Bis Urs einen zweiten Urs gefunden hatte, gingen Jahre ins Land. Urs Baumann suchte einen, dem er zutraut, die Firma so weiterzuführen, wie er sie selber einst vom Vater übernommen hat. Jetzt, nachdem der neue CEO schon fast ein Jahr lang die operative Verantwortung getragen hat, wird er ihm im ersten Halbjahr 2004 auch die unternehmerische überlassen. Baumann verkauft seine Lantal an Urs Rickenbacher.

Partner-Inhalte
 
 
 
 
 
 

Baumann, Textilunternehmer der dritten Generation, führte die Firma in Langenthal zur heutigen Blüte. Mit dem Einstieg in die Luftfahrtindustrie vervielfachte Lantal den Umsatz auf heute 90 Millionen Franken. Die Firma mit 360 Mitarbeitern ist Weltmarktführer bei Transporttextilien; namentlich in Flugzeugen ist die Wahrscheinlichkeit gross, dass die Passagiere auf einem Lantal-Stoff Platz nehmen.

Um seine Nachfolge zu regeln, brauchte der 64-Jährige allerdings mehrere Anläufe. Schon nach seinem fünfzigsten Geburtstag dachte er darüber nach; sein Vater hatte ihn nie gefragt, sondern schon bei der Geburt mit «hurra, mein Nachfolger» begrüsst.

Nachdem Urs Baumanns Töchter dankend abgelehnt hatten, ging ein erster Versuch mit einem studierten Bekannten daneben. Der Chef traf sich mit Risikokapitalisten aus London. «Die Szene hat mich angewidert», erzählt er. Die forschen Rechner wollten den Umsatz auf 200 Millionen hochfahren – in Baumanns Augen, der ja schon Weltmarktführer war, ein unsinniges Vorhaben. «Sie hätten mir meine Aktien zwar für viel Geld abgekauft. Doch nach einer Fitnesskur wäre die Firma filetiert und weiterverscherbelt worden.»

Vor vier Jahren nahm Baumann einen neuen Anlauf. Er beauftragte einen Headhunter. Bei Urs Rickenbacher, dem 47-jährigen Namensvetter, der damals Deutschland-Chef des Möbelherstellers USM war, stimmte schliesslich nicht nur die Qualifikation, sondern auch die Chemie, das Triple-A-Kriterium einer geordneten Nachfolge. In der letzten Runde lud Baumann die verbliebenen Kandidaten mit seiner Frau und den zwei Töchtern zum Mittagessen ein. «Frauen», erklärt er, «lassen sich weniger durch Zahlen und wichtiges Getue bluffen.»

Inzwischen hat Urs der Ältere für Urs den Jüngeren das Chefbüro geräumt. Baumann ist Verwaltungsratspräsident und tüftelt für die Firma an Innovationen herum wie dem neuen pneumatischen Flugzeugsitz.

Nur die Lantal-Aktien besitzen die Baumanns bisher noch allein, 100 Prozent, die einiges mehr wert sind, als der designierte neue Eigentümer mit eigenen Mitteln aufbringen kann. Gescheite Berater haben sich deshalb eine komplexe Hebelkonstruktion einfallen lassen. Baumann und Rickenbacher gründen zusammen eine neue Firma mit wenig Aktienkapital. Die Mehrheit hält Rickenbacher, eine Minderheit Baumann; das Ziel ist, dass Rickenbacher mit der Zeit auf zwei Drittel der Stimmen aufstocken kann und die Familie ihren Anteil kontinuierlich reduziert. Diese neue Firma kauft ihr die Aktien ab – ob mit Hilfe eines Bankkredites oder eines Darlehens von Baumann selber, ist noch nicht entscheiden.

«Wichtig waren zwei Sachen. Erstens die Firma, sie muss weiter gedeihen. Zweitens die Sicherung unserer Vorsorge. Wir werden unseren Lebensabend nicht mit Sozialhilfe bestreiten müssen», sagt Baumann. Dass er dem anderen Urs, dem er vertraut, die Firma übergeben kann, dafür würde er vielleicht sogar noch etwas bezahlen.