Exakt 399,7 Milliarden Franken! So viel besitzen die 300 Reichsten der Schweiz zusammen. Eine Menge Kies. Und doch war es auch schon mehr; im Jahr 2000 waren die 300 Reichsten insgesamt mit 420 Milliarden gesegnet. Dann barst die Internetblase, die Aktienkurse schmierten ab. In der Folge hinterliessen Börsenbaisse und Konjunkturflaute ihre Spuren in den Bankkonten der Vermögendsten. Bis ins Jahr 2002 schmolz ihr Gesamtvermögen auf 340 Milliarden. Die letzten drei Jahre ist es wieder aufwärts gegangen. Allein 2005 schwoll der Besitz der 300 Reichsten um 8,4 Prozent oder runde 31 Milliarden an, liegt die Messlatte also bei rund 400 Milliarden Franken.

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Die gewaltige Vermehrung in diesem Jahr war möglich, weil fast alle Rahmenbedingungen stimmten. Wichtigste Ingredienz, damit Reiche noch reicher werden: der Boom an den Börsen rund um den Globus. Vor allem der Schweizer Markt hielt ganz vorne mit, der Swiss Performance Index (SPI) rückte bis Mitte November um 33 Prozent vor. Ebenso geschmiert läuft der Kunstmarkt, für nicht wenige der 300 Reichsten ein bedeutender Stimulus ihres Wohlstands. Auch die dank rekordtiefen Zinsen hohe Nachfrage nach Immobilien sorgt in dieser Branche für fette Gewinne; zwar ist nur jeder 30. der Reichsten direkt in diesem Bereich tätig, doch halten fast alle Vermögenden auch Immobilien in ihrer Habe. Auch im Geschäft mit Luxusgütern ist Prosperität angesagt.

400 Milliarden! Das sind, auf die 300 Köpfe respektive Familien umgelegt, durchschnittlich 1333 Millionen Franken. Doch wie jede Durchschnittszahl hat auch diese keine grosse Aussagekraft, denn Reichtum ist nicht nur im Volk ungleich verteilt, sondern sogar unter den 300 Reichsten der Schweiz: Lediglich 75 Superreiche verfügen über ein Vermögen, das diesen Durchschnitt erreicht oder übertrifft – nur gerade jeder Vierte. Dafür ist der Milliardensegen an der Spitze umso reichlicher vorhanden: Die Top Ten besitzen zusammen 103 Milliarden Franken. Und sie vermehren ihren Besitz von Jahr zu Jahr überdurchschnittlich. Dies ist die 17. Ausgabe der goldigen BILANZ. Bei der Erstausgabe von 1989 wurde den damals erfassten 100 Reichsten ein Gesamtvermögen von 66 Milliarden zugebilligt. Heute schaffen allein die fünf Reichsten diesen Betrag spielend.

Die zehn Superreichen beanspruchen auch beim Gesamtzuwachs – 31 Milliarden Franken bei den 300 Vermögendsten – den Löwenanteil für sich. Alleine die Top Ten konnten ihr Hab und Gut um über 22 Milliarden mehren (siehe Artikel zum Thema «Die grössten Aufsteiger»). Den stärksten Zuwachs, gleich fünf Milliarden, verbuchte Ingvar Kamprad. Mit einem geschätzten Vermögen von 20 bis 21 Milliarden Franken führt der 79-jährige Möbelmagnat unverändert und mit Abstand die Spitze der 300 Reichsten an.

Diese gewaltige Aufbesserung lässt sich einmal mit dem starken Umsatzwachstum beim Möbelhaus Ikea erklären. Zudem hat Interbrand Zintzmeyer & Lux in ihrer diesjährigen Rangliste der weltweit wertvollsten Marken den Wert der Firmierung Ikea deutlich auf 7,8 Milliarden Dollar angehoben. Der Hauptgrund für das anschwellende Vermögen des Wahlwaadtländers mit schwedischen Wurzeln: BILANZ konnte nun lokalisieren, wohin die Gebühren aus Franchiseverträgen und Lizenzen für das Warenzeichen fliessen, nämlich nach Luxemburg. Diverse diskret auftretende Finanzgesellschaften kassieren unter Inter Ikea jährlich etwas über eine halbe Milliarde; das ist mehr, als wir bislang geschätzt haben.

