Das riesige Zelt des Auktionshauses Bonhams war hoffnungslos überfüllt an diesem wunderschönen Sommertag. Die Organisatoren übertrugen die Versteigerung via Lautsprecher auf den Vorplatz. Tausende Gäste hatte die Auktion an der luxuriösen Automobilveranstaltung The Quail im Rahmen der Monterey Classic Car Week angelockt. Für einen noch grösseren Andrang als ohnehin schon üblich gab es vor allem einen Grund: Der 1963 gebaute Ferrari 250 GTO mit Chassisnummer 3851GT wurde unter kalifornischer Sonne versteigert. Man erwartete ein historisches Traumresultat.

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Klassische Automobile sind als Investitionsobjekte gesucht. Die Preise wachsen seit einiger Zeit im zweistelligen Prozentbereich. Und der angebotene Ferrari 250 GTO gilt nicht nur als der schönste Sportwagen von Ferrari, sondern auch als der wertvollste Klassiker überhaupt. Insgesamt wurden innerhalb der GTO-Familie nur 39 Exemplare gefertigt, was sie unter Sammlern besonders begehrenswert macht. Es gibt fast keinen Classic-Car-Sammler, der nicht davon träumt, eines Tages mit einem dieser seltenen roten Renner in seine Garage zu fahren.

So stand im letzten August einer erfolgreichen Auktion dieses geschichtsträchtigen Traumwagens nichts im Wege. Bonhams-Chairman und Chefauktionator Robert Brooks liess es sich nicht nehmen, die Versteigerung des Ferrari höchstpersönlich zu leiten.

Es kam anders

Tatsächlich: Nach wenigen Minuten war bereits die 15-Millionen-Dollar-Schwelle überschritten – alles schien möglich. Kein Wunder. Erst 2013 sollen für einen anderen 250 GTO im Rahmen eines Privatverkaufs 52 Millionen Dollar bezahlt worden sein. Man konnte mit einem ähnlichen Ergebnis auch für diese Preziose rechnen.

Doch es kam anders. Beim Stand von rund 34,5 Millionen Dollar wurde es gespenstisch ruhig im Zelt. Nervosität war dem Auktionator ins Gesicht geschrieben. Er begann, unter dem lautstarken Protest der Zuschauer, Gebote in Schritten von lediglich 50 000 Dollar zu akzeptieren – ein Unding für ein Automobil von diesem Kaliber. Schliesslich fiel der Hammer bei 34,65 Millionen Dollar. Plus Prämie für das Auktionshaus.

Das war zwar ein neuer Rekordpreis, niemals zuvor war an einer Auktion eine solch hohe Summe für ein klassisches Automobil bezahlt worden. Dennoch blieb der 250 GTO weit unter den Erwartungen.

Sollte dieser Verkaufspreis, so fragte man sich, das Ende des Hypes für Investitionen in klassische Automobile einleiten? Die Antwort lautet nein. Noch immer wird in klassische Automobile investiert – und die Preise steigen nach wie vor.

Lupenreiner Stammbaum

Allerdings ist die Geschichte eines feilgebotenen Klassikers entscheidend geworden. Im Falle des Bonhams-GTO hat beispielsweise der Umstand, dass einer der Vorbesitzer im Wagen tödlich verunfallt war, bestimmt zu Kaufhemmungen geführt. Auch dass das Auto dabei einen Totalschaden erlitten hatte und stark restauriert worden war, machte es für manche Investoren weniger interessant.

Wenn bei Immobilien die Lage massgeblich den Wert bestimmt, kommt es bei klassischen Autos vor allem auf eine lückenlos belegbare Geschichte an. Und darauf, dass der Wagen möglichst im Originalzustand dasteht – hier unterscheiden sich wertvolle Klassiker wenig von ganz ordinären Occasionsautos.

De facto scheinen sich immer mehr Anleger für klassische Ferraris, Mercedes-Benz, Porsches und Classic Cars anderer Marken als Wertanlage zu interessieren. Allein an den Auktionen im Rahmen der Monterey Classic Car Week im letzten Jahr wechselten innerhalb von nur einer Woche Fahrzeuge im Wert von zusammen über 400 Millionen Dollar den Besitzer. Es sind diese hohen Summen, die auch Investoren hellhörig werden lassen, die sich sonst nicht für rollende Zeitzeugen interessieren.

Dass eine regelrechte Professionalisierung im Bereich der Investments in klassische Automobile stattfindet, zeigt der HAGI Top Index, den die Analysten des unabhängigen Researchunternehmens Historic Automobile Group International entwickelt haben. Angelehnt an Methoden der Finanzanalyse, bietet der HAGI-Index Informationen über die Preisentwicklung von klassischen Autos und schafft auch Transparenz über den Wert einzelner Marken und Modelle. Hierzu greift das Unternehmen nach eigenen Aussagen auf eine Datenbank mit mehreren tausend Modellen und über 100 000 realen Transaktionen weltweit zu.

