Der für die zweite Jahreshälfte vorgesehene Börsengang der renditeträchtigen High-End-Sportwagentochter Ferrari hinterlässt im Fiat-Konzern eine schmerzliche Lücke. Konzernchef Sergio Marchionne muss nunmehr voll auf die andere sportliche Kultmarke im Konzern setzen. Maserati soll das Vakuum füllen, das nötige Prestige bringen und soll entsprechend massiv ausgebaut werden, wie er jetzt in einem Gespräch mit Bloomberg News sagte.
Die fetten Erträge bei Ferrari und das glasklare Image einer der wertvollsten Marken der Welt haben in den vergangenen Jahren weltweit die Geschäfte mit den eher bodenständigen Konzernmarken Dodge, Jeep, Fiat und Chrysler unterstützt, die schliesslich den Grossteil des Umsatzes beim US-italienischen Konzern Fiat Chrysler Automobiles NV ausmachen. Marchionne setzt auf den Erfolg einer Neupositionierung von Maserati im Konzern, verbreitert mit einem sportlichen SUV und einem neuen Coupé die Modellpalette und eröffnet prätentiöse Niederlassungen in mondänen Orten der USA vom kalifornischen San Jose bis nach Westport in Neuengland.
Als Alternative zu BMW und Co. etablieren
«Maserati ist für uns sehr wichtig», sagte Marchionne, «schliesslich wird Maserati nach dem Ferrari-Börsengang die Rolle als begehrteste und exklusivste Marke in unserem Konzern übernehmen».
Im bedeutenden US-Automarkt hat Maserati bereits einen guten Namen, wenn es um Leistung und Exklusivität geht, und das Luxussegment verkauft sich derzeit dort sehr gut. Das Problem ist die mächtige und zahlreiche Konkurrenz - denn Marken wie Mercedes-Benz, BMW, Audi und Lexus buhlen hier um die anspruchsvolle Kundschaft. So muss sich der in den USA günstigste Maserati, die Sportlimousine Ghibli für 69'800 Dollar (63.000 Euro), als Alternative zur 5er-Reihe von BMW oder der Mercedes E-Klasse etablieren.
Nach Erfolgen stockt nun den Motor
Aber nach achtbaren Erfolgen kommt der Motor nun etwas ins Stocken. Im Jahr 2014 konnte Maserati die Auslieferungen auf 36'488 Exemplare mehr als verdoppeln. Aber in den ersten vier Monaten des laufenden Jahres sank der Absatz um neun Prozent auf 7306 Fahrzeuge. Der Gewinn im ersten Quartal gab gar um 39 Prozent auf 40 Millionen Dollar nach, was Fiat vor allem auf den sich abschwächenden Automarkt in China zurückführte.
Und für den 2013 präsentierten Maserati Ghibli müssen US- Händler inzwischen satte Rabatte bieten. Im Mai wurden für das Modell im Durchschnitt 9602 Dollar Preisnachlass geboten, was mehr als dem Dreifachen des Februar-Werts entsprach, geht aus Daten von Autodata Corp. hervor.
«Einige der Händler sind mit Unterstützung von Maserati bei den Verkaufshilfen etwas aggressiver geworden und das schmälert etwas die Coolness der Marke», sagt Mark Akbar von AutoNation Inc., Betreiber der Niederlassung in San Jose. Es handele sich um ein gutes und leistungsfähiges Fahrzeug, aber die Marge sei seit der Einführung des Ghibli deutlich geschrumpft.
101 Jahre alte Tradition
Die Marke zählt zu den traditionsreichsten Automarken überhaupt und kann auf eine 101 Jahre alte Tradition zurückblicken. Der erste Wagen unter dem Namen Maserati wurde 1926 gebaut und feierte unmittelbar grosse Erfolge auf Rennstrecken. 1929 setzte Maserati den ersten von vielen Geschwindigkeitsweltrekorden mit seinerzeit 246 Stundenkilometern. Damals entstand auch das prägnante Maserati- Markensymbol mit dem Dreizack, das an eine Statue des römischen Gottes Neptun in der Gründungsstadt Bologna angelehnt ist.
In den letzten Jahrzehnten stand Maserati allerdings immer im Schatten der grossen anderen Konzernmarke Ferrari. Bei der Exklusivität bleib Maserati allerdings lange Zeit auf Augenhöhe mit Ferrari: Erst im Jahre 2013 überschritt die Produktion die Marke von 10'000 Fahrzeugen. Zu Fiat zählt Maserati seit dem Kauf im Jahre 1993, aber erst in den letzten fünf Jahren ist der alte Nimbus von Leistung und Luxus gezielt wiederbelebt worden. Die Marge von zehn Prozent ist damit das Dreifache des Wertes im Gesamtkonzern, bleibt aber hinter jener von Ferrari mit 13 Prozent zurück.
«Marchionne tut gut daran, keinen Fehler zu machen»
Einen festen Platz hat Maserati bei der von Marchionne ausgebenen Strategie. Ebenso wie Alfa Romeo und Jeep will der CEO Maserati zur globalen Automarke ausbauen und den Nettogewinn verfünffachen. Nur so lassen sich die Entwicklungskosten für neue Modelle stemmen. Die Marge bei Maserati soll bis 2018 15 Prozent erreichen und der Absatz sich auf 75'000 Exemplare nahezu verdoppeln. Helfen soll unter anderem die bis zum Jahresende von 104 auf 125 erhöhte Zahl von Maserati-Händlern in den USA.
Dazu soll auch das neue SUV Levante beitragen. «Sie haben noch viel vor sich», sagte Joe Phillippi, Präsident beim Berater AutoTrends Inc. in Andover im US-Bundesstaat New Jersey. «Aber da mitzuspielen ist unglaublich teuer. Marchionne kann sich keinen Fehltritt leisten. Angesichts der Volumen, die er anpeilt, tut er gut daran, keinen Fehler zu machen.»
(bloomberg/ccr)