Luxuriös und langweilig oder zumindest unauffällig: So lässt sich die Mode beschreiben, die die schlechtgelaunten Protagonisten der US-Serie Succession zu ihren Milliarden-Dollar-Deals auftragen. Die Serie um die Familie Roy ist inspiriert von US-Medien-Mogul Rupert Murdoch und seinen Kindern. Das Reichen-Drama wurde seit Erstausstrahlung 2018 mit Dramen von Shakespeare verglichen und hat renommierte Preise, wie den Emmy, abgeräumt.
2023, im Jahr der finalen Staffel, beschäftigen sich Fans vor allem mit der Mode der fiktiven Milliardärsfamilie. Dem Instagram-Account «Succession Fashion» folgen 100'000 Menschen. Die Mode-Journalistin Amy Odell erreicht mit Tiktok-Videos über die Kostümentscheidungen der Serie Millionen Nutzerinnen und Nutzer. Dabei ist das Spektakulärste an den unspektakulären beigen Blazern, Anzügen und Hosen in der HBO-Produktion in aller Regel das Preisschild.
Die Familie Roy ist der Inbegriff von «Quiet Luxury» («stiller Luxus»). Zur Kunst, auf zurückhaltende Weise reich auszusehen, gehören schlichte Schnitte und gedeckte Farben.
Vor allem junge Menschen suchen nach «Old Money Outfits»
In der Woche, in der die erste Folge der letzten Staffel Succession ausgestrahlt wurde, haben sich die Google-Suchanfragen nach «Quiet Luxury» weltweit verzehnfacht. Im selben Zeitraum zugenommen haben Suchen nach «Stealth Wealth» («heimlicher Reichtum») und «Old Money» («altes Geld»). Das verrät etwas über die ungeschriebene Definition des Trends: Er ist Ausdruck von altem, ererbtem Geld.
Succession macht «Quiet Luxury» greifbar, indem sie die Familie Roy modisch von weniger vermögenden Protagonisten abgrenzt. Das geschieht so subtil, dass man als Zuschauer erst verwirrt ist, wenn der eingeheiratete Tom Wambsgans von den Roys für seine Looks gehänselt wird. Erst, wer sich an den Anblick der Roys gewöhnt, merkt, dass die Anzüge des Aufsteigers Tom seltsam klobig wirken. Tom sehe aus wie ein Scheidungsanwalt, sagt Protagonist Roman Roy an einer Stelle.
Laut der Plattform Pinterest ist der Suchbegriff «Old Money Outfits» besonders bei jüngeren Nutzern beliebt. Mehr als die Hälfte der Suchanfragen geht auf Menschen zwischen 18 und 24 Jahren zurück; ein Drittel auf Nutzer zwischen 25 und 34 Jahren. Auf Google und Pinterest setzt das Interesse jeweils 2022 ein.
Wie Succession die aktuelle Mode beeinflusst
Der Trend ist Teil einer grösseren Entwicklung, sagt Diana Weis, Modeprofessorin an der BSP Business School in Berlin. Der gesetzte Luxus-Look werde beliebter, je distanzierter junge Menschen auf das Aufstiegsversprechen schauen. Erfolge würden stattdessen immer öfter als vererbt wahrgenommen – Stichwort ‹Nepo-Babies›: Kinder reicher und berühmter Eltern, die selbst wieder reich und berühmt werden. Junge Menschen hätten eingesehen, dass Reichtum durch Familie kommt und wollen sich deshalb auch mit den «Upper class codes» schmücken, so die Expertin.
«Die Käuferprofile von Luxusmarken sind jünger geworden», bekräftigt Orsolya Hegedüs, Partnerin beim Wirtschaftsprüfer Deloitte, im Rahmen der Studie «Global Powers of Luxury Goods». Junge Menschen seien einerseits «kaufkräftiger als noch vor einigen Jahrzehnten». Zugleich würden Luxusklamotten durch den weltweit boomenden Secondhand-Markt erst finanzierbar. Laut einem Bericht von der Online-Plattform ThredUp entscheidet sich etwa ein Drittel der Generation Z in den USA für Secondhand, um sich höherwertige Marken leisten zu können.
Louis Vuitton als Statussymbol
Der erste verwandte Suchbegriff, wenn man «Quiet Luxury» googelt, ist Loro Piana. Die Luxus-Marke verkauft einfarbige Sportkappen. Das italienische Traditionshaus nimmt für sich in Anspruch, die seltensten Naturfasern der Welt zu verarbeiten. Die einfarbigen Kappen kosten zwischen 400 und 800 Euro (umgerechnet zwischen 392 und 784 Franken), Mäntel über 17'000 Euro (rund 16'650 Franken).
Faszination für Reichtum ist nicht neu. In den 80er und 90er Jahren waren kräftige Farben und grosse Markenlogos angesagt. In New York wurden konservative Mode-Labels wie Louis Vuitton zum Statussymbol. Die Hip-Hop-Szene schmückte sich demonstrativ mit den Monogrammen etablierter Luxusmarken – je mehr, desto besser –, um zu zeigen, dass sie den Aufstieg geschafft hatten. Sie posierten mit Echtgold um den Hals, am Handgelenk und auf den Zähnen.
LVMH-Chef Bernard Arnault profitiert vom Luxus-Boom
Es gibt in Succession einen Verweis auf diese Zeit. Kendall Roy feiert seinen 40. Geburtstag (Staffel drei, Folge sieben) in Gucci-Bomberjacke und -Pullover (Wert: 6200 und 800 Euro, in Franken: rund 6072 und 784), mit einer auffälligen goldenen Kette um den Hals (13'500 Euro, umgerechnet 13'225 Franken). Er will sogar rappen. Kendall ist in dieser Folge von seiner Familie distanziert und will eigene Wege gehen – er scheitert. Als er in den Schoss seiner Familie zurückkehrt, kehrt er zurück zu Loro Piana. In der letzten Folge der dritten Staffel trägt er ein 470 Euro (460 Franken) teures Hemd, ein 2200-Euro-Sakko (2155 Franken), eine 820-Euro-Hose (803 Franken) und Mokassins für 710 Euro (695 Franken), jeweils vom Label Loro Piana.
Das ehemalige italienische Familienunternehmen Loro Piana gehört seit 2013 mehrheitlich zu Louis Vuitton, Moët und Hennessy (LVMH). Der französische Luxusgüter-Konzern ist mit einer Marktkapitalisierung von über einer halben Billion Dollar der wertvollste Aktienkonzern auf dem europäischen Kontinent, berichtet Bloomberg. Und Konzernchef Bernard Arnault ist aktuell der reichste Mensch der Welt.
Dieser Artikel erschien zuerst beim Business Insider unter dem Titel «Warum machthungrige Milliardäre in der US-Serie „Succession“ langweilige Anzüge und Blazer tragen – und damit einen Mode-Hype entfachen».