So also sieht die Zukunft der Luxusindustrie aus. Eine nüchterne Fabrikhalle im Zürcher Oberland. Grauer Betonboden. Arbeitspulte aus Sperrholz aus den sechziger Jahren. Hartes Neonlicht. Gusseiserne Maschinen, von Hand betrieben. Geruch von Leim und Lösungsmitteln. Ein Arbeiter nimmt einen Ledereinband, bepinselt die Innenseite mit Leim, klebt einen Buchblock aus altrosa Papier hinein. Dann legt er das Stück in eine Presse, zieht die gewaltige Kurbel fest an, nimmt es nach zwei Minuten unter Druck wieder heraus. Schliesslich streicht er mit einem Teflonfalzbeil den edlen Ledereinband an der Klebestelle noch einmal glatt.

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18 Arbeitsschritte von Hand braucht es, bis ein Notizbuch fertig ist, vom Anbringen des Silberschnittes über das Ausstanzen der Register bis zum Einkleben des Zeichenbandes. Als «Bespoke Stationery», massgeschneiderte Papeterie, bezeichnet Geschäftsführer Markus van Grinsven von der Firma Kaspar seine Produkte «manufactured in Switzerland». Die Agenden, Notizblöcke, Fahrtenbücher verkaufen sich zu stolzen Preisen von 95 bis 700 Franken an wohlhabende Privatkunden – Yello-Musiker Dieter Meier ist ein Fan – oder an Luxushotels. Wer im «Dolder Grand» in einer Suite nächtigt, bekommt dort ein ganzes Set personalisiertes Briefpapier aus dem Hause Kaspar. «Kaspar repräsentiert die Zukunft der Luxusindustrie», ist Elmar Wiederin, Partner bei der Boston Consulting Group (BCG), überzeugt. «Die Marke steht für traditionelle Handarbeit, ausgeklügelte Features und Exklusivität.» Klein und fein ist die 2005 gegründete Steinhauser Firma, aber sie wächst.

Das können derzeit nicht viele Unternehmen der Luxusindustrie von sich behaupten. Von 290 auf 230 Milliarden Dollar, um rund 20 Prozent, dürfte der weltweite Markt für Prestigegüter 2009 schrumpfen, schätzt BCG. Ein nie da gewesener Einschnitt für die Branche – auch weil sie ihren Fokus in den Jahren des Booms verloren hat. Will die Industrie wieder an alte Zeiten anknüpfen, muss sie sich neu erfinden. «Die Branche erlebt einen Paradigmenwechsel», sagt Wiederin. Sieben Trends sind es, die ihre Zukunft entscheidend beeinflussen werden.

1. Handwerk und Glaubwürdigkeit

In den Boomjahren ab 2003 war die Luxusindustrie in weiten Teilen geprägt durch den Zeitgeist des Bling-Bling: Auffälligkeit, Oberflächlichkeit, Glamour wurden häufig wichtiger als das handwerkliche Können, das Logo wichtiger als die Verarbeitung. Die Quittung: 36 Prozent der Konsumenten sind laut einer Umfrage des New Yorker Luxury Institute davon überzeugt, dass die Qualität bei Luxuswaren abgenommen hat. Doch in Zeiten der neuen Bescheidenheit ist das Ostentative nicht mehr gefragt. «Die Leute sind auf der Suche nach echten Werten», sagt Nick Hayek, Chef der Swatch Group mit Luxusuhrenmarken wie Omega, Breguet und Blancpain. Kein Wunder, sind Firmen wie Franck Muller und DeWitt mit ihren auffälligen Uhren besonders unter Druck; der deutsche Modekonzern Escada mit seinen schreiend bunten Designs musste gar Insolvenz anmelden.

Eine kleine Gruppe von Luxushäusern hat den Verlockungen weitgehend widerstanden, liefert nach wie vor hohe Qualität und erarbeitet sich auch dank der emotionalen Positionierung in Kennerkreisen Reputation: der italienische Wollespinner Loro Piana etwa, die österreichische Schuhmanufaktur Ludwig Reiter oder der Stoff- und Modemacher Ermenegildo Zegna. «Diese Marken haben alle Voraussetzungen, zu den Stars der Branche aufzuschliessen und eines Tages die nächste Hermès zu werden», sagt Luxusspezialist Wiederin. Gleiches gilt für den Lederwarenhersteller Bottega Veneta, einen traditionsreichen Familienbetrieb, der seine Krise schon in den neunziger Jahren erlebte. Dann besann man sich auf die schlicht-edlen Wurzeln, konzentrierte sich auf die Handfertigung von Lederwaren und verbannte alle äusserlich sichtbaren Logos. Heute kann Bottega Veneta für eine Handtasche bis zu 20  000 Franken verlangen.

