Beim WEF in Davos gab sich Donald Trump noch als oberster Aktien-Cheerleader: Die Börse sei seit seiner Wahl um fast 50 Prozent gestiegen, verkündete er breitbeinig auf der Bühne des Kongresszentrums und gönnte sich den Nachsatz: «Hätte Hillary gewonnen, wäre sie um die Hälfte gesunken.» 

Jetzt schweigt doch Trump tatsächlich – zumindest in puncto Börse. Die Turbulenzen, ausgelöst durch die angedrohten Zölle gegen China, haben ihn zu einem Aktienschreck gemacht: Mit zwei Prozent Minus startete der S&P500 am Montag ins zweite Quartal, der Zuwachs seit Trumps Wahl ist auf 20 Prozent geschmolzen, auch der SMI hat von seinem Januarhoch zwölf Prozent verloren. 

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Handel bringt Wohlstandsgewinn

Doch wie ernst meint es der Präsident? Es gibt doch tatsächlich Trump-Exegeten, die hier so etwas wie eine Überzeugung ausgemacht haben wollen: Das Hetzen gegen angeblich unfaire Handelspraktiken ist das einzige Dauerthema, das Trump schon seit jungen Jahren bespielt. Hier zeigt sich das Weltbild des Immobilienhändlers, gestählt im New Yorker Häuserkampf: Wirtschaft ist Krieg, es gibt nur Gewinner und Verlierer, das Ganze ist ein Nullsummenspiel.

Die fundamentale Einsicht, dass eine Volkswirtschaft nicht wie ein Unternehmen funktioniert, hat da keinen Platz. Dabei lautet eine mächtige – vielleicht sogar die mächtigste – Erkenntnis der Ökonomie: Wenn jeder sich auf das spezialisiert, was er am besten kann, gewinnen alle. Handel bringt Wohlstandsgewinn – das lernen Ökonomiestudenten spätestens im zweiten Semester. Nix Nullsummenspiel. 

Klar republikanische Agenda

Doch die von Trump verspottete Ökonomen-Zunft konnte ihn davon offenbar genauso wenig überzeugen wie sein Ex-Wirtschaftsberater Gary Cohn. Jetzt bekehrt ihn die Börse – und das ist eine Sprache, die er versteht. Mit den angedrohten Zöllen mag er zwar bei einigen Wählern punkten, doch er verschreckt alle Anleger. Und die dürften ihm auf Dauer wichtiger sein. Denn allem Dauergetöse zum Trotz verfolgt Trump de facto eine klar republikanische Agenda: Steuersenkungen, Deregulierung, Geschenke für die Reichen.

Die Zoll-Drohungen sind da aus meiner Sicht einmal mehr vor allem eines: Säbelrasseln. Meine Prognose: Spätestens, wenn auch die restlichen 20 Prozent des Trump-Booms abgeschmolzen sind, zieht er zurück. Ich glaube nicht an den grossen Handelskrieg.

Dies ist ein Auszug aus dem wöchentlichen BILANZ-Briefing von Chefredaktor Dirk Schütz.

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