Nie im Leben wäre ich hier eingetreten. An der garstigen Hausfassade findet sich nichts, das einem Lust macht hineinzugehen. Beigefarbene, gehäkelte Vorhänge an goldenen Stangen versperren den Blick nach innen, der Namenszug ausgebleicht und eine Karte, die schief im Menukasten hängt. Umso grösser ist die Überraschung drinnen. Der Raum ist klein und mit Bildern, Plakaten und Plaketten aus der ganzen Welt tapeziert. Sie erzählen von René Frachebouds Liebe zu den grafischen Künsten, während bei der Bar über 100 Flaschen Single Malt Whisky von seiner Sammlerleidenschaft zeugen.

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Dass er sich aber auch von dem, was ihm ans Herz gewachsen ist, trennen kann, bewies er vor sieben Jahren, als er sein Gourmetrestaurant verkaufte, um sich fortan ganz dem kleinen Bistro zu widmen. Hier steht Fracheboud nun unter der Woche täglich am Herd und kocht solide französische Bistro-Gerichte, die Stammgäste und Dix-Vins-Anfängerinnen begeistern.

Kraftvoll und zart. Zum Auftakt serviert Fracheboud eine kleine Hasenterrine mit einem süsssauren Chutney aus Zwetschgen, Zwiebeln und Aceto balsamico und eine der besten Hummersuppen, die ich je gegessen habe. Kraftvoll und zugleich zart. Perfekt.

Himmlisch. Nach einer angenehmen Pause, in der die grosse Weinkarte eingehend studiert werden kann, wird der Hauptgang aufgetragen. Auf der einen Tischseite sind die Jakobsmuscheln auf einem aromatischen Tomatencoulis mit wildem Reis und einem wunderbaren kleinen Gemüsebouquet, bei dem uns vor allem der Kohlrabi mit leichtem Currygeschmack zum Schwärmen bringt. Auf der anderen Seite des Tisches geht es schwerer weiter: gebratene Foie gras auf Linsen mit Salzkartoffeln. Ein tolles Gericht, und wenn es noch so gekonnt zubereitet ist wie hier, kann man fast schon von «himmlisch» sprechen.

Zum Schluss ein Rat zum Thema Dessert: In Genf spürt man die Nähe zu Frankreich stark. Auch auf dem Teller. Drum ist es jammerschade, sich die Nachspeise entgehen zu lassen. Etwa den kleinen Topf mit den Apfelstücken, die im Calvados schmorten und nun mit einer Kugel Vanilleglace serviert werden. Oder die Ode an die Orange mit ihrer Mousse, die als Terrine mit einer Kruste aus kandierten Orangen aufgetragen wird. Und wer jetzt ein bisschen Verdauungshilfe braucht, dem sei die erwähnte Whisky-Sammlung des Patrons ans Herz gelegt.

  • Was man gegessen haben sollte: Das Millefeuille mit Foie gras und die sensationelle Hummersuppe.
  • Wartezeit bis zum ersten Bissen: Knapp zehn Minuten.

 

Restaurant Le Dix Vins
29bis rue Jacques-Dalphin
1227 Carouge GE
Telefon 022 342 40 10

Öffnungszeiten: Montag bis Freitag 12 bis 13.30 und 10 bis 21.30 Uhr