Auch Newcomer setzen auf eigenständiges Design in hoher handwerklicher Qualität, klare Markenprofile und erste eigene Boutiquen, um das Einkaufserlebnis sicherzustellen: Die Modemacher Tom Ford und Marc Jacobs etwa, die Schmuckhersteller Pomellato und die wiedergeborene Fabergé haben gute Chancen, sich dauerhaft in der Luxusgüterindustrie zu etablieren. Auch in der Schweiz gibt es kleine Luxushersteller mit Chancen für internationales Wachstum. A ma chère gehört dazu, eine Haute-Couture-Schneiderin in Zürich mit anspruchsvollem Kundenservice. Oder Christophe Graber, ein Juwelier mit ausgeprägter Handschrift: Er kombiniert ungewöhnliche Materialien wie Edelhölzer zu einzigartigen Schmuckstücken und besucht seine inzwischen weltweite Kundschaft regelmässig zu Hause.

2. Exklusivität

Luxus und Massenmarkt sind ein Widerspruch in sich. Und dennoch müssen die börsenkotierten Firmen ständig Wachstum aufweisen, um ihre Bewertungen zu rechtfertigen. Waren die grossen Luxushersteller früher nur in Mailand oder Paris präsent, finden sich heute ihre Boutiquen in fast jeder mittelgrossen Stadt. Die Folge: Die Marken verlieren ihre Exklusivität. In Japan besitzen 85 Prozent der Frauen zwischen 25 und 50 Jahren ein Produkt von Louis Vuitton. Auch Rolex ist mit ihren jährlich verkauften 750  000 Uhren nicht mehr wirklich elitär. Pierre Cardin hatte in den achtziger und neunziger Jahren gar so viele Produkte in Lizenz auf den Markt geworfen, dass die Marke ihren Nimbus komplett verlor.

Dem inhärenten Widerspruch der Demokratisierung des Luxus versuchen die Hersteller durch künstliche Verknappung zu begegnen: Limited Editions, bei denen der Uhrzeiger rot ist statt blau oder die Parfumverpackung eine andere Form hat. Immer mehr Kunden haben den Trick durchschaut und fordern echte Exklusivität: Wirklich speziell ist nur, was es in kleiner Zahl gibt, weil es gar nicht mehr davon geben kann.

Ein Romanée-Conti Grand Cru etwa, weil der Weinberg im Burgund pro Jahr nicht mehr als 5500 Flaschen hergibt. Pullis aus Vikunjawolle, weil von den einst 1,5 Millionen Hochlandlamas nur noch 200  000 existieren. Uhren mit Tourbillon, weil nur wenige Uhrmacher diese Komplikation herstellen können und damit Monate beschäftigt sind. Oder handgefertigte Schmuckstücke mit ganz individuellen Steinen. Die Ateliers von Bulgari, Cartier, Chopard oder Bucherer haben den Trend erkannt. Das Geschäft mit Haute Joaillerie auf Bestellung boomt.

Auch bei den Dienstleistungen zeichnet sich echter Luxus in Zukunft wieder durch Knappheit aus: Der First-Class-Flug wird dem Geschäftsreisenden inzwischen per Upgrade nachgeschmissen. Ein Flug mit Richard Bransons Virgin Galactic aber wird angesichts der geringen Platzzahl noch auf Jahre exklusiv bleiben. Ebenso eine Reise zum Gorilla-Watching in Ruanda, für das die Regierung nur ein paar hundert Touristenvisa pro Jahr erteilt, oder ein Platz im Restaurant El Bulli.

