Nachdem sie seit dem 16. März nur unter Einschränkungen überschritten werden durften, öffnet die Schweiz die Landesgrenzen für EU- und Efta-Bürger am Montag wieder. Das freut die Wirtschaft. Wann die Grenzen für Drittstaaten öffnen, wird noch abgeklärt.

Die EU sprach sich dafür aus, die Aussengrenzen erst nach der vollständigen Personenfreizügigkeit innerhalb des Schengenraums für nicht zwingende Einreisen aus Drittstaaten wieder zu öffnen. Das soll ab Juli schrittweise erfolgen. Wie die EU-Staaten ihrerseits mit Reisenden aus der Schweiz verfahren, ist vergleichbar mit einem Flickenteppich: Die Länder haben unterschiedliche Regelungen für Einreisen.

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Mit der Öffnung der Schweizer Landesgrenzen seit Mitternacht herrscht mit den EU- und Efta-Staaten sowie Grossbritannien wieder volle Personenfreizügigkeit. Angehörige von Drittstaaten, die in diesen Ländern leben, können ebenfalls einreisen. Sie müssten neben ihrem Pass eine Wohnsitzbestätigung vorlegen.

Deutschland öffnet 24 Stunden später

Deutschland öffnet die Grenzen zur Schweiz offiziell erst 24 Stunden später - also in der Nacht von Montag auf Dienstag. Der Grund ist laut dem Staatssekretariat für Migration (SEM) formal-juristischer Natur. Es existiert eine entsprechende deutsche Verordnung, die bis zu diesem Zeitpunkt in Kraft bleibt. Laut Bundesbehörden gilt eine Rückweisung von Schweizern an der Grenze aber als unwahrscheinlich. Systematische Grenzkontrollen sollten keine mehr stattfinden.

Ursprünglich wollte die Schweiz die Grenzen am 15. Juni nur zu den Nachbarländern Deutschland, Frankreich und Österreich vollständig öffnen. Italien hatte seine Grenzen unilateral bereits am 3. Juni geöffnet.

Einreisen waren seit dem 16. März zum Schutz vor der Covd-19-Pandemie nur noch erlaubt für Schweizer Bürger, Personen aus dem Fürstentum Liechtenstein, Menschen mit einem Aufenthaltstitel in der Schweiz sowie Personen, die aus beruflichen Gründen oder in einer Situation «absoluter Notwendigkeit» einreisten. Der Transit- und Warenverkehr war nicht betroffen.

Lockerungen Mitte Mai

Zwischen der Schweiz, Österreich und Deutschland wurden die Einreisebeschränkungen bereits am 16. Mai gelockert. Die Grenzübergänge zwischen der Schweiz sowie Deutschland und Österreich sind seither geöffnet. Es finden lediglich risikobasierte, aber keine systematischen Grenzkontrollen mehr statt.

Die Grenzen zu diesen zwei Ländern durfte aber nur passieren, wer in einer grenzüberschreitenden Beziehung lebt, Verwandte besuchen will oder im anderen Land eine Zweitwohnung hat.

Die Grenzöffnung freut den Tourismus in der Schweiz und allgemein die Wirtschaft. Die Tourismusbranche rechnet allerdings damit, dass sie die durch die Coronavirus-Pandemie verursachten Verluste nicht wieder wettmachen kann.

Einkaufstouristen sehnlich erwartet

Ennet der Grenze in Deutschland wartet der Detailhandel auf die Einkaufstouristen. Fahrten zum «Posten» waren während der Grenzschliessung nicht erlaubt. Die Umsätze vieler Händler in Süddeutschland sanken dadurch dramatisch. Im Lebensmittelhandel gab es Einbussen zwischen 30 und 60 Prozent.

Die deutschen Detailhändler setzen nun auf eine hohe Nachfrage, wenn die Grenze wieder geöffnet ist. Für die Mitarbeiter des Zolls waren die vergangenen Wochen dagegen eine Entlastung, denn viele Service-Schalter waren geschlossen. Dort werden die Formulare bearbeitet, mit denen sich Einkaufstouristen aus Nicht-EU-Ländern die Mehrwertsteuer zurückerstatten lassen können.

(sda/tdr)

Noch kein Ansturm in Konstanz

 In Konstanz war zwar kein Ansturm von Einkaufstouristen zu verspüren, in den Geschäften und Restaurants war aber mehr los als üblicherweise zum Wochenstart.

Genau heute vor einem Monat wurde der Grenzzaun zwischen Kreuzlingen und Konstanz abgebaut. Vertreter beider Seiten durchtrennten gleichzeitig die Kabelbinder zwischen einzelnen Zaunelementen und trafen sich in der Mitte zwischen dem doppelten Zaun.

Unter viel Applaus, Bravo- und «die Mauer muss weg»-Rufen der Zuschauer wurden die Metallelemente zur Seite geräumt. Der Kreuzlinger Stadtpräsident Thomas Niederberger und der Konstanzer Oberbürgermeister Uli Burchardt hatten jeweils eine Flasche Kreuzlinger und Konstanzer Wein mitgebracht, um anzustossen, wie sie es sich bei der Grenzschliessung versprochen hatten.

Dass die beiden zusammengewachsenen Städte jetzt nicht mehr getrennt sind, sei «ein super gutes Gefühl», sagte Niederberger. «Die Situation, die wir jetzt hatten, lässt uns noch mehr schätzen, was wir hier haben.»

Seit heute Montag dürfen Schweizerinnen und Schweizer auch wieder zum Einkaufen nach Konstanz. Sämtliche Grenzübergänge, die wegen der Corona-Pandemie im März geschlossen wurden, sind wieder geöffnet. Risikobasierte Kontrollen gibt es weiterhin, um Schmuggel und Kriminalität zu verhindern.

Am Zoll in Konstanz gab es am Montagmorgen die ersten Einkaufstouristen, welche ihre Belege für die Rückerstattung der Mehrwertsteuer abstempeln liessen. Seit dem 1. Januar 2020 muss für die Rückerstattung der Einkauf in einem Geschäft an einem Tag 50 Euro übersteigen.

Der erhoffte Ansturm an Einkaufstouristen blieb aber aus. «Es ist ein Wochentag. Die Leute müssen arbeiten», sagte Peter Herrmann, Manager des Lago-Centers in Konstanz, der sich über die Rückkehr der Normalität freut. Er rechnet mit rund 25'000 bis 28'000 Besuchern.

Maskenpflicht

Medikamente, Drogerie-Produkte, Kleider und Zeitschriften sind beliebte Artikel, welche von den Einkaufstouristen in Konstanz gekauft werden. Im «Lago» machen die Einkäufe von Schweizerinnen und Schweizer laut Herrmann rund 30 bis 35 Prozent des Umsatzes aus.

Die Grenzgänger scheinen mit die Verhaltensregeln im Nachbarland vertraut zu sein. Kaum überquerte der Zug die Grenze in Konstanz werden die Masken aufgesetzt. In Deutschland gilt sowohl im öffentlichen Verkehr als auch auf den Bahnsteigen Maskenpflicht. Auch in vielen Geschäften werden Schutzmasken verlangt. Der Mindestabstand beträgt dafür nur 1,5 Meter.

Leben an der Grenze des Irrsinns

Bussen für Jogger, Beziehungsdeklarationen: Warum es an der Zeit wäre, auch in den Grenzregionen wieder mehr Normalität einkehren zu lassen. Den Erlebnisbericht von Redaktor Michael Heim, der in Basel lebt, gibt es hier