BILANZ: Immer mehr Menschen verlangen nach natürlichen Produkten. Ihr Vater, Jacques Courtin-Clarins, setzte bereits vor 60 Jahren auf die Wirkung von Pflanzen und wurde damit weltweit erfolgreich. Was haben Sie anders gemacht?

Olivier Courtin-Clarins: Mein Vater liess sich bei seiner Arbeit stets von den Wünschen der Frauen inspirieren. Während der Behandlungen in seinem Schönheitsinstitut fragte er seine Kundinnen über ihre Bedürfnisse aus und schrieb diese akribisch auf. So entstanden seine allerersten Pflegeprodukte, die Körperöle, die bis heute zu den Bestsellern des Hauses gehören und die alle zu 100 Prozent aus natürlichen Inhaltsstoffen bestehen.

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Natur pur war ja damals noch nicht unbedingt gefragt. Was war das Besondere an diesen Ölen?
Sie pflegten nicht nur, sondern «therapierten» gleichzeitig mit ihren Aromen. Je nach Bedürfnis strafften, entspannten oder entschlackten sie – das war damals ein Novum.

Clarins ist in vielen Bereichen Pionier. Sie setzten nicht nur von Anfang an auf die Pflanze, sondern führen seit 1987 keine Tierversuche mehr durch, arbeiten nur mit sozial fairen Unternehmen und konzipieren Ihre Packungen so nachhaltig wie möglich. Dieses «vorbildliche Verhalten» kommunizieren Sie aber kaum. Warum?
Ein schonender Umgang mit unseren Ressourcen entspricht unserer Haltung, warum sollen wir uns das jetzt plötzlich auf die Fahne schreiben, nur weil es im Moment gerade als trendig gilt? Wir produzieren in Frankreich, kennen unsere Lieferanten persönlich und können jeden Schritt unserer Produktion kontrollieren. Das war schon immer so und wird auch in Zukunft so bleiben.

Haben sich die Anforderungen an ein Kosmetikunternehmen verändert?
Die Themen haben sich verändert. Frauen sind heute viel sportlicher, sie modellieren den Körper ihren Wunschvorstellungen entsprechend und verlangen Produkte, die sie dabei unterstützen. Bei der Gesichtspflege stellen wir eine erhöhte Nachfrage nach einer hautspezifischen Pflege fest. Zudem klagen heute Frauen über einen müden Teint und über Sonnen- und Altersflecken.

Wie reagieren Sie darauf?
Wir forschen weiter! Die Pflanzenwelt ist ein unerschöpfliches Gebiet mit höchst wirksamen Protagonisten. Als wir auf der Suche nach einem Mittel gegen die Einflüsse der Umwelt waren, stiessen wir zum Beispiel auf die Lapsana (Rainkohl). Eine ganz gewöhnliche, aber äusserst resistente Pflanze, die selbst am Rande von Autobahnen gedeiht. Wir verwenden sie heute in verschiedenen Produkten, die die Haut schützen und die Abwehr aufbauen.

Sind Ihre Produkte hundertprozentig natürlich?
Nein, wir verwenden gewisse synthetische Ingredienzen, anders könnten wir einen Teil unserer Produkte gar nicht herstellen. Aber diese sind auf unseren Packungen deutlich deklariert.

Versprechen Sie mit Ihren Produkten ewige Jugend?
Ich bin Arzt, ich weiss, dass kein Kosmetikprodukt das Wunder vollbringt, ein 50-jähriges Gesicht in ein 30-jähriges zurückzuverwandeln. Eine ehrliche Kommunikation ist ebenfalls Teil unserer Haltung.

Der Druck auf die Frauen, sich so lange wie möglich eine jugendliche Ausstrahlung zu bewahren, ist heute sehr gross.
Ja, der gesellschaftliche Druck. Aber in den persönlichen Beziehungen spielt das «jugendliche» Aussehen keine Rolle. Kein Mann wird seine Frau toller finden, weil sie sich die Lippen mit Botox aufspritzt, sich halb zu Tode hungert und den Busen vergrössert.

Olivier Courtin-Clarins (60) hat Medizin studiert und führt heute zusammen mit seinem Bruder Christian den Kosmetikkonzern Clarins. Das französische Familienunternehmen setzt seit der Gründung im Jahr 1954 auf die natürliche Kraft von Pflanzen.