Vor gut zehn Jahren haben Ebner, Schiltknecht, Blocher eine Vision nach der andern entwickelt: die Pharma Vision, die BK Vision, die Stillhalter Vision. Die Anleger, darunter Kleinanleger, zahlten ein, die Verwaltungsräte, immer schön zu dritt, fungierten als Anlagemanager. Deren Vision bestand darin, dass sie die Gelder klumpenartig in jeweils zwei, drei Grosskonzerne investierten. Sich selber zahlten die drei Verwaltungsräte «erfolgsabhängige Honorare» aus.
Das Schema dahinter war transparent – und ehrgeizig. Das Trio wollte sich erst dann entlöhnen, wenn die jährliche Rendite ihrer Anlagen sechs Prozent übersteigen würde. Just das gelang Ebner, Schiltknecht, Blocher vortrefflich. Zumindest am Anfang, in den späten neunziger Jahren, erzielten sie derart hohe Renditen, dass ihre Honorare gen Himmel stiegen: auf sechs oder noch mehr Millionen im Jahr, je nach Erfolg.
Später brachen sämtliche Visionen ein, sodass viele Anleger, darunter auch Kleinanleger, viel Geld verloren haben. Aber das ist das Risiko jedes Aktionärs.
Hier interessieren die Saläre von Ebner, Schiltknecht, Blocher. Ihre Dimensionen waren damals neu. Heute, da sie schon (fast) an der Tagesordnung sind, treten just Ebner, Schiltknecht, Blocher als Kritiker auf. Dabei attackieren sie nicht direkt ihren früheren Lohn, aber immerhin den Mechanismus dahinter. Ihr damaliges Honorar hing voll an der Aktienkursperformance. Heute doziert Professor Kurt Schiltknecht, dass diese Aktienperformance kaum je der persönlichen Performance entspreche, sondern schlicht den kurzfristigen Trends an den Aktienbörsen folge: «Untersuchungen zeigen, dass ein beträchtlicher Teil des damaligen Kursanstiegs nichts mit der Leistung der Manager zu tun hatte, sondern dem generellen Rückgang der Risikoprämie auf den Aktienmärkten zuzuschreiben war.»
Obschon die Ebner-Schiltknecht-Blocher-Löhne nicht gerechtfertigt waren, haben sie ihre Wirkung entfaltet. Alle andern Wirtschaftsführer haben sich an ihnen orientiert. Oder wie es Schiltknecht sagt: «Die Offenlegung liefert den Beratungsgesellschaften und Entschädigungskomitees zusätzliche Argumente, um die jeweils niedrigsten Managementsaläre noch schneller nach oben anzupassen.»
Was lernen wir Normalverdiener aus dieser Diskussion? Dass Transparenz ein Mittel zum Zweck ist. Genau das haben auch die Gewerkschafter demonstriert. Ihre letzte erfolgreiche Kampagne hiess «Kein Lohn unter 3000 Franken». Die Migros wurde im Schweizer Fernsehen namentlich an den Pranger gestellt, Denner ebenfalls, und am Ende spurte die ganze Branche. Seither gibt es praktisch keinen Lohn mehr unter 3000 Franken.
Wer mehr Lohn will, muss nicht mit Performance und solchem Kram argumentieren; echte Leistung ist ohnehin kaum messbar. Wer mehr Lohn will, muss mit dem Finger auf das eigene Gehalt zeigen, das zu tief sei, während andere, die Vergleichbares leisteten, mehr verdienten. Diese andern Leute müssen wir namentlich nennen können, sonst lacht jeder Chef.
Also müssen wir richtig subversiv werden: indem wir auf den Stufen unterhalb der Spitzenverdiener ebenfalls für eine Offenlegung der Gehälter sorgen. Sobald sich jeder Mitarbeiter samt Jahreslohn und -pensum in eine offene Lohnliste einträgt, können auch wir Normalverdiener wie der grosse Marcel O. fragen, warum unser Kollege Daniel V. mehr verdiene, obschon Daniel V. kaum mehr leiste.
Klar, an derart offenen Lohngesprächen werden unsere Vorgesetzten, die den wahrhaftigen Ospels und Vasellas etwas näher stehen, keine Freude haben. Es ist daher auch kein Wunder, dass wirklich offene Lohnlisten bis jetzt erst in alternativen Betrieben wie der Alternativen Bank Schweiz zirkulieren, wo der höchste Lohn nur fünfmal höher ist als der tiefste, weil nur dies «sozial verantwortlich» sei – aber es gibt eigentlich keinen Grund, dass eine offene Lohnliste in egalitären Zuständen wie bei der Alternativen Bank enden muss. Es geht ja nur darum, dass die Löhne auf allen Stufen in Bewegung geraten. Wir Normalverdiener erreichen dies erst, wenn wir dieselben Methoden anwenden. Gier muss nicht unbedingt mit Gier, aber Transparenz muss mit Transparenz beantwortet werden.