Diesen Frühling wurde mit dem Golfclub Augwil nach drei Nullrunden zwar ein Klub in die ASG Association Suisse de Golf aufgenommen. Sonst aber herrscht mehr oder weniger Ruhe. Hat sich die Nachfrage nach Golf hierzulande abgeschwächt, hat Golf an Schwung verloren?
Christian Bohn: Die Nachfrage ist durchaus intakt, auch im vergangenen Jahr stieg die Zahl der Golferinnen und Golfer nochmals an.
Aber die magische Schwelle von 100 Klubs – und damit Schweizer Golfplätzen – ist noch immer nicht erreicht. Mitte der 1990er-Jahre wurde vorausgesagt, dies werde spätestens zwischen 2005 und 2008 der Fall sein ...
Bohn: Prognosen sind immer schwierig. Letztendlich ist allein die Zahl der Golfclubs nicht entscheidend. Wir hatten in den vergangenen Jahren ein steiles Wachstum: Im Jahr 1992 gab es in der Schweiz etwas mehr als 20000 Golfer in 39 Golfclubs. Mittlerweile sind wir nun bei 96 Clubs, zwei Public-Golf-Organisationen und über 86000 Golfspielern angelangt.
In letzter Zeit wurden verschiedene Golfplatzprojekte stark zurückgebunden oder gar gänzlich verhindert, wie etwa das Projekt Golfpark Zugersee in Kappel am Albis auf der Kantonsgrenze Zürich-Zug. Diese wieder wie früher aufkeimende Abwehrhaltung erstaunt, weil Golf hierzulande populär geworden ist. Was sind die Hintergründe?
Bohn: Es gibt einen starken Wettbewerb um geeignetes Land und dessen Nutzung. Wir Golfer haben eine vergleichsweise schlechte Lobby in der Politik, und vor allem die Landwirte können sich sehr gut organisieren. Die Initianten von Golfplatzprojekten leisten immer viel Aufklärungsarbeit, oft geht es aber um Emotionen, dagegen sind oftmals auch gute sachliche Argumente für einen Golfplatz schwieriger an die lokale Bevölkerung zu bringen.
Mit welchen Argumenten müssen die Befürworter von Golfplätzen argumentieren?
Bohn: In den teils hitzigen Diskussionen geht oft leider unter, dass der Golfsport in der Schweiz keine nur von einer Minderheit betriebene Sportart ist, er in allen Altersgruppen ausgeübt wird, er ein gesunder Sport ist, er im Einklang mit Natur erfolgt und er auch viele Arbeitsplätze schafft und erhält.
Wie optimistisch sind Sie für die nächsten zwei, drei Jahre, dass neue Golfanlagen eröffnet werden können?
Bohn: Wir sind zuversichtlich, dass in den nächsten Jahren weitere Golfplätze entstehen werden. Es ist aber in den letzten Jahren für Initianten und Investoren bedauerlicherweise aus politischen und rechtlichen Gründen viel schwieriger geworden, sich geeignete Flächen zu sichern und eine vollziehbare Baugenehmigung zu erhalten.
Die Nachfrage nach Spielmöglichkeiten besteht vor allem in städtischen Regionen, allen voran im Grossraum Zürich. Genau dort aber ist das Land knapp – und teuer. Weshalb muss es immer gleich ein 18-Loch-Platz sein? Für die Entwicklung des Golfsports wäre es doch letztlich dienlich, wenn wenigstens mit 9-Loch-Anlagen begonnen würde ...
Bohn: Das Beispiel des Golf Clubs Augwil bei Kloten dürfte zeigen, dass auch für diese Art von Golfplätzen eine hohe Nachfrage besteht. Im Ausland funktionieren 9-Löcher-Anlagen mit guten Übungsanlagen in Stadtnähe sehr gut. Ich hoffe, dass in der Schweiz weitere dieser stadtnahen Golfanlagen entstehen werden.
Golf hat sich verändert. Dennoch hat man das Gefühl, die alten Klischees seien nach wie vor präsent. Golf wird vielfach noch immer nicht als Sport wahrgenommen, sondern vielmehr als ideale Verhandlungsplattform unter Geschäftsleuten oder als Treffpunkt gutbetuchter Seniorinnen und Senioren. Wie will die ASG dieses Image korrigieren?
Bohn: Alte Klischees sind bekanntlich nur schwer zu beseitigen. Heute sieht man auf den Golfplätzen die ganze Bandbreite an Altersgruppen und Bevölkerungsschichten. Auch das Golfangebot ist sehr breit, es gibt vom sehr privaten Golclub über das Public Golf für jeden Golfinteressierten ein passendes Angebot. Golfinteressierte können daher heutzutage schnell feststellen, dass die alten Klischees sich in der Realität nicht bestätigen. Sicherlich wäre es für unseren Golfsport auch von Nutzen, wenn wir in der Schweiz einen Weltklassegolfer hätten, der regelmässig aufgrund von Weltklasseleistungen in den Medien erscheinen würde.
