Zuerst waren es ein Fussballclub, dann Pariser Luxushotels, die Katar für Millionen von Petrodollar eingekauft hat. Nun macht sich das Emirat dauerhaft in der französischen Kunstszene breit.
Das Hôtel de la Marine ist ein Prachtbau mitten in Paris. In unmittelbarer Nachbarschaft ragt der Obelisk auf dem Platz de la Concorde in die Höhe, und nur wenige Schritte weiter liegt der Louvre. In dem historischen Gebäude befand sich einst das königliche Möbellager. Nun soll dort die legendäre Sammlung des arabischen Emirats Katar einziehen, das durch seine Gasvorräte reich geworden ist.
«Ein Schaufenster für Katar», «Katar leistet sich Paris»: Die Perspektive, dass die Preziosen der Sammlung des Staates am Persischen Golf voraussichtlich ab 2020 in dem Prachtgebäude zu sehen sein werden, begeistert nur wenige. Sogar eine Petition wurde gegen das Vorhaben lanciert: Darin heisst es, man sorge sich darum, dass Katar auf die «Soft Power» zurückgreife, um den Wahhabismus zu fördern.
Dabei handelt es sich um eine extrem konservativ-puritanische Lesart des Islams, die ihre Wurzeln in Saudi-Arabien hat, auch in Katar vorherrscht, dort aber weniger streng als im benachbarten Königreich ausgelegt wird.
20 Millionen Euro für 20 Jahre
Das mehrere Tausend Quadratmeter grosse Hôtel de la Marine stammt aus dem 18. Jahrhundert und wurde als königliches Möbellager konzipiert. Gewissermassen war es das erste Museum für dekorative Künste, denn an bestimmten Tagen waren die Säle mit Rüstungen und Waffen, Tapisserien und Goldschmiedearbeiten der Öffentlichkeit zugänglich. Im Revolutionsjahr 1789 wurde es geplündert, und der Staatssekretär der Marine zog in einen Teil des Gebäudes ein.
Seit 2014 wird der Palastbau vom Zentrum für nationale Monumente verwaltet, einer öffentlichen Einrichtung, zu der auch der Triumphbogen und das Panthéon in Paris gehören. Das Emirat soll rund 20 Millionen Euro dafür bezahlt haben, dass seine Sammlung für die Dauer von 20 Jahren in einen Teil des Gebäudes einziehen darf, voraussichtlich in die einstige rund 400 Quadratmeter grosse Galerie der Tapisserien. Die rund 6000 Werke sollen im Wechsel ausgestellt werden.
Ursprünglich hatte es andere Pläne gegeben. Noch im März 2017 hiess es, dort sollte ein Museum der Gastronomie und der «Art de vivre», der Lebensart à la française entstehen. Derzeit wird der Prachtbau, in den zudem Luxusgeschäfte und Restaurants einziehen sollen, für rund 100 Millionen Euro renoviert.
Mit Kunst am Image feilen
Das Emirat ist in Frankreich seit Jahren schon als grosszügiger Mäzen unterwegs. So hat es 2007 die Ausstellung des japanischen Künstlers Takashi Murakami im Schloss von Versailles finanziell unterstützt, im Grand Palais 2017 seine Juwelen um die Wette glitzern lassen und im Herbst 2018 im Schloss von Fontainebleau mit über 60 Exponaten aus seiner Sammlung an der Ausstellung «Rois du Monde» teilgenommen.
Mit Kunst lässt sich am Image feilen, denn Kritiker werfen Katar vor, aus dem Emirat flössen Gelder an Salafisten und andere radikal-islamische Gruppen. Der Golfstaat besitzt zahlreiche Museen. Voraussichtlich im März 2019 soll in der Hauptstadt Doha das Nationalmuseum eröffnet werden. Baumeister ist der Franzose Jean Nouvel.
Seit Anfang der 90er Jahre kauft und ersteigert die Herrscherfamilie fast schon obsessiv Kunst, zunächst waren es Manuskripte, Bronzefiguren und Teppiche aus den islamischen Ländern, später Klassiker der Moderne. Im Jahr 2012 erwarb Katar in New York bei Sotheby’s eine Version von Edvard Munchs «Der Schrei» für 120 Millionen Dollar, drei Jahre später ein Gemälde des Malers Paul Gauguin für 300 Millionen Dollar.
Dahinter steckt vor allem Scheicha Al-Majassa bint Hamad Al Thani. Die Schwester des Emirs gilt als eine der weltweit einflussreichsten und finanzstärksten Kunstsammlerinnen.
Frankreich als «westliche Spitze»
Mit dem Reichtum aus dem Gasexport kauft Katar seit Jahren schon in Paris fleissig ein, vorzugsweise Luxushotels. Und auch den Fussballclub PSG der französischen Hauptstadt leistete sich Katar 2011 und pumpt seitdem hohe Millionenbeträge für Spielereinkäufe in den Verein.
Doch warum gerade Frankreich? Das Land stehe an der Spitze der westlichen Kultur, erklärte der katarische Kulturminister Hamad Bin Abdelasis al-Kuwari. Frankreich unterhält seit Jahren gute politische Beziehungen zu den Kataris. Das ehemalige Staatsoberhaupt des Scheichtums, Hamad Bin Chalifa Al Thani, war der erste arabische Staatschef, den Frankreichs damaliger Präsident Nicolas Sarkozy 2007 als frisch gewählter Präsident empfing.
(sda/ccr)