Der Mann versteht sich sowohl auf die dissonanten als auch die harmonischen Töne. Rolf Watter (54) ist einer der Schweizer Top-anwälte für Fusionen und Übernahmen. Der Partner bei der Kanzlei Bär & Karrer könne aggressiv auftreten, sich richtig-gehend in Fälle verbeissen, sagen Bekannte. Doch der passionierte Klavierspieler kann auch anders. Das Gefühl für die richtigen Töne dürfte ihm in seinem neusten Amt zupasskommen, wenn Politiker aller Couleur am Verhandlungstisch sitzen. Watter ist ab Anfang 2013 erster VR-Präsident der staatlich kontrollierten PostFinance, die neu im Rechtskleid der Aktiengesellschaft auftritt.
Neben der Post-Tochter präsidiert Watter den Dentalimplantatehersteller Nobel Biocare, der zuletzt mit einer Gewinn-warnung irritierte, die eigentlich schon im Juli vorgesehen war. Watter entschied sich damals gegen eine Publikation. «Dass im Herbst der Markt in Japan derart einbrechen würde, war damals nicht vorhersehbar», sagt Watter. Zudem sitzt er in den Topgremien Faber-Castells und der «Zürich». Das ist etwas viel, weshalb er letzteres Mandat 2014 abgibt. «Voraussichtlich werde ich an der nächsten GV noch für eine verkürzte Amtsdauer von einem Jahr zur Wahl vorgeschlagen», so Watter. «2014 erreiche ich die Amtsdauerlimite von zwölf Jahren und verlasse dann den VR.»
Die Freunde
Angesprochen auf seine Freunde, überlegt Rolf Watter lange. Er habe noch jeden Samstag seines Lebens gearbeitet, sagt er. Neben Job und Familie blieb dem emsigen Wirtschaftsanwalt wenig Zeit zur Pflege von Freundschaften.
Einer seiner engsten Weggefährten ist Felix Ehrat, der sich bei Bär & Karrer innert 24 Jahren bis zum Verwaltungsratspräsidenten hochdiente, bevor er vor Jahresfrist als Chefjurist zu Novartis wechselte. Die Bande zu Novartis und deren Verwaltungsratspräsident Daniel Vasella sind von jeher eng, zumal die Fusion von Ciba und Sandoz zu Novartis zu einem von Watters Gesellenstücken zählt.
Watter versteht sich sehr gut mit Orell-Füssli-Präsident Heinrich «Heini» Fischer. Mit dem ehemaligen Saurer-Chef kämpfte Watter gegen die Übernahmeversuche des britischen Hedge Funds Laxey. Heute pflügen die beiden ab und an durch den Zermatter Pulverschnee. Der Dritte im Skifahrergrüppchen ist Julius-Bär-Präsident Daniel Sauter. Dem langjährigen Sulzer-Verwaltungsrat stand Watter als juristische Speerspitze im Abwehrkampf gegen den russischen Investor Viktor Vekselberg bei. Zum Freundeskreis zählt zudem Bruno Gehrig, Swiss-Präsident und Roche-Vizepräsident.
Die Gegner
Watter gilt als Wadenbeisser. Die Liste seiner Kontrahenten ist vielschichtig. Nie mehr anfreunden wird er sich mit Franke-Besitzer Michael Pieper. «Ich habe es gut mit ihm, aber wir werden kaum Freunde werden», sagt Watter. Hintergrund ist ein Machtkampf mit dem Forbo-Hauptaktionär, den Watter verlor, als es um den Verkauf des Boden- und Klebstoffherstellers ging.
Mit Straumann-Präsident Gilbert Achermann streitet sich Nobel-Biocare-Präsident Watter um die Vorherrschaft im Dentalimplantatemarkt. Beide Firmen darben, aber die Konkurrenz vom Rheinknie profitiert von den Querelen bei Nobel Biocare in Zürich. Die Fetzen flogen mit Genolier-Hauptaktionär Antoine Hubert. Im Zuge eines Putsches an der Spitze der Spitalgruppe wird Watter von Genolier auf rund zehn Millionen Franken betrieben. Nicht gut zu sprechen auf Watter ist Fondsmanager Peter Lehner, der sich beim Verkauf von Quadrant an Mitsubishi ungerecht behandelt fühlt. Im Infight lag Watter mit Roger Bühler. Der ehemalige Investmentchef des Hedge Funds Laxey attackierte Saurer und Implenia – Watter stand in der Verteidigungslinie.
Die Anwalts-Connection
Watter zählt zu den mächtigsten Wirtschaftsanwälten. Im jüngsten BILANZ-Ranking schaffte er es auf Rang 2, zusammen mit Peter Nobel. Urs Schenker von Baker & McKenzie schwang obenauf. Die drei an der Spitze wechseln sich im Jahresrhythmus ab. Man verstehe sich gut untereinander, sagt Watter, «obwohl wir logischerweise als Anwälte manchmal zusammenstossen». Mit Schenker knallte es etwa, als dieser in Diensten von Laxey stand. Zum Kreis der M&A-Anwälte zählen auch Daniel Daeniker, M&A-Chef von Homburger, sowie Rudolf Tschäni und Andreas von Planta von Lenz & Staehelin.
Die Karriere
Am Anfang stand wie bei vielen Schweizer Wirtschaftsanwälten Peter Forstmoser. Der Multi-VR und ehemalige Swiss-Re-Präsident war Watters grosser Förderer an der Uni Zürich. Auch der Basler Aktienrechtler Peter Böckli hat Watter geprägt. Dieser wandert auf Böcklis Spuren in Sachen VR-Mandate: Neben den aktuellen Mandaten war Watter in den Verwaltungsräten von Cablecom, Syngenta, Feldschlösschen und Forbo. Sämtliche Entschädigungen für die Mandate kann er behalten, der Betrag wird ihm aber vom Lohn bei der Anwaltskanzlei Bär & Karrer abgezogen, bei der er seit 1994 Partner ist. Die Fusionen von Bankverein und Bankgesellschaft zur UBS und von Ciba und Sandoz zu Novartis Ende der neunziger Jahre begründeten Watters Ruf. Er galt als Daniel Vasellas Terrier, der Roche-Chef Franz Humer an den Karren fuhr. Jüngst stand Watter mit Humer eine Stunde lang vor der Passkontrolle in New York. Die Animositäten sind längst verflogen. Beeindruckt hat Watter auch Fiat-Lenker Sergio Marchionne, den er bei der Algroup (später Lonza) kennen lernte. Professionell und eng ist das Verhältnis mit den CEOs von Syngenta (Michael Mack), Zurich Insurance Group (Martin Senn) und vor allem Nobel Biocare (Richard Laube). Bei PostFinance trifft er im Verwaltungsrat auf Post-Chefin Susanne Ruoff.
Die Familie
Anwalt Watter ist auch privat auf Trab. Wenn irgendwie möglich schwingt er sich aufs Velo oder schnallt sich die Ski an. Ins Schwärmen gerät er bei der Österreicher Destination Serfaus. Aber auch Zermatt und Villars, wo er ein Ferienhaus besitzt, sagen ihm zu. Zu kurz kam in den vergangenen Jahren das Klavierspiel. Seit kurzem nimmt er daher wieder Klavierstunden. Ab und zu kommt es nun zu Hause zum Duett: Seine Partnerin spielt Geige. Rolf Watter ist 1958 in Zürich geboren. Sein Vater war zu jener Zeit Chef der internen Revision bei der UBS. Watter ist Vater von zwei Kindern und wohnt in Thalwil.