Höhenluft
Der Aktienhändler Martin Ebner ist der erfolgreichste Geldvermehrer des Landes. Begonnen hat der BZ-Gründer 1985 mit einem Kredit über 7 Millionen Franken. Heute kontrolliert er ein 6-Milliarden-Imperium und zieht auf dem Schweizer Finanzplatz die Fäden. Mit seiner Attacke gegen die Winterthur-Versicherung hat der umstrittene Shareholder- Aktivist einen neuen Höhepunkt der Macht erlangt.

Denen da oben wollte er es zeigen. Furchtlos wie David, der seinen kolossalen Gegner - trickreich, aber zweifellos zu Recht - mit einem gezielten Kopfschuss niedergestreckt hatte. Als Martin Ebner dem Grand old man der Winterthur-Versicherung, Peter Spälti, mit geballten Aktienaufkäufen gleichsam die Pistole auf die Brust setzte, liess er dem 66jährigen Wirtschaftskapitän keine Chance. Eiskalt drohend zwang er den Mann auf die Knie, der ihn vor wenigen Monaten noch als neuen, massgeblichen Miteigentümer der Immobilienfirma Intershop begrüsst und dem ramponierten Image des Grossbankenschrecks damit in den wählerischen Kreisen des Schweizer Wirtschaftsestablishments zu einer gewissen Rehabilitation verholfen hatte.

Seit der hastig anberaumten Pressekonferenz vom 11. August 1997, anlässlich derer die faktische Übernahme der «Winterthur» durch die Credit Suisse Group als wirtschaftshistorisches Ereignis abgefeiert wurde, liess sich trefflich über alle möglichen Motive spekulieren, die den ehemaligen Handballgoalie Spälti dazu veranlasst haben mögen, mit einem behenden Hechtsprung hinter der Credit Suisse Group in Deckung zu gehen. Soviel steht fest: Ohne Ebners akute Übernahmedrohung hätte der frühere Generalstabsoberst einem solchen Defensivmanöver - egal, ob man die faktische Eingliederung des traditionsreichen Versicherungskonzerns unter dem Holdingdach der Credit Suisse nun lieber Fusion, Absorption oder neudeutsch Pooling of Interest nennen möchte - nie und nimmer zugestimmt. Einen anderen Ausweg als eine kapitalmässige Verflechtung aber schien Spälti, angesichts von Ebners rasantem Paketaufbau, nicht mehr zu sehen. Nur durch die übereilt vollzogene Anlehnung an einen noch potenteren Partner liess sich verhindern, dass die «Winterthur» vollends zum Spielball von Ebners unwägbaren Interessen geriet.

Der Matador der Schweizer Bankenszene darf sich nach geschlagener Schlacht von den Massenmedien einmal mehr als visionärer Finanzstratege und genialer Geldvermehrer feiern lassen. Tatsächlich ist es dem BZ-Banker und seiner anonymen Entourage auf schier wundersame Weise gelungen, in wenigen Monaten einen Spekulationsgewinn von babylonischen Ausmassen einzufahren - steuerfrei und, um es verkürzt auszudrücken, ohne dafür mehr als auch nur eine messerscharfe Überlegung zu machen. Darüber hinaus hat der schillernde Starbanker im Fall des Winterthurer Assekuranzkonzerns etwas erreicht, was in der Schweizer Wirtschaftsgeschichte bisher noch keiner bewerkstelligt hat: den ersten erfolgreichen Raid auf ein multinationales Grossunternehmen.

Martin Mauritius Ebner, Multimilliardär mit Steuerwohnsitz im Kanton Schwyz, hat just an seinem 52sten Geburtstag eine neue Stufe der Macht erklommen. In angelsächsischen Breiten, wo man sich des Treibens von Glücksrittern seines Zuschnitts und der von ihnen immer mal wieder angezettelten Übernahmeschlachten seit geraumer Zeit gewohnt ist, hat der Innerschweizer Aktienhändler sein Image längst weg: Ein Firmenräuber («corporate predator») wird der vermeintliche Robin Hood der Aktionäre von der angesehenen «Financial Times» gescholten, während das «Wall Street Journal» in Ebner ein seltenes Exemplar einer in Kontinentaleuropa gegenwärtig noch kaum verbreiteten Spezies von aggressiven Shareholder-Aktivisten erkannt hat. Im Fall des von Ebner mit Fleiss beförderten Allfinanz-Mergers zwischen Credit Suisse und «Winterthur» spricht indessen auch das kapitalistische Zentralorgan unverblümt von einem Eheversprechen unter vorgehaltenem Gewehr («shotgun wedding»).

