Ein reicher Russe will das Zarenreich wiederbeleben – und zwar mitten im Pazifik. Auf dem Inselstaat Kiribati wird das Angebot ernsthaft geprüft. Aber selbst wenn die Pläne wahr werden sollten: vor dem Untergang schützt das nicht. Im wahrsten Sinne des Wortes.
Die Gegensätze könnten kaum grösser sein. Mit Moskau, dem Ural oder Sibirien gar hat Kiribati überhaupt nichts zu tun. Die 33 Inseln und Atolle im Pazifik, auf halber Strecke zwischen Australien und Hawaii, erfüllen die Südsee-Klischees in Perfektion. Sandstrände, Palmen, mehr als 30 Grad. Von der Hauptstadt Tarawa Bairiki bis zum Kreml, wo es gerade wieder eisig kalt ist, sind es Luftlinie mehr als 13'500 Kilometer.
Es fehlen die Untertanen
Aber wenn es nach Anton Bakow geht, soll genau hier das neue Zarenreich entstehen. Der Vorsitzende der russischen Monarchistenpartei will auf drei der Inseln die Regentschaft der Romanows wiederbeleben – pünktlich zum hundertsten Jahrestag der Oktoberrevolution. «Mein Ziel ist, den Status der Romanow-Dynastie wiederherzustellen, der 1917 verloren gegangen ist», sagt der 51-Jährige der Nachrichtenagentur dpa.
Einen Zaren hat er schon: den deutschen Adligen Prinz Karl Emich zu Leiningen, ein entfernter Verwandter von Zar Alexander II. Der 64-Jährige – früher einmal mit Gabriele Thyssen verheiratet, der späteren Ehefrau des Aga Khan – lässt sich bereits Nikolaus III. nennen. Was noch fehlt, ist die Zustimmung der Regierung von Kiribati. Und: Untertanen.
Vorbilder Liechtenstein und Monaco
Auf den Inseln namens Malden, Starbuck und Millennium lebt im Moment noch niemand. Insgesamt haben sie eine Fläche von immerhin 64 Quadratkilometern – deutlich mehr zum Beispiel als der Vatikan. Aber die Inseln liegen mehrere hundert Kilometer voneinander entfernt. Malden – mit 40 Quadratkilometern die grösste – wurde von Grossbritannien 1956 benutzt, um dort eine Wasserstoffbombe zu testen.
Bakow will die Inseln nicht etwa leasen, sondern gleich kaufen. Das neue Reich der Romanows soll dann, erläutert er, eine «eigenständige Verwaltungseinheit in freier Verbindung mit der Republik Kiribati» sein. Modell soll sein, wie Monaco oder Liechtenstein mit Frankreich beziehungsweise der Schweiz verbunden sind.
Millionär in unbekannter Höhe
Das Geld dafür hat er wohl. Bakow gehört zu den Leuten, die nach dem Zusammenbruch der Sowjetunion reich geworden sind, im Tourismus und mit Finanzinvestitionen. Vorübergehend war er am Moskauer Flughafen Domodedowo beteiligt.
Zwischenzeitlich sass er auch in der Duma, dem russischen Parlament. Heute, so viel nur, sei er mit dem «An- und Verkauf von Land» beschäftigt. Wie viele Millionen er aktuell besitzt, verrät der Monarchist nicht.
Versprochene Infrastrukturinvestitionen
Im Januar traf sich Bakow mit Kiribatis Präsidenten Taneti Mamau, um die Dinge voranzubringen. Der Russe stellte den Insulanern 120 Millionen US-Dollar in Aussicht. Zudem will er «in einem ersten Schritt» weitere 230 Millionen in die Entwicklung von Malden investieren. Auf der Insel soll unter anderem eine Kette von Öko-Hotels entstehen.
Bakow verspricht aber auch Häfen, Schulen, Spitäler, Solaranlagen sowie, als Extra, eine «Universität des Russischen Reichs». Alles in allem sollen tausend neue Arbeitsplätze geschaffen werden. «Darüber hinaus würden auch mehr Steuern und Zollgebühren in Kiribatis Staatshaushalt fliessen», sagt er. Für den Mini-Staat, einen der ärmeren der Welt, würde das einen ziemlichen Auftrieb bedeuten.
Skepsis im Inselreich
Das Angebot wird nun von der Regierung geprüft. Der Präsident hat dazu eine Arbeitsgruppe gegründet. Vorgänger Teburoro Tito nennt das Projekt als «Geldbringer – vorausgesetzt, dass wahr ist, was sie uns erzählen».
Bakow hofft darauf, dass die Sache noch in diesem Monat klar gemacht werden kann. Aber er weiss auch, dass die Dinge auf Kiribati nicht so schnell vorankommen wie anderswo.
Gefährliches Meer
Doch selbst wenn er mit seinen Plänen Erfolg haben sollte: Eine sichere Zukunft garantiert das nicht. Kiribati, das in der Regel nur wenige Meter aus dem Wasser ragt, gehört zu den Ländern, die von den Auswirkungen des Klimawandels am schlimmsten betroffen sind.
Wenn der Meeresspiegel tatsächlich weiter steigt, könnte einem Zarenreich abermals der Untergang drohen – dieses Mal im wahrsten Sinne des Wortes.
(sda/jfr)