Staatsanwaltschaft und Behörden in den USA legten am Dienstag Klagen gegen Sam Bankman-Fried vor. Der Gründer und ehemalige Chef der inzwischen bankrotten Kryptobörse FTX war am Vorabend auf den Bahamas verhaftet worden. Dieser habe unter anderem die Einlagen der FTX-Kunden veruntreut, um Ausgaben und Schulden zu bezahlen sowie Investitionen im Namen seines Krypto-Hedgefonds Alameda Research zu tätigen, erklärte die Bundesstaatsanwaltschaft.
Nun dreht sich alles um die Frage, ob Bankman-Fried in sein Heimatland ausgeliefert wird. Der Beschuldigte selbst deutete während eines Gerichtstermins auf den Bahamas an, er könne ein Auslieferungsgesuch der USA anfechten. Ein Verteidiger sagte, Bankman-Fried wolle sich gegen die Auslieferung an die USA wehren.
US-Staatsanwalt Damian Williams liess sich bisher nicht in die Karten schauen. Bei seinen Ausführungen zu den insgesamt acht Anklagepunkten ging er nicht darauf ein, wie die US-Behörden Bankman-Fried von seinem tropischen Aufenthaltsort zurückholen wollen. Aber sein Büro hat erklärt, dass es die Auslieferung von Bankman-Fried beantragen wird.
Huaweis Finanzchefin wehrte sich erfolgreich gegen Auslieferung
Wenn Bankman-Fried gegen seine Auslieferung kämpft, könnte er die Sache in die Länge ziehen. Viele hochkarätige Auslieferungsstreitigkeiten haben sich über Jahre hingezogen. Der WikiLeaks-Gründer Julian Assange wurde 2019 von den US-Behörden wegen der Veröffentlichung geleakter Regierungsgeheimnisse angeklagt, kämpft aber immer noch gegen seine Auslieferung – hauptsächlich aus Gründen der psychischen Gesundheit.
Huaweis Finanzchefin Meng Wanzhou wurde 2018 in Kanada auf Ersuchen der US-Regierung verhaftet. Sie soll US-Sanktionen gegen den Iran umgangen haben. Die Managerin wehrte sich erfolgreich gegen ihre Auslieferung an die USA. Im September 2021 kam sie wieder auf freien Fuss.
Der Fall Meng hatte politische und diplomatische Dimensionen, die Bankman-Fried fehlen. Die chinesische Regierung protestierte vehement gegen ihre Verhaftung und nahm daraufhin zwei in China lebende Kanadier in Gewahrsam. Aber auch ihre juristischen Argumente zogen den Fall in die Länge. Sie berief sich auf das Auslieferungsabkommen zwischen den USA und Kanada, das vorschreibt, dass die angeklagte Straftat in beiden Rechtsordnungen ein Verbrechen sein muss. Wanzhou argumentierte, die Verletzung der US-Sanktionen sei in Kanada nicht illegal.
Es droht jahrelanges Auslieferungsverfahren
Das Auslieferungsabkommen zwischen den USA und den Bahamas enthält ein ähnliches Erfordernis der «beiderseitigen Strafbarkeit». «Das Auslieferungsrecht kann ziemlich undurchsichtig sein», sagte Douglas McNabb, ein Anwalt aus Houston, der sich auf Auslieferungsfälle spezialisiert hat. Er sagte, auf den Bahamas gebe es eine Reihe solcher Fälle, allerdings hauptsächlich im Zusammenhang mit Angeklagten, die im Drogenhandel tätig sind.
Acht Männern, die in den USA wegen Drogenhandels angeklagt waren, gelang es, die Auslieferung von den Bahamas elf Jahre lang hinauszuzögern, bevor sie 2015 schliesslich nach Florida geschickt wurden. Eines der Argumente gegen die Auslieferung war, dass einer der Richter dem gesetzlichen Rentenalter unterlag.
Bruce Zagaris, ein Anwalt aus Washington, sagte: «Ein Grund, warum sich Auslieferungen von den Bahamas hinziehen können, ist, dass das britische Commonwealth-Land endgültige Berufungen an den Privy Council in London schickt. Geldkräftige Angeklagte zögern nicht, den Fall bis zum Ende durchzuziehen.» Das könne Jahre dauern.
Erste Anhörung Anfang Februar
Andererseits könnte sich Bankman-Fried letztendlich für die Rückkehr in die USA entscheiden, sagte Michael Zweiback, ein in Los Angeles ansässiger Strafverteidiger mit Auslieferungserfahrung. Er sagte, viele Amerikaner würden lieber zurückkehren, als in einem ausländischen Gefängnis zu sitzen. Obwohl Bankman-Fried in einem luxuriösen Penthouse auf den Bahamas lebe, könne er diese Unterkunft nicht geniessen, während er gegen die Auslieferung kämpfe, sagte Zweiback.
Bankman-Frieds Antrag auf Freilassung gegen eine Kaution von 250'000 Dollar in bar lehnte ein bahamischeer Richter am Dienstag ab. Es bestehe Fluchtgefahr, so die Begründung. Eine Auslieferungsanhörung wurde für den 8. Februar angesetzt. Sollte der Krypto-Pleitier aber der Auslieferung selber zustimmen, wird es schnell gehen. «Er kann morgen die Auslieferungspapiere unterschreiben und innerhalb einer Woche dort sein», sagte Anwalt Zweiback.
(bloomberg/reuters/mth)