Dass ein amerikanisches Start-up die Schweiz als Firmensitz wählt, kommt eher selten vor. Silent Circle hat sich den Genfer Vorort Grand-Saconnex nahe dem Flughafen ausgesucht, nachdem zuvor 80 andere Länder auf Gesetze, Datenschutzbestimmungen und die Einhaltung der Menschenrechte geprüft worden waren. Denn Silent Circle produziert Smartphones, welche die Firma selbst als «kompromisslos datensicher» bezeichnet. Im Zeitalter von Edward Snowden, WikiLeaks und Panama Papers macht man sich damit nicht nur Freunde.
Das erste Blackphone von Silent Circle war innert kürzester Zeit ausverkauft. Jetzt ist mit über einem Jahr Verspätung der Nachfolger da. Sein Design beeindruckt wenig: ein schwarzer Quader, der Fingerabdrücke magnetisch anzuziehen scheint. Das 5,5 Zoll grosse Display mit HD-Auflösung ist okay, spiegelt aber sehr stark.
Die sonstige Hardware beeindruckt ebenfalls wenig: 32 Gigabyte Speicher, eine 13-Megapixel-Kamera, die bei schwierigen Lichtverhältnissen schnell an ihre Grenzen stösst, ein mittelmässiger Prozessor. Ein Fingerabdruckleser fehlt ebenso wie NFC. Aber man kauft das Blackphone ja nicht wegen der Hardware, sondern wegen der Sicherheit.
PIN-Abfrage vorm Start
Die erste PIN-Abfrage kommt denn auch schon, bevor Blackphones Spezialumbau von Android überhaupt hochfährt. Sie basiert auf der veralteten Version Lollipop. Eines der wichtigsten Features von Android 6 hat Silent Circle jedoch nachgebaut: Für jede App kann einzeln kontrolliert werden, auf welche Daten sie zugreifen darf.
Eine spezielle Telefon-App verschlüsselt alle Gespräche, sofern die Gegenseite ebenfalls ein Blackphone nutzt. Gleiches gilt für Kurznachrichten und Video Calls – aber unverständlicherweise nicht für E-Mails. Da ist die Konkurrenz von BlackBerry weiter. Daten speichert das Gerät standardmässig verschlüsselt, allerdings nur im internen Speicher, nicht auf der SD-Karte. Natürlich lässt sich das Handy auch aus der Ferne löschen, sofern es online ist. Und jede bekannte Sicherheitslücke verspricht der Hersteller innert 72 Stunden zu stopfen.
Spezielles Abo notwendig
Um die Geheimdienste des Blackphones zu nutzen, braucht es ein spezielles Abo. Zum bereits nicht unbescheidenen Kaufpreis von 799 Franken kommen so monatlich noch 9.95 Dollar dazu. Dafür hat das Blackphone 2 einen Vorteil, der mit Geld nicht aufzuwiegen ist. Wenn Sie das Gerät aus der Tasche holen, signalisieren Sie: Ich bin Geheimnisträger! Ich bin wichtig! Versuchen Sie das mal mit einem Samsung oder einem iPhone.
Fazit: Weiter als das Blackphone 2 geht in Sachen Sicherheit kein anderes Smartphone für den Massenmarkt. Aber ohne E-Mail-Verschlüsselung geht es nicht weit genug. Und man zahlt angesichts der mässigen Hardware einen stolzen Preis dafür.
Blackphone 2
Info: www.silentcircle.com
Preis: 799 Franken bei digitec.ch
Bewertung: ★★★☆☆
★ Technoschrott ★★ verzichtbar ★★★ nice to have ★★★★ cool ★★★★★ wegweisend
Marc Kowalsky (45) ist ein Early Digital Immigrant: Seit 30 Jahren fühlt er den neusten IT-Produkten auf den Zahn.