«Denk ich an Deutschland in der Nacht, dann bin ich um den Schlaf gebracht ...», so schluchzte der vielleicht deutscheste aller deutschen Dichter, Heinrich Heine, in seinem Pariser Exil. Allerdings weniger, weil ihm die Hügel der Mittelgebirge fehlten, sondern weil er seine Mutter seit einem Dutzend Jahren nicht mehr gesehen hatte.
Dass nun ein Porschianer hätte schluchzen müssen, wenn er vor 2014 an einen kompakten Geländewagen dachte, kann man getrost ausschliessen – kein Sportwagenbauer, der seiner Arbeit mit Herzblut nachgeht (gibt es überhaupt andere?), käme auf die Idee, sich einen Kompakt-Geländewagen für die Modellpalette herbeizuwünschen.
Mit Begeisterung für Kurven und Slaloms
Dass Porsche ihn heute trotzdem baut, liegt am enormen Kundeninteresse an diesem Segment. Man sitzt darin hoch, zumindest etwas höher als viele andere, und den eher überschaubaren Kofferraum entlädt man bequem, ohne sich bücken zu müssen. Die erhabene Sitzposition vermittelt zudem das beruhigende Fahrgefühl eines Radpanzers; jedenfalls mehr, als das ein ordinärer Kombi könnte – obwohl Kombis meist viel mehr Platz im Inneren bietet als SUV, wobei der umbaute Raum ähnlich umfangreich sein dürfte. Darin muss die Anziehungskraft des SUV wohl liegen ... Aber jetzt schweifen wir ab.
Worum es hier geht: Beim Macan haben es die Mannen und Frauen aus Zuffenhausen geschafft, dem Geländewagen sportliche Gene einzupflanzen. Klar, die Fahrzeugplattform stammt vom Konzernbruder Audi Q5, aber wer nicht mit Sanitärwerkzeug auf die Suche geht, wird die Verwandtschaft kaum nachweisen können. Der Macan gibt sich beim Fahren deutlich weniger hochbeinig als der Audi und andere kompakte SUV, er scheint Kurven regelrecht zu mögen, wedelt begeistert durch den Hütchenslalom und liegt auch rein optisch viel satter auf der Strasse – die sehr flache Heckscheibe verleiht Sportlichkeit, zerstört dafür aber einiges an Gepäckraum.
Es gibt nur wenig zu meckern
Enge herrscht auch im Führerstand; der Pilot ist eingepackt zwischen Tür, Steuer und dem mächtigen Mitteltunnel, der Porsche-typisch eine Ameisenarmee an Tasten und Schaltern trägt, alles in der gewohnten Hartplastikausführung. Porsche hat inzwischen durchblicken lassen, dass man hier Handlungsbedarf erkannt hat – nicht zu früh, möchte man anmerken. Aber das ist Meckern auf höchstem Niveau. Der Macan ist wie bei Porsche üblich ein hervorragendes Auto, wie gewohnt auch kein günstiges. Und zum Glück ist auch der Macan ein Sportwagen.
Porsche Macan S
Antrieb: 3-Liter-V6-Benzinmotor mit Doppelturbo
Verbrauch: 8,7 Liter Super Plus
Leistung: 340 PS (250 kW)
Beschleunigung 0–100 km/h: in 5,4 s
Höchstgeschwindigkeit: 254 km/h
Preis: ab 74 800 Franken
Dirk Ruschmann fährt seit 25 Jahren Auto und arbeitet seit zehn Jahren für die «Bilanz». Er schreibt über Unternehmen, Manager, Autos und andere bewegliche Teile.