Der Raider aus Passion, wiewohl erneut um Hunderte von Millionen schwerer, hat damit sein eigentliches Primärziel - die alleinige Kontrolle über einen international erfolgreichen Finanzkonzern - abermals verfehlt. Man erinnert sich: Als sich Ebner 1993 auf das prestigeträchtige Duell mit der Schweizerischen Bankgesellschaft einliess, war - psychologisch gesehen - bereits einiges klar. Zumindest für Eingeweihte, denn im kleinen Kreis hatte der aufstrebende Aktienhändler und spätere Gründer der Zürcher BZ Bank den persönlichen Beweggrund seiner Attacke schon wesentlich früher offenbart, damals, als er noch in Diensten der Bank Vontobel stand. Wie ehemalige Arbeitskollegen bezeugen können, hatte Ebner zu Beginn der achtziger Jahre dort mit folgender Äusserung Furore gemacht: Sein Ziel sei es, eines schönen Tages in der Chefetage der Bankgesellschaft aufzukreuzen, um deren obersten Repräsentanten ultimativ mitzuteilen, dass dieser jetzt sein «Mäppli» packen könne.

Ein salopper Spruch vielleicht, jedoch mit Sicherheit einer, der im Rückblick manch erhellenden Schluss zulässt. Wenn ein bodenständiger, aus engen Verhältnissen stammender «Chrampfer» überhaupt als elitär bezeichnet werden kann, so trifft dies bei Ebner, der sich prinzipiell nur mit den Besten misst, vorab auf seinen masslosen Ehrgeiz zu. Bereits als junger Berufseinsteiger war der Sohn eines deutschstämmigen Druckereiangestellten vom brennenden Wunsch beseelt, den Geldfilz an der Limmat aufzumischen; und zwar dergestalt, dass am Ende womöglich er - gesellschaftlicher Parvenü und Einzelkämpfer - bei einem Finanzinstitut von herausragender Statur und Ansehen auf der Kommandobrücke stehen würde.

Begonnen hat Ebners ungemein steile Unternehmerkarriere just an dem Ort, wo sein neuester Triumph wohl am meisten schmerzt: in Winterthur. An der Merkurstrasse 12, einem Annexgebäude des ehrwürdigen Volkart-Rundbaus, startete Martin Ebner im Frühjahr 1985 jenes Unternehmen, das seither unter der Bezeichnung BZ Bank Zürich schier unablässig für Schlagzeilen sorgte. Bekanntlich war es der Rohstofferbe Andreas Reinhart, der dem ehrgeizigen Jungbanker nach seinem Rauswurf bei der Bank Vontobel zum Sprung in die unternehmerische Selbständigkeit verholfen hat. Reinhart, der in der Eulachstadt über ein vielfältiges Beziehungsnetz verfügt, empfahl Ebner dem seinerzeitigen Leiter des Winterthurer Bankverein-Sitzes, Bernhard Flotron. Dieser überliess dem Spross aus bescheidenem Haus, der damals ausser einem Eigenheim und einigen hunderttausend Franken keine Sicherheiten vorzuweisen hatte, das notwendige Kapital für die Eröffnung seiner alsbald florierenden Aktienboutique: einen Kredit in Höhe von sieben Millionen Franken. Wen erstaunt es da noch, wenn derselbe Flotron heute bei Intershop als VR-Delegierter von Ebners Gnaden amtiert und als Belohnung für seine frühe Hilfestellung kürzlich auch noch den Präsidentensessel der inzwischen mit einer eigenen Banklizenz ausgestatteten BZ-Tochter OZ (Optionen und Futures AG) besteigen durfte?

Zu den ersten Kunden von Ebners neugegründeter BZ Bank gehörten die inländischen Versicherungskonzerne, darunter auch die «Winterthur». Ihnen gefiel der frische, von amerikanischen Vorbildern geprägte Way of business, den der blonde Fliegenträger schon als Leiter der Institutionellensparte bei der Bank Vontobel an den Tag gelegt hatte. Gezielt richtete Ebner auch sein eigenes Unternehmen auf die milliardenschweren Kapitalsammeltöpfe der Wirtschaft aus, indem er den verantwortlichen Vermögensverwaltern einen massgeschneiderten Brokerservice offerierte, der damals in der Schweiz andernorts nicht zu bekommen war. Insbesondere das von Ebner mit Verve betriebene Blockhandelsgeschäft blühte derart auf, dass sich in den Folgejahren auch vermögende Privatiers aus dem In- und Ausland, wie etwa Roche-Steuermann Fritz Gerber, Nationalrat Christoph Blocher, Rohstoffhändler Marc Rich, der Industrielle Stephan Schmidheiny, Fiat-Boss Gianni Agnelli, das Fürstenhaus von und zu Liechtenstein und seine Exzellenz Sultan von Brunei für die professionellen Dienste des Hurdeners zu interessieren begannen.

