Das Muster ist das gleiche: Eine ideologisch geführte Debatte im Parlament, dann eine ideologisch geführte Debatte im Abstimmungskampf. Das Resultat: Nein. Und nochmals Nein. Bei der Unternehmenssteuerreform III genauso wie bei der Reform zur Sanierung der Sozialwerke.
Zweimal ein Scherbenhaufen nach unzähligen Jahren, die es gebraucht hat, um die Reformen zu zimmern. Reformen, die notabene dringend notwendig sind. Einmal siegte die Linke, jetzt jubelt die Rechte – auch wenn diese ohne die Stimmen von links aussen wohl ihr Ziel nicht erreicht hätte.
Viele Neins
Beide Seiten haben damit bewiesen, dass sie fähig sind, eine Mehrheit von Nein-Sagern zu mobilisieren. Und dass Nein-Kampagnen grundsätzlich viel einfacher zu führen sind als Ja-Werbefeldzüge. Der Grund: Wer auch immer einen persönlichen Nachteil für sich selbst zu orten vermag, ist nicht bereit, Ja zu sagen, zu einem Paket, das dem Gesamtsystem dienlich sein kann.
Ein lokaler Politiker stimmt Nein, weil er befürchtet, dass er mit der Steuerreform etwas weniger Geld in seiner Gemeindekasse hat und das Schwimmbad, in das sein Sohn gerne geht, eventuell nicht saniert werden kann.
Eine Frau kurz vor der Rente stimmt Nein, weil sie mit der Reform zur Altersvorsoge nun plötzlich sechs Monate länger arbeiten muss. Dass die Befürworter jeweils behaupten, bei einem Nein gehe die Welt unter, hilft auch nicht. Im Gegenteil: Wer immer nur droht, wird irgendwann nicht mehr gehört.
Am falschen Ort gelöst
Das verheisst nichts Gutes für die Schweiz. Dringende Grossreformen schaffen die Hürde der direkten Demokratie nicht mehr, jedenfalls nicht, wenn die vereinigte Linke oder Rechte dagegen antritt.
Problemlos klappt es nur noch für Vorlagen wie diejenige zur Ernährungssicherheit. Stolze 78,8 Prozent sagten Ja zu diesem diffusen Begehren, in das alle alles hineinlesen können, was ihnen passt. Faktisch ändert sich nichts. Ausser dass die Bundesverfassung um etliche Zeilen verlängert wird. Ernüchterndes Fazit zum letzten Abstimmungssonntag: Ein Nicht-Problem wurde deutlich gelöst. Und ein deutliches Problem bleibt weiterhin ungelöst.
Dieser Artikel erschien in der Oktober-Ausgabe 10/2017 der «Bilanz».