Es muss also noch geleistet werden ...
Bohn: Ja, aber diese Arbeit macht auch viel Spass!
Sagen wir es bewusst überspitzt und provokativ: Es gibt doch nach wie vor Golfclubs, die an einer Entwicklung von Golf Richtung Breitensport gar nicht interessiert sind.
Bohn: Dies kann ich nicht feststellen. Wir sehen beispielsweise in der Nachwuchsförderung ein grosses Interesse in allen Golfclubs. Und das geht quer durch alle Clubs.
Besteht nicht eine gewisse Gefahr, dass traditionellen Clubs die Mitglieder wegsterben und der nötige Nachwuchs nicht mehr rekrutiert werden kann, weil sich Neugolfer eher Public-Golf-Organisationen wie der ASGI Association Suisse des Golfeurs Indépendants oder der Migros anschliessen?
Bohn: Da kann man wohl nicht verallgemeinern. Bis jetzt sind die Mitgliederzahlen in den Golfclubs gewachsen und es gibt immer wieder Verschiebungen vom Public Golf in die Clubs. Es existieren daher offensichtlich genügend Golfer, die sich für das Clubleben entscheiden. Es ist aber durchaus richtig, dass die Golfclubs die Verteilung der Altersgruppen in den Clubs im Auge behalten müssen. Viele Clubs werben daher richtigerweise auch verstärkt um junge Familien mit Kindern.
Von den Ideen, Golf auch auf Stufe Schule zu lancieren und zu fördern, hört man in letzter Zeit nur noch wenig.
Bohn: Im Bereich Leistungssport fördern wir die Aufnahme unserer jungen Kaderspieler in sportfördernde Schulen. In Bezug auf die normalen Schulen werden wir in diesem Jahr erstmals im Rahmen der Fortbildung von Sportlehrern die Sportart Golf einführen. Im Bereich Golf & Schule gibt es auch immer wieder auf lokaler Ebene Golfclubs oder auch die Migros, die schon länger und erfolgreich Schulprojekte durchführen. Zuletzt haben beispielsweise in Klosters fast 100 Schülerinnen und Schüler über mehrere Monate ihren Sportunterricht auf den Golfplatz verlegt und sich im Abschlagen und Putten geübt.
Wo liegen die Probleme für Golf als Schulsport?
Bohn: Die grosse Schwierigkeit bei dem Thema Golf & Schule besteht darin, dass man die Faszination des Golfsports kaum allein in der Turnhalle der Schule vermitteln kann und die Golfplätze zumeist in grösserer Entfernung von den Schulen gelegen sind. Wir werden uns in Zukunft noch näher mit diesem Thema beschäftigen.
Golf findet bei uns medial vor allem in den Gesellschaftsspalten statt. Das ist einer Imagekorrektur letztlich wenig förderlich.
Bohn: Aus diesem Grunde bemühen wir uns als Verband ja auch sehr, die sportlichen Neuigkeiten in den Medien zu platzieren, was sich im Alltag leider immer wieder als sehr schwierig herausstellt. In den Redaktionen vieler Zeitungen oder Magazine fehlen scheinbar Redaktoren, die die Verbreitung der Sportart Golf nicht richtig einschätzen. Wenn ich mir in den Tageszeitungen und Magazinen anschaue, über welche Randsportarten berichtet wird, wundert es wahrscheinlich nicht nur mich, warum über den Golfsport nur sehr wenig berichtet wird.
Ich liefere Ihnen die Antwort: Weil der Schweizer Spitzensport auf einem Tiefstpunkt angelangt ist. Die Schweiz verbucht im Golf keine Fortschritte – mit Ausnahme der Damen. In drei Jahren ist Golf an den Olympischen Sommerspielen 2016 in Rio de Janeiro wieder Olympiadisziplin. Für die Schweizer Männer dürfte die Teilnahme eine kaum zu schaffende Hürde sein. Weshalb bewegen sich unsere Männer weltweit lediglich auf dem dritthöchsten Niveau?
Bohn: Die Leistungen unserer Amateure verbessern sich stetig. Wir haben derzeit zwei Spieler, die in der Weltrangliste, der WAGR, unter den besten 200 Spielern sind. Vor zwei Jahren war unsere Herrenmannschaft Vize-Europameister. Unsere Amateure erzielen auch regelmässig Top-Platzierungen bei internationalen Meisterschaften.
