Die Formel 1 sollte schon oft wieder verkauft werden, nun scheint der Milliarden-Deal konkrete Formen anzunehmen. Für 8,5 Milliarden Dollar will der Amerikaner John Malone mit seinem Unternehmen die Königsklasse des Motorsports übernehmen. Bernie Ecclestone bestätigte am Rande des Grossen Preises von Italien in Monza dem Fachmagazin «auto, motor und sport» die Abwicklung in den kommenden Tagen.

Kommt es tatsächlich dazu, dürfte auch die Ära des Noch-85-Jährigen mittelfristig wohl beendet sein. Ecclestone lenkt die Formel 1 seit Ende der 70er Jahre, sie ist sein Lebenswerk.

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Schwerreicher Interessent

Gehandelt wurden schon viele: Investmentgruppen aus China oder Katar. Malone will nun offensichtlich ernst machen mit seinem weltumspannenden Unternehmen Liberty Media. Laut Forbes soll der 75-Jährige knapp 6 Milliarden Dollar Vermögen besitzen.

Er gründete sein Unternehmen vor 25 Jahren. Malone, geboren in Milford im US-Bundesstaat Connecticut studierte an der renommierten Universität von Yale Elektrotechnik und Wirtschaftslehre. Hinzu kamen Abschlüsse im Management und eine Promotion in Philosophie.

Bei Eurosport investiert

Malone ist auch in Deutschland aktiv. Der Kabelnetzbetreiber Unitymedia ist eine Tochterfirma des Konzerns Liberty Global. Das Unternehmen mit Sitz in Köln ist nach Firmenangaben der grösste Kabelnetzbetreiber in Nordrhein-Westfalen, Hessen und Baden-Württemberg mit rund 7 Millionen Kunden.

Auch in der Schweiz ist Liberty Global seit Jahren aktiv: Der Firma gehört der Kabelnetzbetreiber UPC, ehemals bekannt unter dem Namen Cablecom. Malone soll zudem zweitgrösster Aktionär der Senderfamilie Discovery sein, der auch der Spartensender Eurosport gehört.

Noch gehört die Rennserie einer Investmentgruppe

Hauptaktionär ist das Investmentunternehmen CVC Capitals mit 35,1 Prozent Anteilen. CVC zählt zu den weltweit Grössten der Private-Equity-Branche und hat europäische Wurzeln. Hauptsitze sind Luxemburg und London.

Im März 2006 übernahmen CVC-Fonds die Mehrheitsbeteiligung an der Formula One Group. Für die Anteile der BayernLB an der Formel 1 zahlte CVC damals rund 840 Millionen Dollar.

Alles unter einem Dach

Im Mai desselben Jahres kaufte CVC ein Unternehmen, das Werbe- und Sponsoringpakete zur Formel 1 vermarktet sowie ein weiteres, das primärer Anbieter der VIP-Hospitality-Bereiche bei Formel-1-Rennen ist. Dort sind Geschäftsleute und Reiche in abgesperrten Bereichen unter sich – eine Dreitages-Karte für den Paddock-Club in Monza kostet in der Regel mehr als 4000 Euro.

Unter der Vermarktungs-Kontrolle von CVC ist auch die Nachwuchs-Serie GP2. «Damit kommen die gesamten Einkommensströme der FIA Formula One Word Championship unter einem Dach zusammen», schreibt CVC.

Ecclestone mit drittgrösster Beteiligung

Das Unternehmen hat das alleinige Stimmrecht. Weitere Anteilseigner an der Formel 1 sind unter anderem Waddell & Reed mit 20,9 Prozent. Ecclestone, der bei Verkauf vor gut zehn Jahren von CVC weiter als Geschäftsführer der Formel 1 eingesetzt wurde, besitzt 5,3 Prozent, sein Bambino Trust 8,5 Prozent.

Den Umsatz der Formel 1 gibt CVC selbst mit 1,700 Milliarden Euro an. Offiziell geht es um die «kommerzielle Verwertung von Sportrechten».

Verkauf wurde zum Gerichtsfall

Ecclestone musste vor Gericht. Von April bis August 2014 dauerte der Prozess in München. Der Vorwurf: Bestechung eines Amtsträgers und Anstiftung zur Untreue in einem besonders schweren Fall. Er sollte einem damaligen Bankvorstand 44 Millionen Dollar Bestechungsgeld beim Besitzerwechsel der Rennserie gezahlt haben. Im Gegenzug kassierte Ecclestone von der BayernLB eine Beraterprovision von 41 Millionen Dollar für seine Arbeit beim Formel-1-Verkauf.

Der Prozess wurde gegen Zahlung einer Geldauflage eingestellt: 100 Millionen Dollar. «Die Höhe der Auflage orientiert sich an den Vermögensverhältnissen des Angeklagten», erklärte der Richter damals – Ecclestone ist wie Malone Multimilliardär.

Fast 20 Jahre am Lenkrad

«Ich tue, was ich immer getan habe. Es ist meine Entscheidung, welche Rolle ich einnehme», sagte Ecclestone «auto, motor und sport». 1977 kaufte er die Werbe-, im Jahr darauf die TV-Rechte. Seitdem lenkt der ehemalige Gebrauchtwagenhändler die Formel 1 nach seinem Geschäftsmodell.

Ecclestone handelte erst am Wochenende in Monza einen neuen Vertrag mit den dortigen Verantwortlichen aus – 68 Millionen Dollar für weitere drei Jahre. Andere, neue Kurse müssen deutlich tiefer in die Tasche greifen, bis zu 40 Millionen Antrittsgebühr und mehr pro Rennen werden da schon mal fällig.

Nachfolge offen

«Die gezielte Erschliessung eines Massenpublikums durch Fernsehsender und Sponsoren hat zu einer Wertsteigerung der Sportrechte geführt. Neue Austragungsorte wie China, Singapur, Abu Dhabi und Indien (2011) erhöhen die internationale Attraktivität der Marke und die Rentabilität des Geschäfts weiter», schreibt CVC.

Ende Oktober wird Ecclestone 86 Jahre alt. Über einen Nachfolger hat er sich öffentlich nie wirklich Gedanken gemacht. Gehandelt wird nun auch der Geschäftsführer der ersten vollelektrischen Rennserie Formel E, Alejandro Agag. 1970 in Madrid geboren, mehrsprachig, mit 25 Jahren bereits Assistent des damaligen spanischen Premierministers, mit 28 jüngster Spanier im Europäischen Parlament. Agag verliess 2001 die Politik und stieg in den Motorsport ein. Zusammen mit seinem damaligen Geschäftspartner Flavio Briatore kaufte er die TV-Rechte in Spanien.

USA kein Formel-1-Land

Mercedes-Motorsport- und Teamchef Toto Wolff konnte auch nur bestätigen, von den Gerüchten um den Verkauf gehört zu haben. Im Paddock herrschte beim Europafinale in Monza Ungewissheit. Der ehemalige Formel-1-Pilot Gerhard Berger meinte beim italienischen Sender Sky, dass ein Verkauf frische Ideen bringen würde.

Dass ausgerechnet ein Amerikaner die Formel 1 kaufen will, verwundert auf den ersten Blick. Gerade dort, wo NASCAR und IndyCar Kult sind und die Formel 1 noch immer um Anerkennung kämpft, soll künftig der neue Eigentümer seinen Sitz haben. Mit seinem Medien- und Kommunikationsunternehmen könnte Malone auch Sendestrukturen verändern. In Deutschland haben RTL und der Bezahlkanal Sky noch bis einschliesslich 2017 die Rechte.

(awp/jfr)