Drei Jahre nach Ebners erfolgreicher Firmengründung kam es im Frühjahr 1988 bereits zum ersten landesweiten Eklat: «Die Verwaltungsräte der Bank Leu und der BZ Bank Zürich teilen mit, dass Gespräche über ein Zusammengehen der beiden Gesellschaften in eine Holding geführt werden», lautete die Kernaussage eines dürren Communiqués, welches den Nachrichtenagenturen am 5. Mai 1988 durchgefaxt wurde und auf dem Finanzplatz wie eine Bombe einschlug. Die als unverdächtiges Fusionsprojekt getarnte Nachricht sollte sich Wochen später als erster versuchter Firmenraid entpuppen, den Martin Ebner gemeinsam mit seinem Jugendfreund und seinerzeitigen Leu-Präsidenten Kurt Schiltknecht sowie Rolf Hänggi, Finanzchef der Zürich-Versicherung, ausgeheckt hatte. Wie aufgrund von vertraulichen Informationen aus der Führungsetage der Leuen bekannt wurde, hätte das Kapital der über Leu und BZ Bank aufzuspannenden Holdinggesellschaft nach den Plänen der drei wie folgt aufgeteilt werden sollen: Weniger als die Hälfte der verfügbaren Stimmen wäre den bisherigen Leu-Aktionären zugeteilt worden, womit sich diese a priori in der Minderheit befunden hätten. Rund 30 Prozent wollten sich Ebner und die namenlosen Gesellschafter der BZ-Gruppe sichern, und die restlichen 22 Stimmenprozente wären der Zürich-Versicherung zugefallen, die via Rolf Hänggi, dem Offiziersschulkollegen von Major Martin Ebner, damals ebenfalls eng mit der BZ-Gruppe verbandelt war. Während Schiltknecht weiterhin als VR-Präsident amtieren würde, sollte Hänggi den Job des Vizepräsidenten übernehmen und Ebner den Part des Geschäftsführers spielen.

Bekanntlich wurde das umstrittene Holding-Projekt, das auf ein Takeover des Zürcher Kreditinstituts hinausgelaufen wäre, vom Verwaltungsrat der Leuenbank nach vierwöchigem, intensivem Seilziehen letztendlich abgeschmettert. Zwei Jahre danach verlor die traditionsreiche Bank dann gleichwohl ihre Unabhängigkeit und landete in den Fängen von Rainer Guts CS Holding. Ende 1993 trat auch Ebner sein Leu-Paket mit einem Börsenwert von über 150 Millionen Franken an die CS Holding ab (für jeweils sechs Leu-Aktien erhielt die Ebnersche BK Vision je eine CS-Inhaberaktie plus eine Barauszahlung von 720 Franken). Ebner taktierte geschickt und verkaufte die eingetauschten Aktien kurze Zeit später an die Credit Suisse zurück, wobei er erneut eine ansehnliche Prämie herausschlug. «Ebner drohte, der CS das Leben so schwer zu machen, dass er einen hohen Paketzuschlag herausholen konnte», wurde die Transaktion seinerzeit vom Fachmagazin «Business Week» kommentiert: «The closest thing to greenmail Switzerland has seen.» Frohe Aussichten für CS-Präsident Rainer Gut also, wenn er nach erfolgtem Titeltausch mit der «Winterthur» den ihm wohlbekannten BZ-Strategen abermals im Aktionariat seiner erweiterten Grossbankengruppe willkommen heissen darf? Im Unterschied zu damals freilich würde Ebner - vorausgesetzt, er liefert sein Aktienpaket tatsächlich ein - auf einen Schlag zum mit Abstand grössten Einzelaktionär der Credit Suisse.