Sensation Bugatti

Der Trend ist klar: Bei der aktuellen Lage an den Finanzmärkten bleiben historische Automobile als Investitionsgut attraktiv. Dies zeigt auch eine Zahl, die Classicdriver.com, eine internationale Online-Plattform für Classic Cars, ermittelt hat. Demnach erzielten die zehn teuersten Automobile, die 2014 an Auktionen verkauft wurden, zusammen einen Erlös von 140 Millionen Dollar – das in den letzten zehn Jahren mit Abstand höchste Ergebnis. Nebenbei: Bedenkt man, dass der 38,15 Millionen Dollar (inkl. Käuferprämie) teure GTO dazugehört, realisiert man schnell, wie wertvoll die Marke Ferrari geworden ist.

Doch es war ein Bugatti, der 1987 mit einem Verkaufspreis von 9,8 Millionen Dollar für weltweite Aufmerksamkeit gesorgt und eine neue Ära eingeläutet hat. Der Preis für den Bugatti Royale Kellner Coupé mag heute schon fast günstig wirken, damals aber war er eine Sensation. Käme das Kellner-Coupé heute an einer der grossen Auktionen zum Aufruf, wäre ein Rekordergebnis zu erwarten. Dies gilt im Übrigen auch für den legendären Mercedes-Benz 540 K. Regelmässig erzielen Sondermodelle dieses imposanten Roadsters aus den 1930er Jahren Preise im Millionenbereich. Ohnehin gehören Klassiker von Mercedes-Benz zu den wertvollsten Investitionen. Mit zehn historischen Wagen belegt Mercedes-Benz im HAGI Top Index der wertvollsten Marken hinter Ferrari den zweiten Rang. Dazu trägt auch die immense Preisentwicklung des legendären 300 SL bei. Sowohl die Version mit Flügeltüren wie auch der Roadster sind mittlerweile millionenschwere Klassiker geworden.

Auch Designikonen avancieren zum Investitionsobjekt

Doch es sind nicht nur die Vorkriegsklassiker oder Tourenwagen aus den 1950er und 1960er Jahren, die in der höchsten Liga mitspielen. Auch Designikonen wie der Lamborghini Countach, der zwischen 1974 und 1990 exakt 2049-mal produziert wurde, ist heute zum Investitionsobjekt avanciert. Eine noch eindrücklichere Wertentwicklung hat ein sogar noch jüngerer Supersportwagen hingelegt: Der 1992 erstmals vorgestellte McLaren F1 gilt als Benchmark für die Preisentwicklung bei den sogenannten Youngtimern. An einer Auktion 2013 in den USA konnte für einen F1 mit Baujahr 1997 ein Verkaufspreis von 7,7 Millionen Dollar erzielt werden. Keine schlechte Investition, bedenkt man den originalen Kaufpreis von 680 000 britischen Pfund.

Die Preisentwicklung des McLaren hat damit zu tun, dass nur 64 Modelle gefertigt wurden und der F1 mit einer Spitzengeschwindigkeit von 391 Kilometern pro Stunde seinerzeit als das schnellste in Serie gebaute Fahrzeug der Welt galt.

Während bei den Marken Aston Martin, Bentley und Ferrari vor allem einzelne Modelle mit meist aussergewöhnlicher Geschichte die Investorenherzen höher schlagen lassen, explodieren heute die Preise für fast jeden Porsche 911. Ein 911 ist, egal aus welcher Baureihe er stammt und sei er auch in einem noch so schlechten Zustand, nicht günstig zu haben. Das beweisen nicht zuletzt die Kaufpreise für den luftgekühlten Turbo S der 993-Modellreihe. Diese Autos sind heute kaum mehr unter 350 000 Euro zu finden. Exemplare des Porsche 911 haben sich zu einer Währung entwickelt, die nach ihren eigenen Regeln gehandelt wird.

Autos mit Potenzial

Zum Schluss die gute Nachricht: Die gerne kolportierten Millionendeals mit alten Autos könnten den Eindruck erwecken, das Investieren in Auto-mobilklassiker sei nur etwas für Menschen mit Vermögen über der Hundert-Millionen-Grenze. So ist es aber nicht. Auch für Beträge weit unter 100 000 Franken bieten sich spannende Möglichkeiten, in altes Blech zu investieren. So gehört beispielsweise der BMW Z1 mit seinen versenkbaren Türen zu den «Sleepern», wie unterbewertete Autos mit Potenzial genannt werden.

Dazu zählen sicher auch der bisher etwas ungeliebte Ferrari 456 und die Sondereditionen der Mercedes-Benz-SL-Baureihe R129. Die Marktspezialisten von Classicdriver.com haben erst kürzlich diese beiden Modelle als junge Klassiker bezeichnet, in die zu investieren sich lohnen könnte. Regelmässig stellt die Klassikerplattform aktuelle Angebote aus dem Markt zusammen, die heute noch unterbewertet sind.

Eine Grundregel muss dabei allerdings zwingend befolgt werden: Man sollte nur in Automobile investieren, die einem gefallen. Denn sollte die erwartete Preissteigerung ausbleiben, hat man wenigstens jede Menge Spass mit seinem Klassiker.