3. Persönlicher Service

Den besten Service im Handel bieten noch immer die inhabergeführten Geschäfte, die ihre Kunden und deren Bedürfnisse genau kennen und sie auch schon mal anrufen, wenn sie glauben, etwas Passendes zu haben. Demgegenüber wissen die Luxuswarenhersteller wenig bis nichts über ihre Kunden – ausser den allgemeinen Zielgruppenmerkmalen wie vermögend, gebildet, viel reisend oder bereit, für gute Qualität Geld auszugeben. Das reicht weder für gezielte Produktentwicklung noch für einen persönlichen Service. Bislang. Denn immer öfter versuchen die Luxushersteller,
an den Händlern vorbei zu den Endkunden zu gelangen, um den Service zu personalisieren. «Der Druck wird jedes Jahr grösser», sagt René Beyer vom gleichnamigen Uhrengeschäft an der Zürcher Bahnhofstrasse.

Beispiel Hublot: Beim Verkauf einer Uhr muss der Händler deren Seriennummer über das Internet aktivieren, zusammen mit den Adressdaten des Käufers – sonst hat dieser keinen Anspruch auf Garantie- oder Reparaturleistungen. Danach erhält der Käufer Zugang zu einer Hublot-Community im Web, kann sich mit anderen Besitzern und dem Management unterhalten. Von einem «phänomenalen Austausch» spricht Hublot-Chef Jean-Claude Biver. Er nutzt die so gewonnenen Daten, um seine Kunden zu Events einzuladen und sie enger an die Marke zu binden. Dass auch den Fälschern das Leben schwer gemacht wird, ist ein positiver Nebeneffekt. Breitling arbeitet an einem ähnlichen System.

Bei den Parfums ist Thierry Mugler Vorreiter: In jeder Packung des Duftwässerchens Angel findet sich ein Antrag auf Mitgliedschaft im Privileged Club. Für die Kunden werden Special Events organisiert, Trendsetter werden mit Geschenken an die Marke gebunden. Die Folge: Ohne grosse weitere Werbeunterstützung ist Angel unter den drei meistverkauften Parfums in Frankreich, Spanien und Deutschland. Aus der Datenbank lassen sich zudem wertvolle Erkenntnisse für weitere Produkteinführungen ziehen. Boss und Tod’s haben ähnliche Datenbanken aufgebaut, welche die Kundentreue erhöhen und das Crossselling erleichtern.

4. Luxusdienste statt -güter

Fragt man Topmanager, was ihr grösster Luxus sei, kommt als Antwort unisono «Zeit». Längst gibt es einen eigenen Wirtschaftszweig, der davon lebt, viel beschäftigten Menschen Zeit zu sparen: vom Personal Trainer, der den Gang ins Fitnessstudio spart, über den Störkoch, der zu Hause das Festmahl anrichtet, bis zum persönlichen Coiffeur, den sich längst nicht mehr nur Hollywoodstars leisten. Der Markt für diese zugänglichen Luxusdienste wird stark überproportional wachsen, erwartet Wiederin: «Bei den wirklich exklusiven Diensten aber wird der Preis wegen des begrenzten Angebots steigen.» Anders als etwa in der Hotellerie fehlen hier aber noch die starken internationalen Brands – das bietet Chancen für neue Player auf dem Luxusmarkt.

5. Technologie erobert den Luxusmarkt

Was früher der Hut, der Schirm oder der Gehstock waren, sind heute der Laptop, der MP3-Player oder das Handy: ständige Begleiter, die zum Statussymbol mutieren. Die Nokia-Tochter Vertu erschloss den Luxusmarkt für Mobiltelefone zuerst und dürfte heute bereits 30  000 Stück im Jahr absetzen. Auch traditionelle Uhrenhersteller wie TAG Heuer oder Ulysse Nardin sind inzwischen auf den Edelhandy-Zug aufgesprungen. Das Marktvolumen soll nächstes Jahr bereits acht Milliarden Franken betragen. Der Segway wiederum hat einen ganz neuen Luxusmarkt erschlossen: jenen des Personal Transport. Mit zunehmendem Fortschritt in der Batterietechnik dürfte hier eine neue Luxuskategorie entstehen. Ähnliches gilt für das Dienstmädchen des 21.  Jahrhunderts, den Roboter. Hierzulande ist man über Rasenmäher- und Putzroboter noch kaum hinausgekommen. In Japan spielen Roboter bereits eine wichtige Rolle bei der Alten- und Krankenpflege. Und in den nächsten Jahren gibt es ein Luxusgut, von dem die Nachkriegsgeneration nicht einmal zu träumen gewagt hätte: den Weltraumflug. Mit dem zunehmenden Einsatz neuer Technologien wird sich der Luxusmarkt zweiteilen: Einige Bereiche werden wie bisher auf Tradition und Handarbeit setzen und daraus ihre Legitimation ableiten. Andere Firmen werden konsequent die Technologiekarte spielen.

