Kühne Komposition, klare Gliederung, einfache Linienführung, grossflächige Farbgebung, Beschränkung auf das Wesentliche und klare Aussage – so lassen sich die Kriterien für ein gutes Plakat zusammenfassen. Damit es auch als Sammelobjekt wertvoll ist, muss es von einem bekannten Grafiker stammen. Allfällige Restaurationen müssen fachgerecht ausgeführt und möglichst unsichtbar sein. Knick- oder Faltspuren dürfen die Darstellung nicht beeinträchtigen. Ein wesentlicher Aspekt ist ausserdem die Farbfrische. War ein Plakat lange ausgehängt, sind die Druckfarben meist verblasst. Ein Sammlerplakat kommt deshalb im Idealfall direkt aus dem Lagerbestand einer Druckerei oder Plakatiergesellschaft und war nie der Witterung ausgesetzt. Im Gegensatz zur Künstlergrafik sind Fälschungen bei Plakaten kein Thema. Denn es fehlen Signaturen und Nummerierungen, die man manipulieren kann, um den Preis in die Höhe zu treiben. Ähnlich wie bei alten Briefmarken steht nie mit Sicherheit fest, wie hoch die Auflage war und wie viele Exemplare möglicherweise noch auftauchen werden.
Der wichtigste preisbildende Faktor ist das Motiv. Sehr gesucht sind etwa klassische Reise- und Tourismusplakate, besonders die luxuriösen Wintersportorte der Schweiz. Verfügt ein Plakat gar über den «St. Moritz-Bonus», schnellt der Preis steil in die Höhe. Solche Stücke – etwa das begehrte Sujet «Skirennen St. Moritz 1920» – sind inzwischen rar und kommen kaum noch auf den Markt. Ebenso gesucht wie beliebt sind Schifffahrtsplakate der grossen internationalen Reedereien oder die Werbeplakate der berühmten Bahnlinien.
Die meisten der heute gesammelten Werke sind Farblithografien von bekannten Künstlern. Preise von über 100000 Dollar, wie sie etwa Ende der 1980er-Jahre in New York für Toulouse-Lautrecs «Moulin Rouge» bezahlt wurden, sind die Ausnahme. Die Mehrzahl der Preise reicht im Handel und auf Spezialauktionen von einigen Hundert bis einige Tausend Franken, wobei die Preise seit einigen Jahren auf mittlerem Niveau stabil sind. Eine gewisse Wertsteigerung ist gegeben, doch sollte sie nicht im Vordergrund der Sammlertätigkeit stehen.
Die Schweiz hat eine erfolgreiche Plakattradition. Sehr bedeutende frühe Werke stammen vom Basler Burkhard Mangold. Dieser gehörte zusammen mit Emil Cardinaux, Eduard Stiefel und Otto Baumberger in den ersten beiden Jahrzehnten des 20. Jahrhunderts zu den Begründern der Schweizer Plakatlithografie. In den 1940er- und 1950er-Jahren waren es Grafiker wie Herbert Leupin, Alois Cargiet oder Niklaus Stoecklin, die mit ihren prägnanten Werbeplakaten den «Swiss Style» europaweit berühmt machten. Herbert Leupin (1916–1999) gilt als der Doyen der Schweizer Werbegrafik. Mit einem Gesamtwerk von rund 1000 Plakaten zählt er zu den produktivsten Schweizer Plakatkünstlern. Dutzende seiner Werke wurden mit nationalen und internationalen Preisen ausgezeichnet. Nicht der plumpe Kundenfang stand im Vordergrund, sondern Bild- und Wortwitz, Charme und Humor. Mit seiner Ästhetisierung des Banalen hat er der Schweizer Plakatkunst zu Weltruhm verholfen.
Werke von Herbert Leupin sind auch bei der Plakatauktion von Guido Tön am 15. Oktober in Zürich zu finden. Seit 1989 führt Tön in Zürich im Frühjahr und im Herbst Plakatversteigerungen durch und hat sich bei internationalen Sammlern einen Namen gemacht. Die Bieter kommen vor allem aus der Schweiz sowie dem übrigen Europa und den USA. Die kommende Herbstauktion ist mit über 600 Plakaten aus den verschiedensten Bereichen bestückt. Die meisten Objekte werden bereits für wenige Hundert Franken ausgerufen. Ein bedeutender Schwerpunkt liegt mit 300 Plakaten auf dem Sektor Tourismus, Hotellerie und Gastgewerbe. Daneben werden schöne Plakate der italienischen Staatsbahnen sowie eine kleine, aber erlesene Sammlung alter Fahrradplakate zu Preisen ausgerufen, die weit unter den üblichen Handelspreisen liegen. KatrinBachofen
Guido Tön Plakate Zürich, www.poster-auctioneer.com, Auktion: 15. Oktober 2011, Swissôtel, Zürich.