Ob Plateau-, Keil- oder Stilettoform, als Pumps, Wedges, Sandalen oder Stiefel: ihr gesteigerter Absatz macht jeden dieser schwindelerregenden Stöckelschuhe zu einem originellen wie spektakulären Statement, einem Kunstwerk, einem Designobjekt, einem Instrument der Macht, zum Fetisch und als Objekt der Begierde zum sexy (und meist sündhaft teuren) Must-have.
Heels, High Heels, Killer Heels: so konjungiert man den gesteigerten Absatz des Stöckelschuhs zum Superlativ mit nach oben offener Absatzhöhenskala. In den Neunziger Jahren galten Louboutins erste achteinhalb Zentimeter-Absätze als absolut atemberaubend aberwitzig. Heute fangen High-Heels unter zehn-Zentimeter-Absätzen erst gar nicht an. Killer Heels mit 17 oder 18 Zentimeter hohen Absätze sind in den Kollektionen gang und gebe. Die Messlatte von einst schwindelerregenden mehr als zwanzig Zentimetern ist inzwischen längst überschritten. Mit ihnen wird der glamouröse Auftritt zur Extremsportart.
Risiko auf dem Runway
Auf Tragbarkeit kommt es bei Schuhe wie diesen nicht an, sondern auf Theadralik. Sie garantieren einen starken Auftritt und proportional zu ihrer auf die Spitze getriebenen Höhe gesteigerte Aufmerksamkeitswerte. Mit den 25-Zentimeter-Absätzen ihres Plateauschuhs ‘Super Elevated Gillie’ brachte Vivienne Westwood 1993 sogar Supermodel Naomi Campbell auf ihrem Pariser Laufsteg zu Fall.
Spätestens seit der Serie ‘Sex and the City’ wissen wir, das sich sexy Stöckelschuhe vor allem zum dekorativen Überschlagen langer, schlanker Bein auf einem Barhocker eignen, die sich auch auf den Sitzen eines Luxussportwagens oder einer Stretchlimousine von ihrer verführerischsten Seite zeigen. Das New Yorker Brooklyn Museum setzt die vielfach prominenten Stars unter den Highheels der Superlative so dezent raffiniert ausgeleuchtet wie Hollywood-Diven ab einem gewissen Alter in gläsernen Vitrinen glamourös in Szene.
Killer Heel - Highlights der Ausstellung in New York
Zu den Superschuhstars der Schau, die es sich verdient haben, von Kuratorin Lisa Small und ihren Museumsmitarbeitern nur mit weissen Glacéhandschuhen angefsst zu werden, zählen schwarze Stilettos von Marylin Monroe. Salvatore Ferragamo schuf sie für den platinblonden Kurvenstar mit dem unvergesslich hypnotischen Hüftschwung. Die Monroe trug sie 1953 in dem Film Niagara. Ihren Ruf als Femme Fatale verdankte Marilyn Monroe mit auch Ferragamo, von dem vierzig Paar Stöckelschuhe in ihren Schrank standen. Elsa Schiaparellis fertigte in Zusammenarbeit mit Salvador Dalí 1937/38 surreale Pumps mit einem Hut als Absatz.
Zu den besonderen Kostbarkeiten der Ausstellung gehören neben gewagte Kreationen der Design-Ikonen des frühen 20. Jahrhunderts wie Ferragamo, Schiaparelli oder Paul Poiret ein Paar Stiletto Mules aus Seide, Metall und Glas von Roger Vivier für Dior aus dem Jahr 1960 oder als zeitgenössische Killer Heels mit der berühmten, blutroten Sohle das waffenscheinpflichtige Modell Printz aus Christian Louboutin Kollektion 2013/14. Auch Manolo Blahnik oder Alexander McQueen, Chanel, Tom Ford, Nicholas Kirkwood oder Noritaka Tatehana sind mit ihren prädentösesten und provokativsten Killer Heels der letzten Jahrzehnte vertreten.
Anything goes - Geschichte der High Heels
Doch die Zeitreise durch die Geschichte der Killer Heels beginnt bereits wesentlich früher. Schon die vornehmen Venezianerinnen und Kurtisanen des 16. Jahrhunderts balancierten ebenso auf den erhöhten Holzsohlen ihrer Chopines aus bestickter Seide und Leder wie die Manchu-Frauen der Qing-Dynastie im China des 19. Jahrhunderts in ihren hohen Schühchen aus Baumwolle und gesticktem Satin dahin trippelten. Historische Highheels als Vergleichsobjekte sorgen in der nach Themen wie Revival und Neuinterpretation, Aufstieg im Osten, Glamour und Fetisch, Architektur, Metamorphosen und Space Walk geordnet Schau oft ob ihrer Ähnlichkeit mit zeitgenössischen Modellen für hohen Verblüffungsfaktor.
Ein Killerheel mit Absatz wie ein Stahlstuhl von Eames des Architekten Rem Koolhaas, Keilabsätze wie Barockschnitzereien bei Miu Miu, mit Nerz gefütterte Pumps von Céline, Eiffelturmabsätze von Jean Paul Gaultier, Iris Van Herpens Schuhe aus dem 3-D-Drucker, Winde Rienstras Highheel-Geometrie aus Bambus mit Plastik-Kabelbinder oder Zaha Hadids wie ein transparenter Wirbelwind wirkende Novaschuh-Skulptur aus Fiberglas – Anything goes! Und wenn der Teufel schon Prada trägt, können heisse Prada-Killer Heel-Sandalen in der Sommersaison 2012 auch wie flammenwerfende Heckflossen einer Harley der Hells Angels aussehen. Prädikat: strapaziös, aber supersexy!
Dieser Artikel erschien zuerst in unserer Schwester-Publikation «World's Luxury Guide».