Philippe Gaydoul (41) ist einer der schillernden Akteure der Schweizer Wirtschaft. Der ehemalige Denner-Besitzer startete nach dem Verkauf des Discounters 2007 bereits im zarten Alter von 35 Jahren eine zweite Karriere. Nicht als Profi-Verwaltungsrat oder als Start-up-Unternehmer, sondern als Breitband-Investor: Immobilien, Asset Management, Kursaal, Serviceclub, Vermögensverwaltung, Schuhmarke, Strumpffirma, Uhrenmarke, Sportmodelabel, Hockeyclub, Filmproduktion.
Unterbeschäftigt ist der Frühaufsteher (5 Uhr), Kettenraucher (Marlboro) und Markenträger (Patek, Cheaney) nicht, denn die Modemarken, allen voran Navyboot, kämpfen in garstigem Marktumfeld. Nun steigt Gaydoul, Chairman der Beteiligungsfirma Gadyoul Group, selber in die Schuhe und wird CEO der defizitären Schuhmarke, als vierter operativer Chef in sechs Jahren. Die Nummer drei, Faris Momani, ging eben von der Fahne, um sich «einer neuen beruflichen Herausforderung zu stellen».
Des Investors Geduld ist am Schwinden: Bis Ende 2014 müssten alle unternehmerischen Aktivitäten in den schwarzen Zahlen sein, sonst drohe der Verkauf, gab er letztes Jahr vor. Es bleibt wenig Zeit, um die «Pflänzchen» (Gaydoul) endlich auf Kurs zu bringen. Mehr Spass dürfte er am Immobilienportfolio haben, das schöne Renditen abwirft und an Wert zulegt.
Die Freunde
Langjähriger Verbündeter ist Banker und SVP-Politiker Thomas Matter. Die beiden verbindet eine komplexe Freundschaft. Gaydoul ist mit 9,5 Prozent zweitwichtigster Aktionär von Matters Neuer Helvetischer Bank, Matter wiederum hält 10 Prozent an Gaydouls Modemarke Navyboot. Man kennt sich über den Club zum Rennweg, wo Gaydoul Gründungsmitglied ist und das Clublokal zur Verfügung stellt. Im Serviceclub traf er auch Schulfreund Dany Bahar wieder, den ehemaligen CEO von Lotus Cars, der derzeit mit seinem alten Arbeitgeber vor Gericht streitet. Mit Lindt-&-Sprüngli-Chef Ernst Tanner tauscht sich Gaydoul gerne über Markenartikel aus, mit Autogrosshändler und SVP-Vize Walter Frey über Politisches.
Wollen Journalisten Gaydoul ans Leder, darf PR-Berater Jörg Neef dazwischengrätschen. Für juristische Fragen steht Wirtschaftsanwalt Hans Wille auf Stand-by. Wille, Partner der Kanzlei CMS von Erlach Henrici, diente bereits Gaydouls Grossvater Karl Schweri. Zum Freundeskreis gehört seit ein paar Monaten Schauspieler Anatole Taubman («Quantum of Solace»). Der Unternehmer ist mit 30 Prozent an Taubmans Filmproduktionsfirma Lailaps Pictures beteiligt; Grossvater Schweri finanzierte einst den Filmklassiker «Taxi Driver» mit Robert De Niro und Jody Foster. Ein Freund ist ihm auch der ehemalige Formel-1-Star Michael Schumacher, der als Navyboot-Botschafter fünf Millionen Franken jährlich kassieren soll.
Die Gegner
Wer die Leistung nicht bringt, hat bei Philippe Gaydoul wenig zu lachen. Die Liste der Geschiedenen ist lange. Prominentes Opfer war Denner-CEO Peter Bamert, der sich allzu selbständig gab und Verwaltungsratspräsident Gaydoul links liegen liess. Nach anfänglichen Ehrerweisungen ging auch Navyboot-Chefdesigner Adrian Margelist von Bord. Der jüngste namhafte Abgänger in Gaydouls Markenreich ist Navyboot-Chef Faris Momani, dem lediglich zwei Jahre beim Schuhhersteller beschieden waren. Momani galt als zu wenig hart, andere reden von einem Bauernopfer.
