Es wird der grösste Börsengang des Jahres und einer der grössten aller Zeiten. Wenn Mark Zuckerberg – oder Zuck, wie ihn fast alle Freunde nennen – seine Firma Facebook diesen Frühling an die Wall Street bringt, wird das Signalwirkung haben: Nach dem verkorksten Aktienjahr 2011 lechzt die Finanzgemeinde nach guten Nachrichten. Auf 100 Milliarden Dollar wird der Firmenwert geschätzt, mehr als ABB und CS zusammen. Das wären 1250 Dollar für jeden der 800 Millionen Facebook-Nutzer. Geht alles gut, könnte das IPO einen neuen Börsenboom auslösen. Und Zuckerberg zum 25fachen Milliardär machen.
Der 27-Jährige, dessen Leben von Regisseur David Fincher bereits verfilmt wurde (unter anderem mit US-Popsänger Justin Timberlake), hat sich lange gegen einen Börsengang gewehrt, auch wegen der damit verbundenen Offenlegungspflichten. Doch auch nach dem IPO wird er, der 2010 vom «Time Magazine» zur «Person of the Year» gekürt wurde, dank Stimmrechtsaktien die Firma weiterhin alleine kontrollieren. Sechs Milliarden Dollar Umsatz und zwei Milliarden Gewinn vor Steuern soll Facebook dieses Jahr erzielen. Nicht schlecht für eine Firma, die vor erst sieben Jahren in den Schlafräumen der Harvard University ihren Anfang nahm.
Die Förderer
Napster-Gründer Sean Parker wurde Facebooks erster Chairman; er brachte Zuckerberg mit den milliardenschweren Investoren im Silicon Valley zusammen. Als er von der Polizei mit Kokain und minderjährigen Facebook-Praktikantinnen erwischt wurde, musste er gehen, behielt aber seinen Anteil von rund vier Prozent. Die beiden sind noch immer befreundet. Ein frühes Managementvorbild war Don Graham, Chef und Miteigentümer der «Washington Post» und heutiger Chairman von Facebook. Von ihm übernahm Zuckerberg die Struktur der Stimmrechtsaktien, um sein Unternehmen auch ohne Mehrheit kontrollieren zu können. Auch der bestens vernetzte Netscape-Gründer, Venture Capitalist und eBay-Verwaltungsrat Marc Andreessen spielte eine wichtige Rolle beim Aufbau der Firma. Er sitzt heute ebenso im Facebook-Verwaltungsrat wie Jim Breyer vom Kapitalgeber Accel Partners, laut der Midas-Liste des «Fortune Magazine» der einflussreichste Technologieinvestor der Welt.
Der verstorbene Apple-Gründer Steve Jobs war ein persönlicher Freund und Mentor. Von ihm lernte Zuckerberg, dass ein Unternehmen nicht nur Umsätze, sondern eine Mission haben müsse. Jobs wiederum bewunderte Zuckerberg dafür, dass er milliardenschwere Übernahmeangebote ausgeschlagen habe, um sein Unternehmen selber weiterzuentwickeln.
Die Gegner
Zuckerbergs Sozialverhalten gilt als schwierig. Beim Aufbau seiner Firma kennt er keine Skrupel. Den Mitstudenten Tyler und Cameron Winklevoss sowie Divya Narendra klaute er die Idee zu Facebook; nach jahrelangem Rechtsstreit zahlte er ihnen 65 Millionen Dollar Entschädigung. Der aus der Firma gedrängte Mitgründer Eduardo Saverin holte sich vor Gericht fünf Prozent Anteil zurück. Der dubiose Geschäftsmann Paul Ceglia behauptet, ihm gehörten 84 Prozent an Facebook; das Gerichtsverfahren läuft noch. Mit den etlichen Datenschutzbeauftragten liefert sich Zuckerberg ein Duell; in der Schweiz warnte Hanspeter Thür vor der automatischen Gesichtserkennung auf Facebook-Fotos. Der österreichische Student Max Schrem erzwang die Herausgabe persönlicher Facebook-Daten und gründete die Organisation «Europe versus Facebook». Wichtigste Markt-Gegner sind Larry Page und Sergey Brin: Mit Google prallen sie oft auf Facebook, etwa mit dem sozialen Netzwerk Google+. In der Milliardärsliste stehen die beiden direkt hinter Zuckerberg. Letztes Jahr kam heraus, dass dieser eine PR-Firma engagierte, um Google zu diskreditieren.
Die Verbündeten
Mit Microsoft-Chef Steve Ballmer schloss Zuckerberg eine weit reichende Kooperation: Microsoft ist an Facebook beteiligt, die Suchmaschine Bing durchsucht die öffentlichen Posts, und die neue Microsoft-Tochter Skype besorgt die Videotelefonie. Mit Zynga-Chef Mark Pincus, der den Börsengang bereits hinter sich brachte, besteht eine gegenseitige Abhängigkeit: Die meisten seiner Online-Games laufen nur auf Facebook – andererseits sorgen die Spieler für zehn Prozent des Facebook-Umsatzes. Wichtigste interne Verbündete ist COO Sheryl Sandberg, die von Google kam. Sie kompensiert Zuckerbergs Defizite in der Kommunikation und pusht die Kommerzialisierung.
Die Investoren
Für Peter Thiel, Investorlegende im Silicon Valley und Board Member, wird beim Börsengang die Kasse klingeln: Er investierte im Juli 2004 als Erster und bekam für seine halbe Million Dollar damals 3 Prozent der Firma. Grösster Einzelaktionär ist Zuckerberg mit rund 25 Prozent, Facebook-Mitarbeiter halten 30 Prozent. Der russische Internetmilliardär Yuri Milner ist über seine Digital Sky Technologies (heute Mail.ru) mit rund 10 Prozent beteiligt. U2-Sänger Bono hält über seine Elevation Partners rund 1,5 Prozent. Auch einige Schweizer sind in Facebook investiert: Klaus Hommels telefonierte so lange im Silicon Valley herum, bis er einen Angestellten fand, der seine Mitarbeiteraktien loswerden wollte. Daniel Gutenberg, Business Angel des Jahres 2011, organisierte eine Tranche, an der sich auch Peter Schüpbach, Ex-CEO von Miracle und heute bei FashionFriends, beteiligte. Florian Schweitzer von Brains-to-Venture stieg wieder aus, als Goldman Sachs einstieg. Ebenfalls investiert sind die Genfer Gebrüder David, Danny und Neil Rimer mit ihrer Index Ventures.
Die Familie
Zuckerberg stammt aus einer wohlbehüteteten jüdischen Famile aus dem New Yorker Vorort Dobbs Ferry: Vater Edward war Kinderzahnarzt, Mutter Karen Psychotherapeutin. Mark hat drei Schwestern: Randi, Airelle und Donna. Zu Randi ist das Verhältnis besonders eng. Sie studierte ebenso wie er in Harvard, schloss in Psychologie ab und arbeitete später sechs Jahre lang bei Facebook als Marketingchefin. Letzten August verliess sie die Firma, um ihre eigene Social-Media-Beratung aufzubauen. Zuckerberg wohnt zusammen mit seiner langjährigen Freundin Priscilla Chan, die er in Harvard kennen lernte, in einem bescheidenen Haus in Palo Alto. Der Sonntag ist reserviert für gemeinsames asiatisches Kochen. Zu seinen Hobbys zählt das Fechten.