6. Health and Sustainability

Die Bewegung der Lohas (Lifestyle of Health and Sustainability) erfasst immer breitere Kreise der Konsumenten: In den USA fühlen sich 23 Prozent den Lohas zugehörig, weitere 38 Prozent sympathisieren mit ihren Ideen. Kein Wunder, ist um sie herum ein ganzer Markt entstanden – allein in den USA wurde er 2008 auf eine halbe Milliarde Dollar geschätzt. Für die Luxusindustrie sind die Lohas interessant, verfügen sie doch im Schnitt über 40 Prozent mehr Einkommen als Otto Normalverbraucher.

Das wollen in Zukunft vor allem die Hersteller von Luxuslimousinen abschöpfen: Mercedes hat soeben das erste Modell der S-Klasse mit Hybridmotor vorgestellt, Lexus ist hier schon lange präsent. Andere ziehen nach: Lamborghini arbeitet an einer Hybridlösung, ebenso Porsche für die Modelle Cayenne und Panamera. Die Zuffenhausener planen zudem ein Elektroauto, ebenso Rolls-Royce. In zehn Jahren werde jede fünfte Limousine mit einem Alternativantrieb ausgestattet sein, erwartet BCG.

Zu Wasser gibt es das schon seit 15 Jahren. Beim Motorboothersteller Boesch in Kilchberg ZH machen wasserskitaugliche Elektroboote inzwischen ein Drittel des Umsatzes aus – und das bei Listenpreisen von bis zu 275  000 Franken. «Wir sprechen damit vor allem Leute an, die Bootsfahren mit ruhigem Gewissen geniessen wollen», sagt Markus Boesch, Mitglied der Geschäftsleitung. «Sie wählen ein Holzboot, weil Holz nachwächst, und einen Elektroantrieb, weil er emissionsfrei ist.» Als Nächstes soll sogar der Strom dafür aus werfteigenen Solaranlagen kommen.

Noch aber sind Nahrungsmittel der grösste Markt für Lohas-Produkte. Wie die Zukunft der Branche aussehen könnte, zeigt Daylesford Organic. Die biologisch betriebene Farm etwas ausserhalb von London wurde 2003 von der Milliardärsgattin Lady Carole Bamford gegründet. Sie versorgt die Superreichen Londons mit Bio-Gemüse, -Milch und -Fleisch sowie Fertiggerichten von Michelin-besternten Küchenchefs. In den besseren Kreisen der Metropole sind die Produkte Kult, obwohl oder gerade weil die Preise 20 bis 30 Prozent über dem normalen Niveau liegen. «Jeweils eine derartige Farm in der Nähe der 50 grössten Metropolen würde ausreichen, um die Essgewohnheiten von 40 Prozent der weltweiten Luxuskunden zu ändern», sagt Wiederin. Dieter Meier verfolgt mit der Produktelinie Ojo de Agua aus seiner argentinischen Ranch ein ähnliches Konzept.

Die dritte grosse Luxuskategorie der Lohas sind Naturkosmetika. Marken wie Aesop, Nuxe oder Dr. Hauschka halten – je nach Definition – bereits einen Anteil von 20 bis 35 Prozent und wachsen rund doppelt so schnell wie der Markt. Derartige Zahlen rufen immer mehr Hersteller auf den Plan. François-Henri Pinault, Chef des Luxuskonglomerats PPR (Gucci, Yves Saint Laurent, Bottega Veneta), will sogar den ganzen Konzern umbauen: «Green is the new black», sagt er in Anspielung auf die edleren (und teureren) Produktlinien wie Johnny Walker Black Label oder Ralph Lauren Black. «Wir arbeiten in einer Industrie, in der manche Produkte am Ende der Saison zerstört werden», sagt er. «Das ist nicht normal.» In Zukunft soll PPR weniger, dafür nachhaltigere Produkte herstellen. Ein Trend, dem sich auf die Dauer kein Luxushersteller entziehen kann.