Parallelen zur 1988 gescheiterten Leu-Übernahme, wie sie nach der Ankündigung des erzwungenen Allfinanz-Mergers verschiedentlich insinuiert wurden, hält Kurt Schiltknecht, seit 1990 verantwortlicher Leiter von Ebners BZ Trust, für an den Haaren herbeigezogen. «Wir hatten damals sehr präzise Vorstellungen», erinnert sich der Professor. «Sogar das neue Organigramm war schon gezeichnet.» Und im neuesten Fall? Wenn ein gewichtiger Aktionär ausdrücklich eine Beteiligung von über 50 Prozent anstrebe, so Schiltknecht, liege es doch auf der Hand, dass man mit der betroffenen Gesellschaft auch Strategiegespräche führe. Natürlich hätten in den letzten Wochen bei verschiedenen Kontakten mit der «Winterthur»-Spitze auch diverse Möglichkeiten einer mehr oder weniger engen Zusammenarbeit - etwa im Bereich der Beratung oder einer Einsitznahme der BZ im Verwaltungsrat der Versicherung - zur Debatte gestanden. Jedoch: «Über ein konkretes Zusammengehen wie im Fall der Bank Leu wurde nie diskutiert.»

Dass entsprechende Verhandlungen tatsächlich stattgefunden haben, wird auch seitens der Versicherung bestätigt. «Wir haben das Gespräch mit Herrn Ebner immer gesucht», beteuert der entmachtete «Winterthur»-Boss Peter Spälti im Nachhinein seinen Kooperationswillen. Allfällige Synergien, die aus einer Zusammenarbeit mit Ebners Aktienboutique hätten entstehen können, schien man in der Chefetage des Versicherungsmultis hingegen nur mit Mühe zu orten. Aufgrund ihrer beschränkten Kundenbasis hätte die BZ-Gruppe dem international tätigen Versicherungsriesen kaum zusätzliche Vertriebskanäle anbieten können. In Tat und Wahrheit scheiterten Ebners Avancen aber an einem sehr viel tiefer liegenden Problem, seiner mangelnden Glaubwürdigkeit. Was hätte der schlaue Taktierer, einmal an den Hebeln der Macht, mit dem milliardenschweren Traditionshaus vorgehabt? Hätte er es wie eine fette Weihnachtsgans geschlachtet, in seine Einzelteile zerlegt und diese anschliessend gewinnbringend an die ausländische Konkurrenz verscherbelt? Man weiss es nicht. Sicher ist nur, dass der Raider aus Zürich - und dies nicht allein an der Eulach - ein erhebliches Imageproblem hat. «I don’t want him to piss on my desk», äussert in diesem Zusammenhang ein ranghoher «Winterthur»-Mann seine Befürchtungen.

«Der BZ-Gruppe gelingt es, die Aktienmehrheit zu erwerben. Mit einem starken Aktionär im Rücken würden Verwaltungsrat und Geschäftsleitung der Winterthur die 1992 neu formulierte Strategie noch rascher und konsequenter umsetzen», heisst es beschwichtigend im ersten, von Martin Ebner präferierten Szenario eines ominösen Aktionärsbriefs, den der BZ Trust seiner Kundschaft am 6. August zustellen liess. Ominös wirkte das Schreiben, in welchem unter Variante zwei auch gleich noch die geplante Übernahme durch die Credit Suisse Group ausposaunt wird, nicht nur aufgrund seines geschickt gewählten Erscheinungsdatums, sondern vor allem, weil es provokativ mit «Sommerliche Visionen» überschrieben war.

Dazu muss man wissen, dass die Fusionsvorbereitungen der beiden Konzerne - wie in solchen Fällen üblich - unter strenger Geheimhaltung vorangetrieben wurden, mit dem vorrangigen Ziel, allfällige Insidergeschäfte an der Börse zu verunmöglichen. Seit der Entscheid für eine kapitalmässige Verflechtung Mitte Juni in den beiden Konzernzentralen gefallen war, wurde das Mergerprojekt intern «Albani» genannt. Um die beteiligten Akteure ihrerseits zu anonymisieren, erhielt die Versicherung den Codenamen «Dupont» (dem Vernehmen nach besitzt die Industriellenfamilie Du Pont in den USA eine Villa namens Winterthur), während der Credit Suisse Group zwecks Verschleierung ihrer Identität die Bezeichnung «Summer» (englisch für Sommer) übergestülpt wurde.

