Zu seinem derzeit wichtigsten Klienten hatte es Lorenz Erni zuletzt nicht weit: Seit 38 Jahren betreibt er sein kleines Büro an der Ankerstrasse im Zürcher Kreis 4 – gerade 750 Meter entfernt vom Polizeigefängnis, in das der Ex-Raiffeisen-Chef Pierin Vincenz und sein Kompagnon Beat Stocker Ende Februar eingeliefert worden waren. Als einzige Person hatte er steten Zugang zu Vincenz.
Dass sich der Banker schon einige Monate vor der Festnahme die Dienste des renommiertesten Schweizer Strafverteidigers gesichert hatte, signalisiert frühe Bedrohungs-Einsicht – und entlarvt das Argument der Vertuschungsgefahr als wenig überzeugend.
Grosser Respekt
Der Respekt der Staatsanwaltschaft vor Erni ist gross: Mehr als 30 Top-Mitarbeiter sollen derzeit die Machenschaften von Vincenz und Stocker auf ungetreue Geschäftsbesorgung durchforsten.
Doch auch die Fallhöhe ist riesig: Sollte Ernis Klient freigesprochen werden, wäre das eine gigantische Schlappe für die Staatsanwaltschaft, die mit der langen U-Haft die Latte sehr hoch legt. Zudem müsste der Staat die Verteidigungskosten übernehmen und die erlittenen wirtschaftlichen Einbussen ersetzen. Grosses Drama ist garantiert – und ein langes Verfahren. Für Erni, der im Januar 68 Jahre alt wurde, kein Problem: «Rente? Das ist nichts für mich.»
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