20 bis 21 Milliarden Franken ist eine überaus vorsichtige Schätzung, doch trägt diese dem Umstand Rechnung, dass über Bilanz und Erfolgsrechnung des Ikea-Konzerns nichts bekannt ist, also auch nicht die Schuldensituation. Das Wirtschaftsmagazin «Forbes» weiss zwar auch nicht mehr als BILANZ, hat jedoch weniger Berührungsängste; die Amerikaner setzen das Besitztum des alten Schweden mit 30 Millarden Franken an. Abgehoben dagegen die 68 Milliarden Franken, die das schwedische Wirtschaftsjournal «Veckans Affärer» ihrem in der Ferne lebenden Landsmann Kamprad zubilligten; die Schweden wollten den reichsten Menschen dieser Welt in ihren Reihen wissen – obwohl Kamprad längst begeisterter Wahlschweizer ist.

Um gleich vier Milliarden Franken auf neun bis zehn Milliarden vorgerückt ist die Familie Brenninkmeijer. Wie bei Ingvar Kamprad sind auch bei den Besitzern der Kleiderkette C&A bislang vor den Augen der Öffentlichkeit gehütete Sparschweine zum Vorschein gekommen. Die Cofra Holding, das Dach über dem Textilkonzern, nennt seit neustem Zahlen: Schon nur die im Firmenbesitz stehenden 1000 Geschäftshäuser repräsentieren einen Wert von gegen zehn Milliarden Franken. Der Vermögenszuwachs der in Genf lebenden Familie Latsis, in der christlichen Seefahrt reich geworden und heute im Bank- und Finanzgeschäft aktiv, kann sich mit 3,85 Milliarden ebenfalls sehen lassen. Für den Zustupf im Familienvermögen dürfen sich die Latsis bei den Anlegern bedanken; sie brachten das auf ihre Initiative vor zehn Jahren gegründete Zürcher Bankhaus EFG an die Börse und kassierten dafür kernig.
Ebenfalls der Gunst des Aktienmarktes zu verdanken haben die Basler Familien Oeri und Hoffmann den um drei Milliarden erhöhten Wert ihrer Beteiligung an Roche. Die Titel des Pharmakonzerns sind dank dem Grippemittel Tamiflu, aber auch wegen weiterer viel versprechender Präparate aus der Produktepipeline auf Höhenflug.

Während die meisten Reichsten bei ihren Vermögen zugelegt haben, sind kaum Verlierer auszumachen; nur mit Mühe und Not konnte die Liste der «grössten Absteiger» mit zehn Namen bestückt werden (siehe Artikel zum Thema «Die grössten Absteiger»). Zudem hat der grösste Absteiger, der 78-jährige Curt G. Engelhorn, die zwei Milliarden Franken nicht wirklich verloren. Der Wahlschweizer entledigte sich höchstselbst «nennenswerter Teile meines Vermögens», indem er seine fünf Kinder «mit grossen Batzen» bedachte – sie sollen lernen, mit Geld umzugehen. Wobei: 400 Millionen pro Kopf sind schon etwas mehr als ein grosser Batzen. Engelhorn bleibt dennoch mit dem Rest von drei bis vier Milliarden Franken genug zum Leben.

Auch andere Reichste haben in diesem Jahr einen grossen Teil der Vermögen ihren Kindern in Form von Erbvorbezügen weitergereicht. Seit die Steuerämter die direkten Erben nicht mehr fiskalisch zur Ader lassen können, erfreuen sich Erbvorbezüge zunehmender Beliebtheit.

Ein echter Absteiger ist Klaus J. Jacobs. Während sich seine Beteiligung am Schokoladehersteller Barry Callebaut erfreulich entwickelt, bereitet ihm das Engagement bei Adecco Verdruss; die Aktien des Personalvermittlers
haben sich seit dem zwei Jahre zurückliegenden Skandal um gefälschte Bilanzen nie mehr erholt – obwohl der Skandal, wie sich im Nachhinein herausstellte, nicht einmal ein Skandälchen war. Unter dem Strich beklagt Jacobs bei seinen Investments eine Werteinbusse von 800 Millionen Franken – auf dem Papier, wohlgemerkt. ................................................................................................
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Das Minus von 200 Millionen bei Hansjörg Wyss hat dagegen Zufallscharakter, es kann bei einem Gesamtvermögen von mehr als neun Milliarden beinahe als Tagesschwankung bei seinem Hauptinvestment, dem Medtechkonzern Synthes, bezeichnet werden.

