frühere CS-Präsident hinterfragte vor allem die Praktikabilität, namentlich die Idee neuer Eigenmittelvorschriften.
«Die öffentliche Hand steckt im Dilemma: Mit einer Verschärfung der Vorschriften der Bankeneigenmittel führt sie automatisch eine Kreditklemme herbei.»
In letzter Konsequenz würden die angedachten Massnahmen wohl zu einer Balkonisierung des globalen Finanzsystems führen, einem Rückzug der Institute auf lokale Märkte: «Und das fördert den globalen Wohlstand kaum», kritisierte Kielholz.
«Unglücklich», findet es der frühere CS-Präsident, dass ausgerechnet die Schweizer Nationalbank «sehr früh» die Diskussion aufgenommen habe, ob die eigenen Banken zu gross für die Schweizer Volkswirtschaft seien. Dieses Vorpreschen «ohne klaren Plan, wie man das Problem lössen könnte, sei «etwas riskant».
Kielholz erinnerte daran, dass die Schweiz sich «irgendwann einmal dafür entschieden hat, ein Finanzzentrum zu sein». Selbst wenn die zwei Grossbanken wieder in viele kleinere Institute aufgeteilt würden, wie vor den Fusionen von Bankverein, Bankgesellschaft, Volksbank und Kreditanstalt: «Das gesamte Risiko bleibt letztlich gleich.»
Tatsächlich hätten die Kompensationsmodelle mit falschen Risikoanreizen zur Krise beigetragen, die Vergütungssysteme seien zum Teil «komplett ausser Kontrolle» geraten, räumt auch Kielholz ein.
Der Vorstoss, weltweit einheitliche Bilanzierungsgrundsätze zu schaffen, sei an und für sich zu begrüssen. Allerdings kaum durchzusetzen: «Gemeinsame Vorschiften finden alle grossartig – solange es die eigenen und nicht die der anderen sind», meinte Kielholz trocken.
Gleich nach seinem früheren Präsidenten und Mentor lieferte CS-Vizepräsident Urs Rohner seine Analyse der Finanzkrise. Was die G-20-Vorstösse anbelange, müsse sich sein Institut sowieso nicht verstecken, meinte Rohner: «Wir sind schon da, wir müssten keine neuen Massnahmen einführen.» Doch auch er wies warnend darauf hin, dass die Schweiz vor der grossen Herausforderung stehe, «unilateralen Aktionen» zu widerstehen, damit die Schweizer Banken später nicht mit kürzeren Spiessen kämpfen als die Konkurrenz. Was das Bankgeheimnis angeht, macht sich Rohner für die Schweizer Institute keine grossen Sorgen: «Die Vertraulichkeit und Diskretion wird im Bankwesen immer gefragt bleiben.»
Ein Highlight war das Referat von Louis Hughes. Der frühere Topmanager in der Autoindustrie (u.a. Ex-GM-Europa-Chef) plädierte dafür, umzudenken und vor den anstehenden Veränderungen nicht die Augen zu verschliessen: «Die Politiker müssen uns Hoffnung machen, es ist ihr Job. Aber wir müssen aufwachen und realistisch sein.»
Die USA würden «noch lange krank sein», und alle Fakten deuteten, laut Hughes, darauf hin, dass wir eine historische Krise erleben, die längst nicht ausgestanden sei. Gerade die hoch privilegierte Elite müsse reflektieren und über die Bücher. Die versammelten «Masters of the Universe» sollten den Nimbus der Unbesiegbarkeit ablegen und zu einem echten gemeinschaftlichen Verantwortungsgefühl zurückfinden, so plädierte Hughes: «Wir müssen wieder wahre Werte schaffen.»
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