7. Neue Geschäftsmodelle

Bislang tat sich die Luxusbranche schwer mit dem Internet – anders als die meisten anderen Industrien. Zu viele Fälschungen im Netz, zudem fehlt das Einkaufserlebnis. Die Folge: Weniger als fünf Prozent des Luxusgüterumsatzes werden heute über das Internet abgeschlossen. Doch der Online-Druck der Kunden steigt: 65 Prozent aller Käufer informieren sich vor dem Kauf über die Webpage der Luxusfirma. Nur noch jeder Fünfte sieht laut Luxury Institute eine Marke, die im Internet verkauft wird, nicht mehr als Luxus. Und immer grössere Kundengruppen, etwa Geschäftsfrauen, nehmen sich nicht mehr die Zeit für das Einkaufserlebnis, sondern kaufen auch Prestigegüter möglichst effizient online ein. Vorteil für die Händler: «Die Lagerhaltungs- und Distributionskosten sinken massiv», sagt Wiederin.

Lange Zeit war Net-a-porter.com der einzige ernstzunehmende Online-Player im Luxusmarkt. Nun stossenWebsites wie Portero.com, Couturelab.com oder Ideeli.com nach. Dabei muss man die Prestigegüter gar nicht einmal kaufen. Firmen wie Avelle (www.bagborroworsteal.com) vermieten Uhren, Schmuck und Handtaschen. Selbst Kunstwerke lassen sich leasen (siehe Artikel «Kunstvoll mieten»).

Oder man setzt auf Firmen wie Luxury: ein kleines Ladengeschäft im Zürcher Niederdorf, 80 Quadratmeter, voll von Luxusartikeln. Stilettos von Jimmy Choo und Manolo Blahnik für 190 bis 290 Franken, Foulards von Hermès für 290 bis 400 Franken, eine Kelly Bag für 6900 Franken. Luxury handelt mit Second-Hand-Luxusgütern, die nie oder nur einmal benutzt wurden. «Einen Fehlkauf macht jeder mal – bei uns sammeln sie sich», sagt Geschäftsführer Mario Margelist. «Wenn eine Frau 200 Paar Schuhe pro Jahr kauft, wird sie nicht alle tragen können.» 5000 Artikel umfasst das Sortiment, vom Schlüsselanhänger zu 40 Franken bis zur Birkin Bag aus Alligatorleder für 60  000 Franken, für welche die Warteliste normalerweise zwei Jahre beträgt. Einen siebenstelligen Umsatz erzielt die 2005 gegründete Firma bereits, vor zwei Jahren hat sie in Paris die erste Auslanddépendance eröffnet. Vor allem aber ist Margelist weltweit einer der Ersten der Branche, der konsequent auf das Web setzt. Drei Viertel seines Umsatzes erzielt er über sein Onlineportal www.luxury-shops.com. Er liefert bis nach Australien und bekommt von dort auch Ware angeboten. Für ihn gibt es keine Krise: «Irgendwo auf der Welt hat es immer Nachfrage.» In diesem Jahr rechnet er mit 10 Prozent Wachstum, in besseren Zeiten sogar mit jährlich 20 Prozent: «Der Webverkauf hat noch grosses Potenzial.»

Die Zukunft des Luxus kann also auch so aussehen. Man muss sich ihr nur stellen. Die Geschichte ist voller Marken, die den Zug verpassten: Porzellanfirmen wie Rosenthal, Meissen oder Nymphenburg etwa, Kristallglashersteller wie Baccarat, Silberwarenmanufakturen wie Christofle, Lederwarenhersteller wie Dunhill: «Sie alle besitzen grosses handwerkliches Können, aber weil sie zu lange im Altbekannten verharrten, haben diese Marken stark an Glanz verloren», sagt Wiederin. Wer sich jedoch neu erfindet, wird auch die schwierigen Zeiten überstehen. Denn eines – das sagt nicht nur Mario Margelist – ist sicher: «Der Luxusmarkt wird nie sterben.»