Die Koinzidenz mit dem Titel des besagten Aktionärsbriefs bezeichnet BZ-Sprecher Schiltknecht locker als «amüsanten Zufall», da man im voraus, wie er versichert, von den geheimen Fusionsplänen der Gegenseite nichts gewusst habe. Eine pure Schutzbehauptung? Als erfahrener Prognostiker wird der Wirtschaftsprofessor wohl wissen, dass man die sogenannte Szenariotechnik in der Regel bei Entscheidungen unter Unsicherheit anwendet. Nur: So engmaschig wie die Informationskanäle auf dem Zürcher Bankenplatz gewirkt sind, kann aus heutiger Sicht mit an Sicherheit grenzender Wahrscheinlichkeit ausgeschlossen werden, dass das Ebner-Lager von den Fusionsabsichten nicht vorzeitig Wind bekommen hat. Aufgrund der historischen Dimensionen des Deals waren im Endstadium allein auf seiten der «Winterthur» Dutzende von Mitarbeitern in die Vorbereitungsarbeiten involviert. Von Insiderproblematik wagt man schon deshalb kaum zu sprechen, weil bei der Eidgenössischen Bankenkommission (EBK) - zu der die BZ-Gruppe traditionell beste Beziehungen pflegt - mindestens ein halbes Dutzend Personen über den bevorstehenden Megamerger im Bild gewesen sind.

Wie extensiv das Schlüsselwort Diskretion auf dem Schweizer Bankenplatz von gewissen Kreisen ausgelegt wird, demonstriert auch Ebners gezielte Indiskretion vom 10. Juli 1997, als er vor Medienschaffenden an seinem Wohnsitz in Wilen die Schweizer Rück in kühler Voraussicht als weiteren Miteigentümer von Spältis Versicherungsgruppe outete. Ebner, der zu jenem Zeitpunkt zusammen mit seinen Kunden bereits ein Viertel sämtlicher «Winterthur»-Aktien aufgekauft hatte, plauderte den börsenrelevanten Sachverhalt mit der leicht fadenscheinigen Begründung aus, die BZ-Gruppe habe mit ihrer Kenntnis der infolge einer «Briefpanne» rein zufällig erhaltenen News nicht zum «Winterthur-Insider» werden wollen. «Die Art und Weise, wie die ganze Sache aufgepuscht wurde, riecht eigentlich stark nach versuchter Kursmanipulation», kommentierte ungewohnt scharf die «Basler Zeitung».

Ist das ganze Theater um die «Sommerlichen Visionen» mithin eine Farce, Ebners plumper Versuch, sich bei seiner Anhängerschaft als scharfsichtiger Visionär zu profilieren? Selbst wenn der stets gut informierte Aktienhändler von nichts gewusst haben sollte, wäre es naiv, bei den von Ebner im Vorfeld publizierten Alternativszenarien von einer Entscheidungssituation unter Unsicherheit zu sprechen. In engen Märkten - eine Bezeichnung, die auf den Handel mit «Winterthur»-Titeln fraglos zutrifft - wirkt der Einstieg eines finanziellen Power-Hauses wie der BZ-Gruppe zwangsläufig als «self fullfilling prophecy». Von den Myriaden von Trittbrettfahrern, die sich an der Börse tummeln, ganz zu schweigen. Im übrigen wird rückblickend keiner behaupten wollen, dass es besonderen Spürsinns oder gar hellseherischer Fähigkeiten bedurfte, um zu erkennen, dass die Aktien der «Winterthur» schon seit längerer Zeit markant unterbewertet waren.

Immerhin konnte Ebner mit seinem jüngsten Coup endlich wieder einmal beweisen, dass er nebst juristischen Dauerquerelen auch noch in der Lage ist, für seine Aktionäre hin und wieder finanziellen «Mehrwert» zu schaffen. Ein Beweis, den er bei seiner jahrelangen Belagerung der Schweizerischen Bankgesellschaft (heute UBS) schuldig geblieben ist. Als Ebner im April 1993 zum Angriff auf dieses urschweizerische Bollwerk des Geldes ansetzte, war das Institut noch voll im Saft. Gemessen an den verwalteten Kundenvermögen war (und ist) die SBG gewissermassen ein Supertanker, der allein schon aufgrund seiner schieren Tonnage im Publikum Respekt erheischt. So galt die militärisch straff geführte Bank denn auch international unumstritten als Flaggschiff des helvetischen Finanzplatzes - zumindest so lange, bis Ebner mit dem Ruf zum Entern auf den Lippen den Koloss zu destabilisieren begann.

 

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