Klare Linien, so zeichnen sich die Gebäude des Schweizer Architekten Peter Zumthor aus. Klare Ansagen haben ihm den Ruf eingebracht, schwierig zu sein. Klare Urteile hat er trotzdem parat. Am Donnerstag wird er 75 Jahre alt.
Die Stimmung, das Klima, die Wolken, das Licht: Wer Peter Zumthor über seine Projekte reden hört, denkt nicht sofort an Beton und Steine oder Gebäudedesign. So ist der Architekt aber, er baut, um Einklang mit der Natur herzustellen, um emotional zu berühren. Er baut in Los Angeles an einem Museum, in Südkorea eine Bibliothek und in Antwerpen ein Hochhaus.
Sieben, acht Projekte gleichzeitig: für den Schweizer kein Problem. Kürzertreten ist kein Thema. «Ich arbeite gerne, es hält mich am Leben, warum sollte ich?» sagt er. Am Donnerstag, 26. April, wird Zumthor 75 Jahre alt.
Zumthor-Bauten haben klare Linien und hochwertige Materialien, wie etwa an den Thermen Vals in Graubünden oder dem Kunsthaus Bregenz am Bodensee zu sehen ist. Er hat zahlreiche Preise gewonnen, darunter 2009 die Mutter aller Architekturpreise: den Pritzker, der als Nobelpreis der Architekten gilt. Die Jury lobte die «zeitlose Präsenz» seiner Bauten. «Er hat das seltene Talent, klare und strenge Denke mit einer wahren poetischen Dimension zu verbinden - daraus entstehen Arbeiten, die nie aufhören zu inspirieren.»
«Ich bin Künstler-Architekt»
«Es klingt jetzt vielleicht ein bisschen hochgestochen, aber ich bin Künstler-Architekt», sagt Zumthor der Nachrichtenagentur dpa bei einem Besuch im Museum Fondation Beyeler in Basel. Zumthor hat hier die Erweiterungsbauten konzipiert, darunter ein Haus der Kunst und ein Pavillon für Veranstaltungen, die sich in die Parklandschaft integrieren werden. Die Grundsteinlegung ist etwa 2020 geplant.
Ein Heimspiel für Zumthor. Er lebt und arbeitet zwar seit mehr als 40 Jahren in Graubünden, aber Basel sei eben auch noch Heimat, sagt er. «Hier kenne ich die Wolkenbilder, hier weiss ich, wie der Wind weht», sagt Zumthor. «Ich kenne Wetter, Licht, Jahreszeiten und weiss, wie Material bei Regen aussieht.» Nicht zu vergessen das menschliche Klima. «Je weiter weg ich bin, desto länger brauche ich, um zu verstehen, was die Leute meinen, wenn sie sagen, was sie wollen.»
Die Berlin-Geschichte
Das Verstehen war selbst im relativ nahen Berlin so eine Sache. Zumthor hatte 1993 den Zuschlag für das Museum «Topographie des Terrors» bekommen, das Dokumentationszentrum zur Aufarbeitung des Terrors in der NS-Zeit. Im Grunde hätte er gleich zu Beginn merken müssen, dass das problematisch werden könne, sagt er. Zu viele Beteiligte, zu viele Sonderwünsche. Trotzdem blieb er zehn Jahre bei dem Projekt, bis Berlin den Bau 2004 stoppte.
Aus Kostengründen, wie der Senat damals sagte, weil alles viel teurer wurde als gedacht, unter anderem wegen einer Bauverzögerung und einer Baufirma, die dann noch pleite ging. Aus politischen Gründen, heisst es aus Zumthors Büro. «So etwas würde mir heute nicht mehr passieren», sagt er. Berlin und Zumthor trennten sich im Streit.
Lob für den berühmten Landsmann
Dem Architekten eilt der Ruf voraus, stur oder gar arrogant zu sein. So kommt der weisshaarige Mann, der leise spricht und gerne lacht, heute gar nicht rüber. «Ich war vielleicht früher verschlossener, scheuer», sagt Zumthor. «Aber ich habe beizeiten gelernt, harte Forderungen freundlich zu stellen.»
Man könnte auch sagen: klare Urteile freundlich zu verpacken.
Etwa bei der Betrachtung berühmter Bauten. Der Eiffelturm von Gustave Eiffel: «Tolle Ingenieursleistung, aber berührt mich emotional nicht.» Der Petersplatz in Rom von Gian Lorenzo Bernini: «Beeindruckend, aber zu monumental.» Bei seinem Landsmann Le Corbusier gerät Zumthor aber ins Schwärmen: «Seine Bauten berühren mich, alle. Es gibt nichts von Le Corbusier, das schlecht ist.»
(sda/ccr)