Den Schuhverkäufer und Navyboot-Gründer Bruno Bencivenga kennt Philippe Gaydoul aus dem Club zum Rennweg. Der ehemalige Denner-Besitzer kaufte ihm die damals rentable Marke für geschätzte 110 Millionen Franken ab; das war im Jahr 2008. Seither ist das Verhältnis abgekühlt: Bruno und Bruder Flaviano Bencivenga haben den einstigen Familienbetrieb längst verlassen und eröffneten vor ein paar Monaten – nicht zur Freude von Gaydoul – unter dem Label Benci Brothers ein Konkurrenzgeschäft.
Die Hockey-Connection
Fast wäre der Hobbygolfer beim Grasshopper Club Zürich eingestiegen, in letzter Sekunde schreckte er zurück. Schliesslich liess er sich 2009 zum Präsidenten der Swiss Ice Hockey Federation wählen. Gaydoul holte Sean Simpson als Nationaltrainer und hielt an ihm fest, als der Boulevard 2012 dessen Kopf forderte («Herr Gaydoul, wann muss Simpson gehen?»). Nach WM-Silber ist Simpson nun der Held der Nation. Gaydoul gab das Präsidum 2012 ab, als er die überschuldeten Kloten Flyers kaufte. Als er Trainer Felix Hollenstein abservierte, kochte die Volksseele. Anfang Jahr holte er die Hockeylegende zurück an die Bande, nun engagierte er Natigoalie Martin Gerber.
Die Karriere
Philippe Gaydoul legte eine Tellerwäscherkarriere hin. Nach Abschluss des KV stieg er bei Grossvater Karl Schweri als Denner-Mitarbeiter ein. Mit grenzenlosem Einsatz und Gespür für den Detailhandel arbeitete er sich die Karriereleiter hoch. 1998 war er Geschäftsführer von Denner. Nach dem Tod Schweris im Jahr 2001 übenahm Gaydoul die Rast Holding, in der das Familiensilber einsortiert war: das Spielwarengeschäft Franz Carl Weber, die Discounter Waro und Denner sowie Immobilien. Waro verkaufte er an Coop (2002), Franz Carl Weber an die französische Ludendo (2006) und Denner an die Migros (2007).
Allein mit dem Denner-Deal löste Gaydoul 990 Millionen Franken. Unterstützt wurde er dabei vom ehemaligen Rewe-Konzernchef Dieter Berninghaus, der heute beim Detailhandelsriesen Migros das Departement Handel führt. Bestens bekannt ist er auch mit Migros-Konzernchef Herbert Bolliger, zumal Gaydoul bei der IG Detailhandel, einer Interessenvertretung der Schweizer Detailhändler, treibende und neutralisierende Kraft war.
Die Familie
Sehr eng ist Gaydoul mit Mutter Denise Gaydoul-Schweri, Tochter von Karl Schweri. Sie nimmt regen Anteil an der Berichterstattung über den Filius. Auch das Verhältnis zu Vater Elmar Gaydoul ist entspannt. Philippe Gaydoul ist mit TV- und Event-Moderatorin Christine Maier liiert. Allerdings meiden die beiden die Öffentlichkeit. Aus seiner geschiedenen Ehe hat Gaydoul einen Sohn, um den er sich rührend kümmert. Die Gaydoul Foundation steckt jährlich geschätzte fünf Millionen in die medizinische Forschung, dabei unterstützt sie Martin Meuli, Chefarzt am Kinderspital Zürich, eine internationale Kapazität in der Kinderchirurgie. Geforscht wird über Skin-Engineering, das Züchten von Ersatzhaut für Kinder nach Verbrennungen.