Sprache prägt unser Bewusstsein. Das wurde mir in meiner Jugend klar, als ich mich dagegen aufzulehnen begann, dass ich vom Mädchen zum Fräulein wurde, während die Jungs direkt zu Herren mutierten. Die «Lebenskarriere» eines Mädchens direkt zur Frau gab es damals noch nicht. Ein Mädchen konnte nur durch Ehelichung zur Frau werden, also erst die Beigabe «Mann» machte ein weibliches Wesen zur vollwertigen Frau.

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Entsprechend engagierte ich mich für die Abschaffung des leidigen «Fräuleins» im Sprachgebrauch und setzte mich über ein Vierteljahrhundert energisch für genderneutrale Begriffe und Doppelnennung der Geschlechter ein.

Judith Niederberger ist im Vorstand des Verbands Frauenunternehmen, Gründerin der Kreativagentur Lakritza und Initiatorin des 1-Satz-Literaturclubs.

Eigentlich war ich der Ansicht, wir wären auf gutem Weg. Dann tauchte vor wenigen Jahren der offenbar notwendige Genderstern auf. Er trat einen unerwarteten Siegeszug an: Leute*, die bis anhin in denkfauler Bequemlichkeit generisch maskulin formuliert hatten, plusterten sich jetzt mit überschwänglicher Verwendung des Asterisks auf, als wären sie* die Gleichstellungs- und Inklusionspionier*innen schlechthin.

Wer* auf eine vorübergehende Modeströmung gehofft hatte, lag falsch. Schlimmer noch: Hinzu gesellte sich die akustische Markierung beim Sprechen: der Glot- tis(-Ritter*innen-)schlag, der Stimmritzenverschlusslaut, mit dem die wahrhaft Fortschrittlich*en zu Edelleut*en der Sprachinklusion geschlagen werden.

«Gendern schafft neue Fronten und Gräben.»

Das Widersinnige dabei: Während wir sprachliche Ungerechtigkeit scheinbar abbauen und Integration in Wort und Schrift vermeintlich aufbauen, schaffen wir neue Fronten und Gräben zwischen Befürworter*innen und Gegner*innen dieser Zeichen und Mittel.

Ein Blick in die Leser*innenbriefseiten und Kommentarspalten auf elektronischen Plattformen zeigt: Ob wir* gendern oder nicht, sagt noch nichts darüber aus, ob wir* einen respektvollen, konstruktiven oder auch einfach bloss höflichen Dialog miteinander* führen.

Ich bin überzeugt: Wenn wir diskriminierungssensibel sind, dann gelingt es uns – mit oder ohne Sternchen –, einen inklusiven Kommunikationsstil zu pflegen. Lasst uns in diesem Sinn leuchtende Sterne am Sprachenhimmel werden.