Ob verführerisch oder provokativ, ob banal oder exzentrisch – die Mode ist ein grosses Experimentierfeld zwischen Kommerz und Kreativität, zwischen Mainstream und Subkultur, zwischen Industrie und Kunst. Zwei neue Ausstellungen in Zürich und Winterthur widmen sich dem Thema auf ganz unterschiedliche Weise.
Unter dem Titel «Zeitlos schön» zeigt das Museum Bellerive vom 11. Juli bis 19. Oktober 2014 Modefotografie von Man Ray bis Mario Testino. Der Condé Nast Verlag hat erstmals seine Archive in New York, Paris, London und Mailand geöffnet und gibt Einblick in seine erstklassige Fotosammlung. Seit seiner Gründung 1909 hat der Verlag nicht nur Printmedien wie «Vogue», «Vanity Fair» und «Glamour» etabliert, sondern über 100 Jahre lang das Bild von der Mode und dem Menschen mitgeprägt. Seit der grosse amerikanische Fotograf Edward Steichen 1911 die ersten Modefotografien anfertigte, wurde das Genre zur Kunstform vollendet. Modefotografien sind heute in den renommiertesten Museen zu sehen und erzielen in Galerien und Auktionshäusern hohe Preise.
Die Ausstellung im Museum Bellerive zeichnet anhand von rund 150 Vintage-Prints und Originalmagazinen die Entwicklung der Modefotografie nach – von den frühen klassischen Bildkompositionen von Edward Steichen und Georg Hoyningen-Huene über die experimentelle Fotografie von Erwin Blumenfeld, den Voyeurismus von Helmut Newton oder die coole Eleganz von Peter Lindbergh bis hin zu Arbeiten von Mario Testino und Tim Walker. Modefotografien geben nicht nur den Zeitgeist einer Dekade, eigene Sehnsüchte und gesellschaftliche Träume wieder, sondern sie beeinflussen, regen an, fordern zum Nachahmen auf. Der legendäre Verleger Condé Nast hatte die enorme Wirkungskraft dieser Bilder früh erkannt und für seine Magazine wie «Vogue» und «Vanity Fair» einen Stil entworfen, der bis heute prägend ist. Mithilfe seiner Publikationen wurde die Haute Couture zur Kunst erhoben. Kein anderes Segment der Fotografie hat so regelmässig neue Bilder generiert und sich immer wieder neu erfunden. Hier wurden oft als Erstes neue Bildsprachen und eine neue Ästhetik erprobt – stets verbunden mit der Weiterentwicklung der Technik. Die Bildsprache und der Stil des Fotografen wurden dabei immer dominanter, opulent inszenierte Bildkompositionen und eine aufwendige visuelle Gestaltung immer wichtiger. Dabei fällt auf, dass die Mode selbst zunehmend aus dem Fokus verdrängt wurde.
Modefotografie auch in Winterthur
Einen ganz anderen Aspekt der Mode, nämlich den individuellen und kollektiven Umgang mit ihr, beleuchtet das Gewerbemuseum Winterthur mit «Fashion Talks – Mode und Kommunikation». Mode ist ein Produkt vielfältiger Kommunikation, und mit jedem Kleidungsstück, das wir anziehen, sagen wir – bewusst oder unbewusst – etwas über unsere Vorlieben, unsere Zugehörigkeit zu gesellschaftlichen Gruppen, unsere Stimmung oder unseren Beruf aus. Doch bereits die Entstehung von Mode ist ein hoch komplizierter kommunikativer Prozess. Wer bestimmt, was in oder out ist? Wozu gibt es Uniformen? Welche Style-Codes gelten in Jugendszenen? Ob Karos, Abzeichen, Streetwear oder Camouflage – die Schau nimmt alte und neue Modetrends unter die Lupe. Sie zeigt nicht nur, wie kleine Abweichungen die einzelnen Schnitte, Muster und Nachbearbeitungen in Codes verwandeln, sondern ebenso, wie das komplexe und raffinierte System Mode insgesamt funktioniert. Von der Kreation bis hin zur Vermarktung veranschaulicht sie auch die Strategien der Modekonzerne und Designer.
Das Gewerbemuseum Winterthur hat die in Deutschland sehr erfolgreiche Ausstellung, die ursprünglich für das Museum für Kommunikation Berlin konzipiert wurde, mit Themen aus der Schweiz ergänzt – insbesondere zu Mode, Jugend und Migration. Die Schau wird von einem reichen Rahmenprogramm begleitet und läuft vom 12. Juli 2014 bis zum 8. März 2015.