Zwischen Bodensee und Röstigraben gibt es vier nationale Parteien: SVP, SP, FDP und CVP. Alle anderen sind geografische oder thematische Nischenanbieter. Zwischen Bodensee und Röstigraben gibt es vier nationale Medienhäuser: Ringier, Tamedia, NZZ-Gruppe und Jean Frey (Herausgeber unter anderem der BILANZ). Alle anderen sind geografische oder thematische Nischenanbieter.

Nationale Medienhäuser und nationale Parteien haben sich indessen nicht nur numerisch angeglichen. Sie gehorchen auch zunehmend denselben Mechanismen: Die Mechanismen heissen Ideologisierung und Polarisierung.

Partner-Inhalte
 
 
 
 
 
 

Verlage sind historisch von interner Meinungsvielfalt geprägt. Bis weit in die Neunzigerjahre vertraten die verschiedenen Titel eines Medienhauses oft auch unterschiedliche Positionen. Im Hause Ringier etwa schossen bei wirtschaftspolitischen Themen wie dem Alcazar-Projekt der nationalistische «SonntagsBlick» und das internationalistische «Cash» mit schwerster Munition aufeinander. Im Hause Tamedia etwa waren in sozialpolitischen Fragen wie der Rentenfinanzierung heftige Grabenkämpfe zwischen dem linksorientierten «Tages-Anzeiger» und dem neoliberalen «Facts» an der Tagesordnung. Selbst in der NZZ-Gruppe herrschte rund um Fragen wie den Europa-Beitritt ein interner Wettstreit der Positionen.

Die frühere Konfliktkultur ist heute in den Verlagen durch einheitliche Ideologien ersetzt. So sind sämtliche Ringier-Titel nun auf eine keynesianisch-etatistische Linie eingeschworen, in der Tamedia erhebt sich gegen die sozialdemokratische Regulationsideologie des «Tages-Anzeigers» kein publizistischer Widerspruch mehr, die NZZ-Gruppe ist durch die Bank wieder auf strammem Wirtschaftskurs, so stramm, dass sie inzwischen selbst der FDP einen Mangel an Liberalismus vorwirft. Nur der kleinste der vier Grossverlage leistet sich mit der wirtschaftsfreundlichen «Weltwoche» und dem wirtschaftskritischen «Beobachter» noch den Luxus eines internen Meinungspluralismus.

Geduld: Zum Luxus interner Meinungsvielfalt in den Parteien kommen wir noch. Mit der wachsenden politischen Gleichschaltung in den Verlagshäusern verschwand auch zusehends der Begriff der inneren Pressefreiheit. Er meinte, dass Journalisten ihre Meinung frei veröffentlichen könnten, ungeachtet der politischen Position ihres Arbeitgebers. Die Ideologisierung hat diese Haltung reichlich obsolet gemacht, die Brise weht halt von links oder von rechts, und die Redaktionen segeln nahezu geschlossen vor dem herrschenden Wind. Die so genannte Forumszeitung, definiert als Plattform für verschiedenste Meinungen, hat entsprechend ausgedient.

Auch hier ist die Parallele zur Politik offenkundig. Die Forumsparteien, definiert als Sammelbecken verschiedener politischer Optionen, haben die Wahlen jammervoll verloren. FDP und CVP setzten auf Meinungsvielfalt und präsentieren sich folgerichtig als konturlose Debattierklubs. Die Erfolge der SVP wie der SP andererseits basieren, siehe oben, in hohem Masse auf dem Prinzip der internen Konflikt- und Diskussionsvermeidung.

Die Mitte löst sich derzeit auf, in der nationalen Politik wie in der nationalen Medienlandschaft. Ich glaube jedoch nicht, dass dies Grund für allzu laute kulturpessimistische Klage ist. So wie die politische Diskussion unbestritten an Trennschärfe gewonnen hat, ist auch in den Medien die Konkurrenz der Meinungen – meist identisch mit der Konkurrenz der Grossverlage – so lebhaft wie seit Jahren nicht mehr. «Blick» sei Dank, «Weltwoche» sei Dank.

Nationale Medienhauser wie nationale Parteien erleben eine Art Backlash in die gute, alte Polarität. Noch vor wenigen Jahren verkündete jeder halbwegs kluge Kopf am Mikrofon, die früheren politischen Denkmuster «links» und «rechts» hätten definitiv ausgedient. Es war eine der ärgsten Fehlprognosen der jüngeren Zeit.