Nach hochsommerlichen Temperaturen fallen zurzeit endlich wieder einige Regentropfen. Doch ein paar Tage Niederschlag machen die lange Trockenheit in ganz Europa nicht wett. 

Darunter leiden nicht nur die Schifffahrt und die Landwirtschaft, sondern auch die Parfumindustrie. Kosmetikhersteller trifft es nun gleich doppelt. So fehlen seit dem Ukraine-Krieg Rohstoffe wie Papier, Glas und Alkohole – nun gefährdet die Trockenheit auch noch wichtige Inhaltsstoffe für Parfums.

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So fiel etwa die diesjährige Lavendel-Ernte in Südfrankreich richtig mager aus. Laut Schätzungen erreicht das aktuelle Produktionsvolumen nur 60 Prozent früherer Jahre.

Grosse Luxushäuser haben darum angefangen, wichtige Rohstoffe zu horten, wie Benoit Verdier, Mitgründer des Pariser Parfumhauses Ex Nihilo gegenüber der Plattform «Luxury Tribune» sagt.

Dürren gefährden Vanille-Produktion

So stammen 80 Prozent der Vanille-Produktion aus Madagaskar. Dürren sorgen dort für dramatische Folgen. «Der Mangel an Niederschlägen in Kombination mit heftigen Tropenstürmen gefährden die Vanille-Produktion und die Preise explodieren», erklärt Verdier.

Seit 2017 ein Zyklon das Land verwüstete, sind die Preise für Vanille stetig gestiegen, bis die Kosten für ein Kilogramm 2019 bei 550 Dollar lagen. 2020 sind die Preise dann auf etwa 350 Dollar gesunken. Zurzeit bewegen sich die Preise zwischen 395 und 455 Dollar pro Kilogramm.

Dabei ist die Produktion von Vanille grundsätzlich schon teuer. Denn die Pflanze benötigt rund drei Jahre, bis sie blüht. Dann bleibt die fragile Blüte aber nur rund zwölf Stunden frisch, bevor sie zu welken beginnt. In dieser kurzen Zeit muss die Bestäubung stattfinden – sonst werden keine Schoten produziert.

Jetzt kaufen grosse Parfumerien alle Blumen auf

Ähnlich verhält es sich mit der bleichen Schwertlilie, auch unter dem Namen Iris pallida bekannt. Die ätherischen Öle der Pflanze dienen zur Herstellung von Parfums. Auch sie benötigt drei Jahre, bis eine Blüte reif ist. Anschliessend braucht es weitere drei Jahre, bis die Blüte optimal trocknet. 

Der Wert der Pflanze liegt bei etwa 80’000 Euro pro Kilo und kann bis zu 100’000 Euro erreichen. Ex Nihilo bezieht Schwertlilien aus Italien: «Hier wächst die Iris pallida, eine seltenere Sorte im Vergleich zu der Iris germanica, die üblicherweise in der Parfumerie verwendet wird», erklärt Verdier.

Doch das Klima stellt einen grossen Gefahrenfaktor dar: Die Blumen könnten knapp werden und die Preise dadurch weiter steigen. Das ist insbesondere für kleinere Parfumerien ein Problem. Denn die grossen Marken haben die Mittel, nun grosse Mengen zu kaufen, um für schlechte Zeiten gewappnet zu sein. Kleinere Unternehmen gehen leer aus.

Parfum-Essenzen im Labor herstellen

So hat etwa die Kosmetikmarke Lancome in der französischen Grasse vier Hektaren der historischen Le Domaine de la Rose gekauft. Auf dem Land baut die Marke Rosen und andere Duftpflanzen an.

Auch Chanel hat sich letztes Jahr zehn zusätzliche Hektare in Grasse gesichert, um Jasim anzubauen. Dieser wird für die Herstellung des legendären Parfums N°5 benötigt. Dabei wäre Jasmin ohne Chanel in Grasse vom Aussterben bedroht – ebenso vier weitere Blumenarten, für deren Erhalt sich der Parfümhersteller einsetzt. 

Während Grasse als Anbauort für Rohstoffe erhalten bleibt, musste Chanel beim Sandelholz von Indien auf Australien ausweichen. Schuld daran ist der Klimawandel: Anhaltende Dürren machen die Produktion fast überall in Asien unsicher.

Für einige gefährdete Duftstoffe muss sich die Branche nun an die Biowissenschaft wenden. Einige Essenzen können inzwischen im Labor hergestellt werden.

(bsc)