Das Team heisst Chelsea und in dem Match geht es um viel. Es geht um die grosse Frage, wem der englische Spitzenfussballclub künftig gehören wird. Clubbesitzer Roman Abramowitsch muss sich nach 19 Jahren von seinem liebsten Spielzeug trennen, weil er im Westen wegen seiner Verbindungen zum Kreml zur Persona non grata geworden ist. Grossbritannien hat den Besitz des Oligarchen eingefroren, die EU und die Schweiz haben den russischen Milliardär sanktioniert.
Seit Freitag sind einige der Investoren bekannt, die Chelsea kaufen wollen. Ganz oben auf der Namensliste ist Hansjörg Wyss zu sehen. Der 86-jährige Berner Milliardär hat gemeinsam mit dem US-Finanzinvestor Todd Boehly und dem britischen Immobilienunternehmer Jonathan Goldstein ein Angebot eingereicht.
Jetzt kennt das Trio einige seiner Gegenspieler. Es sind keine Leichtgewichte:
So ist der Londoner Immobilien-König Nick Candy mit einer Offerte über 2 Milliarden Pfund (knapp 2,5 Milliarden Franken) in den Ring gestiegen. Candy, lebenslanger Fan der «Blues», hat dafür mit der südkoreanischen Hana Financial Group und der britischen C&P Sports Group zusammengespannt. Candy versüsst sein Gebot mit dem Versprechen, den Chelsea-Fans einen Sitz in der Clubführung zu geben. Auch ein neues Stadion Stamford Bridge will der Immobilienunternehmer bauen.
Eine starkes Angebot ist aus den USA eingetroffen: Ken Griffin, Gründer des Hedgefonds Citadel, und die Familie Rickett, Besitzer der Baseball-Franchise Chicago Cubs, sind am Spitzenclub interessiert.
Ebenfalls gemeinsam unter den Bietern (laut der Financial Times): Milliardär Josh Harris, Gründer der Wall-Street-Firma Apollo Global Management und Martin Broughton (Ex-Chef von British Airways und dem FC Liverpool). Harris ist bereits ein Sport-Impresario, ihm gehören Anteile an den Pittsburgh Steelers (Football), den Philadelphia 76ers (Basketball), New Jersey Devils (Hockey), und Crystal Palace FC aus der Premier League. Seinen Anteil an Crystal Palace müsste Harris wahrscheinlich verkaufen, wenn er bei Chelsea zum Zuge kommt.
Auch Woody Johnson aus der Erbenfamilie des Konsumgüterkonzerns Johnson & Johnson (und Besitzer des Football-Teams New York Jets) sowie die US-Investmentgruppe Oaktree Capital wollen je ein Angebot einreichen, wie der Sportsender ESPN berichtet.
Der Chelsea-Deal könnte auch einem grossen Rivalen zunutze kommen: Der kanadische Fondsmanager Crimson Asset Management hält die Aktie von Manchester United für viel zu tief bewertet. Die Titel von ManU sanken im letzten halben Jahr um 29 Prozent auf aktuell 2,1 Milliarden Dollar.
Das sei viel zu tief mit Blick auf die riesige Nachfrage nach Sportübertragungsrechten. Immer mehr Technologiegiganten versuchen, Live-Events in ihre Streaming-Dienste einzubinden, sagte Crimson-Gründer Ken Jesudian. «Das ist ein Geschäft, das sich stark verändert hat, und es gibt nur sehr wenige Möglichkeiten, einen Teil einer ikonischen Sportmarke zu besitzen.» Und weiter: «Das ist Manchester United. Das ist ein toller Brand», sagte Jesudian.
Er hält die Aktie weiter für tief bewertet, zumal sich zahlreiche finanzkräftige Personen um die Macht bei Chelsea schlagen. Mit Premier-League-Fussball kann man ganz viel Geld verdienen.
Downing Street muss einverstanden sein
Ursprünglich wollte offenbar auch die saudische Mediengruppe Saudi Media Group bieten. Die Gruppe aus dem autokratisch regierten Wüstenstaat galt aber als chancenlos – denn Downing Street hat beim Verkauf ein gewichtiges Wort mitzureden. Die Regierung möchte den Club an einen Eigentümer verkaufen, der so wenige Probleme wie möglich mit sich bringt. «Die Regierung wird auch sicherstellen wollen, dass nichts vom Erlös auf Abramowitschs Bankkonto landet», sagte Kieran Maguire, ein Fussball-Ökonom von der Universität Liverpool.
Boris Johnsons Regierung hat bereits klargestellt, dass der russische Oligarch nicht vom Deal profitieren darf. Abramowitsch wollte ursprünglich bis zu 3 Milliarden Pfund für den Club, für den er selber Unsummen ausgegeben hat. Nun wird er wohl kein einziges Pfund aus dem Verkauf erhalten. Vorerst zumindest.
Die neuen Eigentümer müssen grünes Licht von der Fussballliga erhalten, das dürfte aber nicht allzu schwierig zu bekommen sein. Die jüngste Übernahme von Newcastle United durch den Public Investment Fund von Saudi-Arabien wurde jedenfalls von der Premier League trotz der Kritik von NGO wie Amnesty International abgesegnet.
Die Bieter müssen auch nachweisen können, dass sie die vermutlich grösste Übernahme in der Geschichte des englischen Fussballs auch wirklich finanzieren können.
mbü, mit Material der Agentur Bloomberg.
Die Ära von Roman Abramowitsch bei Chelsea ist zu Ende. Neuer Besitzer möchte ausgerechnet der Schweizer Milliardär Hansjörg Wyss werden. ABO