In der Kritik stehen die Profis, nicht die Amateure. Dort bewegt man sich international auf der tiefsten Etage.
Bohn: Bei den Profis hat einer unserer Spieler Ken Benz vor einigen Wochen ein internationales Profiturnier auf der Pro Golf Tour gewonnen. Aufgrund der geringen Berichterstattung in den Medien ist dies leider der breiten Öffentlichkeit nicht bekannt. Natürlich arbeiten wir daran, dass in Zukunft der eine oder andere Spieler erfolgreich auf einer der Major Tours spielen wird. Man darf dabei aber nicht vergessen, dass die Konkurrenz sowohl bei den Amateuren als auch bei den Profis international sehr hart ist. Sowohl das Niveau als auch die Anzahl der Spieler wird jedes Jahr höher. Im Vergleich zu anderen Ländern haben wir aber nur eine kleine Gruppe an Playing-Pros, von denen wiederum nur einige wenige überhaupt eine realistische Chance besitzen, auf Weltklasseniveau mitzuspielen.
Was fehlt den Profis?
Bohn: Golferisch nicht sehr viel, um auf höchstem Niveau mitzuspielen. Um die Anzahl der international erfolgreichen Amateure und Profis zu erhöhen, investieren wir seit zwei Jahren viel in die frühere und breitere Ausbildung unseres Nachwuchses. Dies unter anderem mit neuen Regionalkadern für 10- bis 14-Jährige und einem neuen U16-Nationalkader. Bis diese Anstrengungen während einer Profikarriere Früchte tragen, wird es noch eine Weile dauern.
Ist nicht die Breite mit nicht einmal 100'000 Golfenden in der Schweiz zu klein?
Bohn: Bei der Diskussion um die Teilnahme von Golfern an den Olympischen Spielen wird leider auch immer wieder vergessen, dass es auf der Welt zirka 60 Millionen Golfspieler gibt von denen jeweils nur 60 Spieler und Spielerinnen an den Olympischen Spielen teilnehmen können.
Dennoch: Mangelt es den Schweizer Profi-Spielern schlicht nicht einfach an Biss und Härte?
Bohn: Von Seiten der ASG bieten wir den besten Schweizer Amateuren und Profis in der jüngsten Vergangenheit eine in allen Belangen intensivere Ausbildung an. Unsere Athleten trainieren ganzjährig und professionell unter der Leitung gut ausgebildeter National- und Regionaltrainer. An der Motivation und dem notwendigen Biss der derzeitigen Kaderspieler fehlt es nicht, da an die Kaderspieler im golferischen und physischen Bereich hohe Anforderungen gestellt werden, die ohne hartes Training nicht erfüllt werden können. Mit unserem neuen nationalen Leistungszentrum haben wir nun im Tessin seit zwei Jahren auch eine hervorragende Infrastruktur für unsere Wintertrainingslager. Im letzten Winter konnten wir dort erstmals im Centro Sportivo Tenero unsere neu errichteten Indoor-Anlagen nutzen. Ein Problem besteht aber nach wie vor darin, dass wir im Vergleich zu anderen Ländern leider nur eine geringe Anzahl an perspektivreichen Nachwuchsspielern haben, die sich früh und konsequent für eine Golfkarriere entscheiden. Dies ist etwas, dass sich in Zukunft ändern sollte. Aus diesem Grunde unterstützen wir es auch sehr, wenn Kaderspieler auf sportfördernde Schulen wechseln möchten
Und es fehlt ein Ausnahmetalent, wie beispielsweise Roger Federer im Tennis? Ein internationaler Spitzencrack wäre hierzuland der Idealfall – sowohl für den Spitzen- wie den Breitensport?
Bohn: Ein solcher Ausnahmeathlet ist für jeden nationalen Sportverband ein Glücksfall. Solche Talente kann man sich als Verband aber leider nicht einfach „züchten“. Es sind die Ausnahmen. Von Verbandsseite können wir nur eine professionelle Nachwuchsförderstruktur zur Verfügung stellen, die eine möglichst frühe Sichtung und professionelle Förderung dieser Talente ermöglicht. Ob dann aus einem Talent ein erfolgreicher Athlet wird, hängt dann aber in erster Linie vom Athleten selbst und seinem direkten Umfeld ab. Ein Verband kann auf diesem Weg zur Spitze nur unterstützend tätig sein.
Wetten Sie darauf, dass wir in den nächsten 20 Jahren dieses Talent finden? Dieses müsste demnach schon geboren sein.
Bohn: Wenn es dieses Talent in der Schweiz gibt, werden wir es finden.