Die touristische Schweiz gehört zu den am stärksten betroffenen Branchen des grassierenden Corona-Virus. Jetzt zeigt sich: Die Auswirkungen sind härter als zunächst gedacht.

Bis vor wenigen Stunden ging Schweiz Tourismus noch von einer Umsatzlücke von 530 Millionen Franken aus, die 2020 entstehen wird. Doch darin war das Einreise-Verbot in den USA noch nicht einberechnet. Dieses wirkt sich auch auf die Gästezahlen aus, sagt Schweiz-Tourismus-Sprecher Markus Berger: «US-Amerikaner reagieren in der Regel sehr emotional auf solche Nachrichten und folgern wohl, dass Europa als Reisedestination nun gefährlich sei.»

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Kommt dazu: US-Amerikaner, die trotzdem nach Europa reisen, müssen bei Heimkehr mit Quarantäne-Massnahmen rechnen.

920 statt 530 Millionen Franken Mindereinnahmen

Die Landesvermarkter haben aufgrund der neuen USA-Situation ein Branchen-Monitoring vorgenommen und können zudem auf aktuelle Zahlen einer Hotelleriesuisse-Umfrage zurückgreifen. Aufgrund dieser Daten ergibt sich nun eine deutlich negativere Einschätzung als noch zuvor. Berger: «Bisher sind wir von einem touristischen Umsatzverlust von 530 Millionen Franken aufs ganze Jahr 2020 ausgegangen. Mit der neuen Datenbasis sehen wir diesen Wert nun bei 920 Millionen Franken.

Bei diesen Umsätzen sind jeweils die Unterkunfts- und Nebenausgaben einberechnet, ohne Reisekosten und generellen Event-Zahlen. Was die neuen Zahlen auch zeigen: «Bisher gingen wir davon aus, dass die Schweizer Gäste einen Teil des Verlustes kompensieren würden», sagt Berger, «doch diese Zuversicht spiegelt sich in den Befragungen nun nicht mehr.»

Kurzfristige Massnahme: «Discover your Switzerland»

Weil man auf kurze Frist nicht auf einen Impuls bei ausländischen Ankünften hoffen könne, sei nun ein Push bei inländischen Gästen nötig, sagt Berger: «Was wir brauchen, ist ein 'Gamechanger', eine positive Botschaft im Land selber.»

Konkret plant Schweiz Tourismus, eine Marketing-Massnahme mit dem Arbeitstitel «Discover your Switzerland» zu starten – zu Deutsch: «Entdecke deine Schweiz». Also werbetechnische Massnahmen, die den Schweizern ihr eigenes Land als Reiseziel schmackhaft machen. 

«Staycation» nennen Touristik-Profis dieses Reiseverhalten, das Ferienmachen im eigenen Land postuliert. In der Schweizer Variante hiesse das: Caumasee statt Cagliari, Munot statt Murcia, Valbella statt Valencia.
 

SBB und Postauto streichen touristischen Verkehr

Die SBB und Postauto stellt bis zum 26. April den touristischen Verkehr, Extrafahrten und Gruppenreisen ein. Der reguläre öffentliche Verkehr verkehrt weiterhin gemäss Fahrplan.

Gemäss der Anordnung des Bundesamts für Gesundheit (BAG) müsse der öffentliche Verkehr auch während einer Epidemie oder Pandemie aufrecht erhalten bleiben, teilten SBB und Post als «Systemführer» am Freitag mit. Denn Angebotsreduktionen im öffentlichen Verkehr hätten gravierende Konsequenzen in verschiedenen Lebens- und Wirtschaftsbereichen.

Der Verkehr «auf rein touristischen Linien ohne Erschliessungsfunktion, Extrafahrten und historische Fahrten» werde jedoch eingestellt. Ausserdem würden sämtliche Gruppenreisen abgesagt. Sowohl SBB als auch Postauto zeigten sich kulant und erstatteten die Kosten für abgesagte beziehungsweise nicht-angetretene Reisen bis zum 26. April vollständig zurück, hiess es weiter.

Weniger Kontrollen

Zum Schutz der Mitarbeitenden setzten die SBB die Stichkontrollen im Regionalverkehr bis auf weiteres aus. In den Fernzügen würden die Kontrollen stark reduziert. Die Billetpflicht gelte jedoch auf allen Strecken weiterhin. Auf Catering im Speisewagen und Service am Platz werde ab Samstag vollständig verzichtet.

Wo möglich würden in Zukunft bei Zügen und Bussen bei Haltestellen alle Türen geöffnet, damit die Halteknöpfe nicht gedrückt werden müssten. Die Züge würden weiterhin mehrmals täglich gereinigt, insbesondere die Oberflächen beim Einstieg, dem Passagierräumen und im WC.

Dazu könnten bei tiefem Kundenaufkommen Reisezentren und Verkaufszentren geschlossen oder deren Öffnungszeiten angepasst werden. Wie bereits von verschiedenen Unternehmen umgesetzt wird der Ticketverkauf in den Bussen eingestellt und die vorderste Türe bleibt geschlossen.

Im internationalen Personenfernverkehr müsse mit weiteren Einschränkungen gerechnet werden. Der Güterverkehr hingegen werde so weit wie möglich im bisherigen Umfang aufrecht erhalten.

SBB und Post sorgten in Absprache mit dem Bundesamt für Verkehr (BAV) für die Umsetzung der Empfehlungen des BAG im gesamten öffentlichen Verkehr, hiess es. Den Passagieren werde weiterhin empfohlen, möglichst nicht zu Stosszeiten zu fahren.

(sda/tdr)