«Ich bin ready», sagte ich am Telefon zu meinem Kollegen, der den McLaren MP4-12C zu Probefahrt und geplantem Fotoshooting abgeholt hatte. «Meine Leica ist bereit für den edlen Renner.»
- Motor: 3,8-Liter-V8-Twin-Turbo
- Leistung: 625 PS / 600 Nm
- Höchstgeschwindigkeit: 333 km/h
- Beschleunigung: von 0 auf 100 km/h in 3,1 Sekunden
- Verbrauch: 11,7 Liter (Werksangabe)
- Richtpreis: ab 270 000 Franken
Stille.
«Das Auto ist rot», entgegnete er.
Stille.
«Dann komme ich ohne Kamera. Und wir drehen dafür eine Runde auf der deutschen Autobahn.»
Rote Autos? Ich würde mir nicht einmal einen Ferrari in Rot bestellen. Einen McLaren erst recht nicht. Den möchte ich in Silber, Grau oder Schwarz. Auch wenn es nur zum Fotografieren ist.
Nun gut, so schlecht sah der scharf geschnittene Supersportler nicht aus, in diesem Volcano Red. Die breiten Flanken des McLaren bildeten in der Frühsommersonne einen glänzenden Kontrast zu den grauen Felgen, den dunkel getönten Fensterflächen und den schwarzen Lamellen im Kühler.
«Ich hole die Kamera doch», sagte ich, öffnete die Flügeltüren des Renners und glitt, soweit dies bei meiner Statur überhaupt möglich ist, hinters Lenkrad. Ein Blick ins dezent gestylte Cockpit, und los gings: Kamera holen und vorerst gemütlich ab Richtung Grenze.
Was einem andere Hersteller übel nehmen – Tempofahrten auf freien deutschen Autobahnen –, wird einem von den Briten empfohlen. Mit gutem Grund: Die 600 PS beschleunigen den McLaren in lediglich 3,1 Sekunden auf Tempo 100, und bevor wir uns vom ersten Tritt in den tief gebetteten Hintern erholt hatten, zeigte der kleine Tacho schon weit über 250 Stundenkilometer an. Dabei brüllte der nur 3,8 Liter grosse V8-Motor wie die Trompeten von Jericho.
Begeisternd. Und nur in Zahlen zu fassen: 8,8 Sekunden dauert der Spurt auf Tempo 200, Schluss ist bei 333 km/h. Die erreichte ich nicht. Trotzdem sah ich auf der Rückfahrt wohl so geschafft aus wie der deutsche Fussballer Mesut Özil, als ich kurz vor dem Erreichen der Schweizer Grenze auf die Bremse stieg: Dank Formel-1-Hightech und dem sich aufstellenden Heckspoiler scheint der McLaren die Physik zu übertölpeln – und meine physischen Fähigkeiten ebenfalls.
Fazit: Mir zitterten im Supersportler vor Freude die Hände, weshalb die Bilder nichts wurden. Denn im Gegensatz zum McLaren verzeiht eine Leica keine Fehler.