Die Reichsten-Liste ist einem stetigen Wandel unterworfen: Jedes Jahr kommen neue Namen dazu, alte müssen weichen. Auch wenn die betreffenden Personen unverändert ein Vermögen von mindestens 100 Millionen ihr Eigen nennen, so viel, wie für den Eintritt in die BILANZ-Liste nötig ist. BILANZ könnte inzwischen locker 400 Reichste aufführen. Doch wir wollen es bei einer Auslese belassen. In diesem Jahr fielen 17 Namen der Delete-Taste zum Opfer (siehe «Überzählige»).

Andere wiederum mussten endgültig aus der Zusammenstellung gestrichen werden. Beispielsweise der Name Rausing; die weit verzweigte Nachkommenschaft des aus Schweden stammenden Gründers der längst im waadtländischen Pully niedergelassenen Tetra-Laval-Gruppe – dank der genialen Idee mit der Getränketüte Tetra Pak zu immensem Wohlstand gekommen – hat sich in alle Winde zerstreut. In der Schweiz lebt inzwischen kein Familienmitglied mehr mit über 100 Millionen Vermögen. Womit die einige Jahre an zweiter Stelle der Reichsten-Hitparade liegende Dynastie mit zuletzt 14 bis 15 Milliarden aus Rang und Traktanden gefallen ist. Nur zwei Sommer lang tanzte der aus Grossbritannien zugezogene Mohammed Al-Fayed an den steuermilden Gestaden des Genfersees. Der gebürtige Ägypter, dessen Sohn Dodi als Lover und Beifahrer von Lady Diana mit der Prinzessin 1997 in Paris tödlich verunfallte, ist Besitzer des berühmten Londoner Kaufhauses Harrods und des Pariser Nobelhotels Ritz. Er hat seine Koffer gepackt und ist ins noch etwas steuerfreundlichere Fürstentum Monaco gezogen.

BILANZ kann für dieses Jahr 22 neue Reichste präsentieren. Diese besitzen zusammen 12,1 Milliarden Franken, pro Nase rund 550 Millionen. Die Debütanten liegen damit weit unter dem Durchschnittsvermögen der 300 Reichsten von 1333 Millionen. Was zeigt, dass es immer schwieriger wird, weitere Begüterte mit strammem Besitztum auszuspähen. Unmöglich ist dies aber nicht, wie das Beispiel der neu aufgeführten Familie Bata zeigt; das Europageschäft der ursprünglich tschechischen Firma, die in gut 4600 Filialen und 40 eigenen Produktionsstätten etwa 40 000 Leute beschäftigt, wird von Lausanne aus geleitet. Konzernchef Thomas G. Bata, der Enkel des Firmengründers, wohnt ebenfalls in der Westschweiz. Die Familie versteuert ein geschätztes Vermögen von drei bis vier Milliarden Franken. Auch sonst sind unter den Neuen interessante Zuzüger auszumachen wie Speckkönig Alexander Ospelt («Mal besser. Malbuner»), die beiden seit dem Zusammenschluss von Bank am Bellevue und Swissfirst ins Rampenlicht geratenen Bankiers Hans Jörg Graf und Martin Bisang, Bettina Würth vom gleichnamigen Bauzubehörgiganten oder Margherita Agnelli de Pahlen, die seit dem Tod ihres Vaters, des Fiat-Chefs Gianni Agnelli, im Waadtland das Familiensilber hütet.

In der Reichsten-Liste erfolgte bei den Kategorien eine Anpassung an die neuen Realitäten. So wurde in diesem Jahr die Vermögenskategorie der wohlsituiertesten Politiker gestrichen; seit Christoph Blocher sich aus dem Machtbereich der Ems verabschiedet und seine vier Kinder reichlich bedacht hat, Walter Frey dem Parlament Tschüss gesagt und Nationalrat Otto Ineichen das Schalten beim Grossposten-Verwerter Otto’s seinem Sohn Mark überlassen hat, ist die Sektion der hyperreichen Politiker ausgedünnt. Dafür hat der Bereich Manager breiten Zulauf erhalten; neu umfasst die Liste der reichsten Bosse zwölf Namen, gegenüber sieben im Vorjahr.

Doch nun: Bühne frei für die 400 Milliarden Franken, Vorhang auf für die
Parade der 300 Reichsten der Schweiz.

Die Rangliste der Reichsten nach Vermögen

Die 300 Reichsten | Index